Stell dir vor, es ist Stau, und niemand bildet eine Rettungsgasse
Boris Pistorius: Höhere Bußgelder kein Patentrezept, aber notwendige abschreckende Wirkung
So unangemessen flapsig die Überschrift formuliert zu sein scheint, so traurig ist der Hintergrund. Der schwere Bus- Unfall auf der A9 in Oberfranken in der vergangenen Woche hat viele Todesopfer gefordert. Noch ist nicht geklärt wie es zu dem Unglück gekommen ist. Laut Augenzeugenberichten sind die Feuerwehr- und Einsatzkräfte aber nicht direkt zur Unfallstelle durchgekommen, weil einige Autofahrer eben keine bzw. keine ausreichend breite Rettungsgasse gebildet haben. Möglicherweise sind dabei wertvolle Sekunden und Minuten verstrichen, in denen es um Leben und Tod der Opfer ging.
Fehlverhalten verhindern
Wieder einmal erschwerten also Autofahrer den Rettungskräften die Arbeit und verzögerten so die Rettung. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius beschäftigt sich schon lange mit der Frage, wie es zu einem solchen Fehlverhalten kommt und hat Initiativen und Vorschläge zur Lösung vorgelegt.
So wird mit Hinweistafeln und Präventionsprojekten in Niedersachsen darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, bei Staus Rettungsgassen zu bilden. Es sind aber weitere Maßnahmen notwendig, um für dieses – oftmals lebenswichtige – Thema zu sensibilisieren.
Niedersachsen fordert Erhöhung der Bußgelder
Aktuell wird das Nichtbilden einer Rettungsgasse mit 20 € geahndet. Die von der Bundesregierung kurzfristig vor der Sitzung des Bundesrates am Freitag zurückgezogene Vorlage sah eine Erhöhung auf maximal 115 € vor. Die Vorlage – eine Verordnung – soll vom Bundesverkehrsminister noch einmal überarbeitet werden. Durch den Rückzug konnte der Bundesrat nicht über diese Verordnung abstimmen. Niedersachsen hat sich schon mehrmals zur notwendigen Erhöhung des Regelsatzes im Zusammenhang mit Rettungsgassen geäußert. Damit die Forderungen aus Niedersachsen bei der Überarbeitung der Verordnung berücksichtigt werden, hat Niedersachsen daher dennoch einen Entschließungsantrag zu diesem Thema in den Bundesrat am letzten Freitag eingebracht, dem sich letztlich alle Länder als Mitantragsteller anschlossen.
Nach Ansicht der Bundesländer liegt ein angemessener Strafrahmen bei einem Mindestmaß von 200 €, wenn Rettungsgassen nicht eingehalten werden. Bei gravierenden Verstößen, bei einer Gefährdung oder Sachbeschädigung, sollte zusätzlich ein Fahrverbot verhängt werden. Diese Erhöhung sei auch verglichen mit anderen Delikten im Straßenverkehr absolut sachgerecht. In Österreich sind die Strafen für das Nichteinhalten der Rettungsgasse mit mehr als 2.000 € Bußgeld bereits deutlich höher. Und dort gibt es so gut wie keine Probleme bei der Bildung der Gassen für Einsatzfahrzeuge. Minister Pistorius betonte bei seiner Rede im Bundesrat, dass er sogar ein Bußgeld von 1000€ in bestimmten Fällen für angemessen halte.
Bundeseinheitliche Verkehrsschilder
„Höhere Bußgelder sind nicht grundsätzlich das Patentrezept. Doch ich bin überzeugt, dass auch die abschreckende Wirkung dazu beitragen wird, dass die Menschen sich viel bewusster machen, welch gravierende Auswirkungen das Nichtbilden einer Rettungsgasse haben kann; dass dadurch Menschen, die ärztlich versorgt oder aus Fahrzeugen befreit werden müssen, zu spät Hilfe bekommen – und zwar nur weil einzelne Verkehrsteilnehmer den Weg nicht frei machen, sei es aus purer Ignoranz oder weil sie die Regeln für das Bilden der Rettungsgasse schlichtweg nicht kennen,“ so Minister Pistorius in seiner Rede im Bundesrat.
Auch im Bereich der Prävention bedarf es weiterer Maßnahmen. Daher fordert der Entschließungsantrag aller Länder auch, dass bundeseinheitliche Verkehrsschilder und Infotafeln zur Bildung von Rettungsgassen eingeführt werden.
So bildet man Rettungsgassen
Bei einem Stau auf mehrspurigen Straßen sind alle Autofahrer verpflichtet, die Rettungsgasse freizumachen. Dabei ist die Rettungsgasse immer zwischen dem linken und den übrigen Fahrstreifen zu bilden. Fahren Sie also auf dem linken Fahrstreifen, so weichen Sie nach links aus. Sind Sie auf einem der übrigen Fahrstreifen unterwegs, so fahren Sie nach rechts.
Weitere Initiativen Niedersachsens für mehr Sicherheit im Straßenverkehr:
Bekämpfung von Gaffern
Reformierung des Bußgeldsystems