Sozialministerin Cornelia Rundt: Die staatliche Diskriminierung wird damit endlich beendet
Nach dem Beschluss des Bundestages vom 30. Juni 2017 hat nun auch der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause das Gesetz verabschiedet. Das Gesetz beruht auf einer Bundesratsinitiative aus dem Jahr 2015, bei der Niedersachsen Mitantragsteller war.
Bereits im Jahr 2013 hatte der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts beschlossen und beim Bundestag eingebracht. Auch damals schon war Niedersachsen Mitantragsteller. Der Gesetzentwurf war jedoch wegen des Ablaufs der Legislaturperiode der Diskontinuität anheimgefallen. Das Gesetz ist gelichlautend von mehreren Ländern im September 2015 erneut beschlossen worden und lag seitdem zur Beschlussfassung im Bundestag vor.
In ihrer Rede vor dem Plenum des Bundesrates betonte Sozialministerin Cornelia Rundt, dass die Gesetzesänderung ein wichtiges Signal sei, um die Diskussion über rückwärtsgewandte und überkommene Rollen- und Familienbilder der Vergangenheit zuzuführen. Deutschland befände sich mit der Öffnung der Ehe in guter europäischer Nachbarschaft.
Das Gesetz sieht eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches vor. Die Neueintragung einer Lebenspartnerschaft ist danach nicht mehr möglich. Bereits eingetragene Lebenspartnerschaften sollen hingegen bestehen bleiben, können aber in eine Ehe umgewandelt werden. Durch die Gesetzesänderung erhalten gleichgeschlechtliche Paare auch die Möglichkeit zur Adoption von Kindern und profitieren in steuerlicher Hinsicht vom Ehegattensplitting.
Der Bundespräsident muss das Gesetz jetzt noch unterzeichnen. Drei Monate nach Verkündung tritt es in Kraft.
Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses und Entschließung finden keine Mehrheit
Der Bundesrat hat am 7. Juli 2017 umfangreiche Änderungen im Straf- und Strafprozessrecht gebilligt und damit den Weg für weitreichende Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden freigemacht. Der Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses und eine kritische Entschließungsempfehlung des Verbraucherausschusses, was von Niedersachsen unterstützt wurde, fanden im Plenum keine Mehrheit.
Der ursprüngliche Gesetzesentwurf, welcher bereits am 10. Februar 2017 im Bundesrat auf der Tagesordnung stand, ist im Bundestag kurzfristig durch einen Änderungsantrag am 20. Juni 2017 im Rechtsausschuss des Bundestages um die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und die Online-Durchsuchung ergänzt worden.
Ebenso wie der Verbraucherausschuss des Bundesrates kritisierte Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz dieses Verfahren in ihrer Rede vor dem Bundesratsplenum. „Ein solches Vorgehen wird der erheblichen Bedeutung der neuen Überwachungsmöglichkeiten nicht gerecht! Das Fehlen einer vorherigen Beteiligung der Länder, der Verbände und sogar der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist nicht hinnehmbar“, so Niewisch-Lennartz. Vielmehr bedürfe es einer gewissenhaften Beteiligung gerade der Praxis, um eine angemessene Regelung für die Online-Durchsuchung zu finden.
Durch Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung können Strafermittler künftig verschlüsselte Kommunikation von Verdächtigen abfangen und die Speicher ihrer Rechner unbemerkt durchsuchen. Sie dürfen dafür eine Spionagesoftware verwenden. Die Online-Durchsuchung erlaubt es, unbemerkt aus der Ferne den Computer eines Verdächtigen nach Hinweisen auf Straftaten zu untersuchen. Auch über einen längeren Zeitraum. Damit kann nicht nur die Kommunikation des Betroffenen über sein Smartphone überwacht, sondern auf all seine gespeicherten Daten zugegriffen werden.
Niewisch-Lennartz verwies auch auf verfassungsrechtliche Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits 2008 entschieden, dass der weitreichende Eingriff in das sog. Computer-Grundrecht, das Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen, nur zum Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter in Betracht käme. Dazu zählten Leib, Leben und Freiheit der Person. Darüber hinaus auch solche Rechtsgüter, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates berühren oder die Grundlage der Existenz der Menschen. „Davon kann“, so Niewisch-Lennartz, „etwa bei der im Straftatenkatalog des § 100c Abs. 2 StPO enthaltenen gewerbsmäßigen Hehlerei oder der Geld- und Wertzeichenfälschung keineswegs die Rede sein“. Eine praxistaugliche technische Umsetzung, die den Verfassungsvorgaben entspricht, bedürfe eines längeren Vorlaufs. „Bei dem so wichtigen Thema der Online-Durchsuchung dürfen nicht aus grundloser Eile elementare Grundrechtspositionen gefährdet werden“, so Niewisch-Lennartz.
Das Gesetz enthält darüber hinaus eine Erweiterung des Fahrverbots als Nebenstrafe auch für Taten, die keinen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr haben. Zudem schränkt das Gesetz den Richtervorbehalt für die Entnahme von Blutproben ein. Künftig können auch Staatsanwaltschaft oder Polizei beim Verdacht bestimmter Verkehrsdelikte eine Blutprobe zur Beweissicherung anordnen.
Zahlreiche weitere Änderungen sollen Gerichte und Staatsanwaltschaften entlasten, um eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten. Unter anderem sollen Vernehmungen zur besseren Dokumentation vermehrt als Video aufgezeichnet werden.
Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Niewisch-Lennartz: Verurteilungen haben unermessliches Leid ausgelöst
Das Gesetz zur Rehabilitierung verurteilter homosexueller Personen hat am 7. Juli 2017 im Bundesrat seine letzte Hürde genommen. Die Länderkammer stimmte dem Gesetz zu.
Bereits im Jahr 2015 hatte der Niedersächsische Landtag die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine vollständige Rehabilitierung und Entschädigung der gemäß § 175 StGB verurteilten Männer einzusetzen. Dem kam die Landesregierung nach. Die in der Folgezeit ergangene Aufforderung des Bundesrates an die Bundesregierung wurde aufgegriffen und das Gesetz zur Rehabilitierung und finanziellen Entschädigung Homosexueller Personen im Bundestag am 22. Juni 2017 einstimmig beschlossen.
Das Gesetz sieht vor, Strafurteile wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen nach dem alten Strafrechtsparagrafen 175, die nach 1945 in beiden deutschen Staaten ergingen, pauschal aufzuheben. Davon ausgenommen sind Verurteilungen wegen sexueller Handlungen, die auch unter Heterosexuellen strafbar sind oder waren. Dies sind insbesondere Handlungen mit Kindern und unter Missbrauch von Abhängigkeiten. Die Verurteilten erhalten wegen des durch die Verurteilung oder die strafgerichtliche Unterbringungsanordnung erlittenen Strafmakels eine Entschädigung.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz erinnerte bereits in ihrer Rede am 12. Mai 2017 an das Leid der Betroffenen: „Diese strafrechtlichen Verurteilungen haben bei den Betroffenen unermessliches Leid ausgelöst. Sie haben die Intimsphäre verletzt und Details aus dem Sexualleben in die Öffentlichkeit getragen. Die Verurteilten waren infolge dessen Repressalien etwa am Arbeitsplatz und einer breiten gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt.“ Die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller entsprach damals dem geltenden Recht. „Dieses Recht war aber – wie wir alle heute klar erkennen – seinerseits Unrecht.“, so die niedersächsische Justizministerin.
Das Gesetz wird nun an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet und kann dann verkündet werden. Es soll einen Tag später in Kraft treten.
Facebook und andere soziale Netzwerke müssen Hasskommentare löschen
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz NetzDG, hat den Bundesrat jetzt in seiner letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause passiert. Nachdem der Bundesrat am 02. Juni 2017 Nachbesserungen am NetzDG gefordert hatte, änderte der Bundestag den Gesetzesentwurf in einigen wichtigen Punkten. Niedersachsen hatte sich dafür zuvor im Bundesrat eingesetzt. Die Justizminister der Länder, darunter auch Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, hatten den Bundesjustizminister bereits 2016 aufgefordert, ein Gesetz zur Bekämpfung von Hasskommentaren in Sozialen Medien vorzulegen.
Das Gesetz sieht nun vor, dass rechtswidrige Inhalte „in der Regel“ innerhalb von sieben Tagen gelöscht werden sollen. Die Entschärfung der ursprünglich vorgesehenen starren Frist von sieben Tagen soll den sozialen Netzwerken die Möglichkeit eröffnen, in schwierigen Einzelfällen die Rechtslage eingehender zu prüfen. Eine vorschnelle Löschung ggf. rechtmäßiger Inhalte, wie von einigen Kritikern befürchtet, soll damit vermieden werden.
Auch sieht das Gesetz vor, dass soziale Netzwerke für diese Aufgabe ein System der „Regulierten Selbstregulierung“ einführen und sich dafür externer Dienstleister bedienen können. Solche Einrichtungen sind gesetzlich zur Einhaltung einer Reihe von Qualitätsstandards verpflichtet. Der Forderung des Bundesrates zur Einrichtung sogenannter „Clearing-Stellen“, bei der sich wiederum von der Löschung betroffene Personen beschweren können, wurde nur teilweise aufgegriffen. In der Begründung zum Gesetzentwurf werden solche Beschwerdestellen angeregt, die Betreiber werden jedoch nicht dazu verpflichtet.
Um Strafbehörden und den Opfern von sog. Hasskriminalität die effektive Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen, sind soziale Netzwerke nunmehr verpflichtet, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Dieser muss auf der Webseite leicht auffindbar und erreichbar sein. Der Vorschlag des Bundesrates, die sozialen Netzwerke zu kurzen Reaktionszeiten gegenüber Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden zu verpflichten, wurde ebenfalls aufgegriffen. So unterliegen die Netzwerke nun einer bußgeldbewährten Verpflichtung zur Beantwortung von Auskunftsersuchen innerhalb von 48 Stunden.
Das Gesetz enthält auch einen Auskunftsanspruch, der es Opfern ermöglicht, die Identität des Täters zu enttarnen und den entstandenen Schaden bei ihm geltend zu machen. Auf Betreiben Niedersachsens hatte der Bundesrat bereits im Jahre 2015 die Schaffung einer solchen Ermächtigungsgrundlage gefordert.
Das Gesetz wird nun an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet und soll am 1. Oktober 2017 in Kraft treten.
Gesetz zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten
Der Bundesrat hat am 7. Juli 2017 die Abschaffung der sog. Majestätsbeleidigung zum Januar 2018 bestätigt.
Zwar wird die ersatzlose Streichung vom Bundesrat begrüßt, dieser hatte jedoch im Dezember 2016 eine sofortige Streichung gefordert. Dem damaligen Beschluss lag ein Mehrländerantrag der Länder Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen zugrunde.
Der Straftatbestand, der nun zu Beginn des nächsten Jahres gestrichen wird, stellt die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter besondere Strafe. Er stammt bereits aus dem Jahr 1871, also noch aus dem Kaiserreich, und schützte damals das Recht monarchischer Oberhäupter.
Das Gesetz wird nun an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet und soll am 1. Januar 2018 in Kraft treten.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 02. Juni 2017 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Strafgesetzbuches (Wohnungseinbruchdiebstahl) beraten und eine Stellungnahme beschlossen.
Der Gesetzesentwurf sieht zunächst vor, dass der Strafrahmen verschärft wird. Dieser liegt derzeit bei einem Wohnungseinbruchsdiebstahl bei 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Die Mindestfreiheitsstrafe soll nun auf ein Jahr angehoben werden. Der Straftatbestand wird damit von einem Vergehen zu einem Verbrechen qualifiziert. Folge hiervon ist, dass ein Aussetzen der Strafe zur Bewährung ausgeschlossen ist, die Haft muss in jedem Fall angetreten werden. Der minder schwere Fall, also eine Möglichkeit der Strafmilderung, beim Einbruch in Privatwohnungen soll gestrichen werden.
Weiterhin sieht der Gesetzentwurf bei der strafrechtlichen Ermittlung gegen Wohnungseinbruchsdiebstähle die Nutzung der so genannten Vorratsdatenspeicherung vor. Dadurch können Daten herangezogen werden, die die Telekommunikationsanbieter speichern müssen. Bislang ist das nur bei Straftaten wie der Bildung einer terroristischen Vereinigung oder Mord möglich.
In seiner kurzen, von Niedersachsen unterstützten, Stellungnahme möchte der Bundesrat eine Klarstellung erreichen. Wolle man nicht die strafprozessualen Eingriffsmaßnahmen der Telekommunikationsüberwachung und der akustischen Wohnraumüberwachung in jedem Fall eines Einbruchs in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung gestatten, sondern diese auf die bisherigen Fallgestaltungen einer bandenmäßigen Begehungsweise beschränken, sei dies systemgerecht nur mit der vorgeschlagenen Änderung des Bundesrates möglich.
Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben einen gleichlautenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der dort am 19. Mai 2017 erstmals beraten wurde. Die Stellungnahme des Bundesrates wird der Bundesregierung zur Gegenäußerung zugeleitet.
Länder beschließen eine umfangreiche Stellungnahme
In seiner Sitzung am 02. Juni 2017 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken beraten und eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen. Die Bundesregierung möchte durch das Gesetz härter gegen Hass, Hetze und gezielte Falschdarstellungen im Internet vorgehen. Sie folgt damit einer Aufforderung der Länderjustizminister, darunter Niedersachsens, in den Justizministerkonferenzen 2016.
Der Gesetzesentwurf sieht zunächst vor, dass soziale Netzwerke mit einer Mindestgröße von zwei Millionen Nutzern verpflichtet werden, ein Beschwerdemanagement einzurichten, welches sicherstellt, dass rechtswidrige Inhalte binnen kurzer Fristen (24 Stunden bei offensichtlich rechtswidrigen Inhalten und 7 Tage bei rechtswidrigen Inhalten) gelöscht werden.
Darüber hinaus sind die Betreiber sozialer Netzwerke dazu verpflichtet einen vierteljährlichen Bericht über den Umgang mit den rechtswidrigen Inhalten zu veröffentlichen und einen inländischen Zustellungsberechtigten zu benennen, der als verantwortlicher Ansprechpartner für Justiz, den Bußgeldbehörden und den Betroffenen zur Verfügung steht.
Sofern die Betreiber von sozialen Netzwerken diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, drohen Bußgelder von bis zu 50 Mio. Euro.
Die niedersächsische Landesregierung begrüßt die Zielrichtung des Gesetzentwurfs und setzt sich auch für eine baldige Umsetzung ein, fordert jedoch gleichzeitig Nachbesserungen. Entsprechend hat Niedersachsen zahlreiche Anträge unterstützt, etwa den Antrag zur Einrichtung einer sog. „Clearing-Stelle“, eine unabhängige und von den Betreibern finanzierte Einrichtung, die sich mit Beschwerden über gelöschte Inhalte befassen soll. So haben die betroffenen Nutzer die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit ihrer veröffentlichten Inhalte nachzuweisen. Auch die Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaften soll verstärkt werden.
Der Bundestag hat seine Beratungen zum Gesetzentwurf bereits am 19. Mai aufgenommen.
Die Stellungnahme des Bundesrates wird der Bundesregierung zur Gegenäußerung zugeleitet.
Forum tagt erneut in der niedersächsischen Landesvertretung
Die Teilnehmer des Forums treffen ein
Die Kaffeepause wird zum Gedankenaustausch genutzt
Begleitendes Informationsmaterial
Jörg Eickelpasch, Bundesinnenministerium, bei seinem Impulsreferat
Folgen der Datenschutz-Grundverordnung sind Thema des Forums
Das Forum Recht kommt einmal jährlich zusammen
Einen ganzen Tag diskutierten Mitglieder des Forums Recht der bitkom jüngst die Auswirkungen der neuen DS-GVO in der Landesvertretung Niedersachsen.
Das Forum verfolgte den Ansatz, die Vielfalt der Neuerungen zu erfassen und dabei auch neue Fragen zu klären. Eine Einführung in das Thema erfolgte durch Jörg Eickelpasch vom Bundesministerium des Inneren. Dieser arbeitete die Änderungen durch die DS-GVO heraus und erörterte mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, welche Öffnungsklauseln die Verordnung für Deutschland offen lässt.
Anschließend wurden einzelne Folgen der Verordnung näher diskutiert, darunter Themen wie die Auftragsverarbeitung, der Begriff der Datenportabilität, Dokumentationspflichten, Verträge über digitale Inhalte sowie Haftungsfragen. Hochkarätige Teilnehmer aus Praxis und Wissenschaft sorgten für einen spannenden und für alle ertragreichen Austausch.
Das Forum Recht ist eine eineinhalbtägige Konferenz mit etwa 180 Juristen aus den bitkom-Mitgliedsunternehmen, das einmal pro Jahr in Berlin stattfindet. Es dient dazu, aktuelle rechtliche Entwicklungen sowie die Arbeit der juristischen bitkom-Gremien einem breiten Kreis von Interessenten zu präsentieren und anschaulich zu machen.
Es soll eine Plattform für die Gewinnung aktueller, für die ITK-Branche besonders relevanter juristischer Informationen, für anregenden juristischen Gedankenaustausch, für einen Einblick in die Arbeit der verschiedenen juristischen Gremien des bitkom und für Networking bieten.
Boris Pistorius: Menschenverachtendes Verhalten wird nicht hingenommen
In seiner Sitzung am 12. Mai 2017 billigte der Bundesrat das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften. Neben härteren Strafen bei tätlichen Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte, stellt das Gesetz nun auch das Gaffen an Unfallstellen oder Blockieren einer Rettungsgasse unter Strafe. Hierfür sorgt eine neue Strafvorschrift „Behinderung von hilfeleistenden Personen“. Der Bundestag hat während seiner Beratungen das Gesetz um diese Vorschrift ergänzt und dabei auf eine Bundesratsinitiative aus Niedersachsen zurückgegriffen. Der Bundesrat hatte sich bereits im Mai vergangenen Jahres damit befasst und für die Strafbarkeit von Gaffen ausgesprochen (BR-Drs. 226/16 (B)).
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius erklärte in seiner Rede: „Wir haben damit das Thema in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt und unmissverständlich gezeigt: Wir werden es nicht akzeptieren, wenn Menschen nur aufgrund ihrer Sensationsgier die Rettungskräfte dabei behindern, Opfern zur Hilfe zu eilen, um ihnen das Leben zu retten.“
In einer von Niedersachsen initiierten Protokollerklärung, der Nordrhein-Westfalen und Berlin beitraten, wird die Schaffung des „Gaffer-Paragrafen“ ausdrücklich begrüßt, jedoch bedauert, dass nicht auch der in der niedersächsischen Initiative enthaltene Vorschlag zum Schutz des Persönlichkeitsrecht Verstorbener übernommen wurde. Damit werde dem Problem, dass immer häufiger Schaulustige bei Unfällen oder Unglücksfällen Bildaufnahmen oder Videoaufnahmen fertigen und diese über soziale Netzwerke verbreiten nicht Einhalt geboten. Insoweit werde diesbezüglich weiterhin Handlungsbedarf gesehen.
Pistorius: „Der Umstand, dass wir mit der Initiative bundesweit deutlich machen konnten, dass wir das menschenverachtende Verhalten vieler Gaffer nicht hinnehmen werden, hat bereits und wird hoffentlich noch mehr für einen Sinneswandel bei vielen Menschen sorgen. Damit können wir alle dazu beitragen, dass es zu solch schrecklichen Fällen wie in Bremervörde möglichst nie wieder kommt.“
Das Gesetz wird nun an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet und kann dann verkündet werden. Es soll einen Tag später in Kraft treten.
Antje Niewisch-Lennartz: Die Betroffenen haben lange genug darauf warten müssen
In seiner Sitzung am 12. Mai 2017 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Rehabilitierung von Männern, die nach dem früheren Paragrafen 175 des Strafgesetzbuchs wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter Erwachsenen verurteilt worden waren, unterstützt.
Der Regierungsentwurf sieht die Aufhebung der früheren Urteile sowie finanzielle Entschädigungen vor. Neben einem Pauschalbetrag von 3000 Euro und weiteren 1500 Euro für jedes angefangene Jahr erlittener Freiheitsentziehung soll es auch eine Kollektiventschädigung geben: die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erhält eine jährliche Förderung in Höhe von 500.000 Euro.
Die Bundesregierung greift damit ein Anliegen des Bundesrates auf, der die Bundesregierung zuletzt im Jahr 2015 (BR-Drs. 189/15(B)) zum Handeln aufgefordert hatte. Der niedersächsische Landtag hatte zuvor in seiner Sitzung am 12.05.2015 die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine vollständige Rehabilitierung und Entschädigung der gemäß § 175 StGB verurteilten Männer einzusetzen.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz erinnerte in ihrer Rede an das Leid der Betroffenen: „Diese strafrechtlichen Verurteilungen haben bei den Betroffenen unermessliches Leid ausgelöst. Sie haben die Intimsphäre verletzt und Details aus dem Sexualleben in die Öffentlichkeit getragen. Die Verurteilten waren infolge dessen Repressalien etwa am Arbeitsplatz und einer breiten gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt.“ Die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller entsprach damals dem geltenden Recht. „Dieses Recht war aber – wie wir alle heute klar erkennen – seinerseits Unrecht.“, so die niedersächsische Justizministerin.
In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf begrüßt der Bundesrat ausdrücklich den Vorschlag und bittet um Prüfung, ob die Entschädigungsregeln auf Personen erweitert werden können, die seinerzeit Opfer von staatlichen Ermittlungen oder Disziplinarmaßnahmen waren. Außerdem befürwortet er eine Zuständigkeitskonzentration beim Bundesamt für Justiz.
Auf Vorschlag Niedersachsens empfiehlt der Bundesrat ebenfalls Änderungen bei den Tilgungsvorschriften. Eine Löschung der Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister soll nach dem Gesetzentwurf nur dann erfolgen, wenn ein Urteil vollständig aufgehoben wird. Wird ein Urteil hingegen nur teilweise aufgehoben, weil die Verurteilung auch wegen weiterer Strafvorschriften, die nicht Gegenstand dieses Gesetzes sind, erfolgte, soll dies im Bundeszentralregister nicht kenntlich gemacht werden.“ Niewisch-Lennartz erklärte dazu: „Das ist für die Betroffenen schwer zu akzeptieren, weil der Strafmakel insofern weiter bestehen bleibt.“
Der Bundestag hat bereits am 28. April 2017 in erster Lesung über den Regierungsentwurf beraten. Die Stellungnahme des Bundesrates wird in den nächsten Wochen zusammen mit der Gegenäußerung der Bundesregierung in das laufende Verfahren eingebracht.
Spätestens drei Wochen, nachdem der Bundestag das Gesetz verabschiedet hat, befasst sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit.
Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und Ramona Pisal, Präsidentin des djb, freuen sich über eine gelungene Veranstaltung
Differenzierte Betrachtung anstatt schablonenhafter populistischer Forderungen, gerade im Familienrecht – hier waren sich die Referentinnen und Diskussionsteilnehmer einig. Rund 130 Teilnehmer erschienen zur Veranstaltung, die dieser Tage in Kooperation mit dem Deutschen Juristinnenbund (djb) in der niedersächsischen Landesvertretung durchgeführt wurde.
Die Gäste wurden vom Dienststellenleiter Michael Pelke begrüßt, der auf den Wandel des Begriffs Familie im Laufe der Jahrhunderte hinwies. In den darauffolgenden Impulsreferaten gingen die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und die Präsidentin des djb Ramona Pisal auf aktuelle familienrechtliche Fragestellungen ein.
Niewisch-Lennartz machte deutlich, dass dem Kindeswohl nicht nur der Form halber, sondern inhaltlich zum Durchbruch verholfen werden müsse. djb-Präsidentin Ramona Pisal sprach sich für eine grundsätzliche Diskussion reproduktiver Rechte und eine generelle Überprüfung der gesetzlichen Regelungen zur biologischen, rechtlichen und sozialen Elternschaft aus.
Die Themen wurden sodann in der Diskussion im sogenannten Fishbowl aufgegriffen. Als kompetente Mitdiskutanten standen MdB Katja Keul, Fachanwältin für Familienrecht und rechtspolitische Sprecherin Bundestagsfraktion B’90/DIE GRÜNEN, Claudio Nedden-Boeger, Richter am Bundesgerichtshof und Mitglied im Familienrechtsenat sowie Jutta Wagner, Past-Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes und Rechtsanwältin aus Berlin zur Verfügung.
Den größten Reformbedarf im Familienrecht sahen die Teilnehmer beim Abstammungsrecht. Das Abstammungsrecht regelt die rechtliche Zuordnung eines Menschen zu seiner Mutter und seinem Vater. Dabei spielt nicht nur die biologische Abstammung, sondern auch die rechtliche und soziale Elternschaft eine Rolle. Das bisherige Recht berücksichtige die Entwicklung in der Reproduktionsmedizin nicht.
Die Folge seien Widersprüche und Ungerechtigkeiten, die letztendlich die Gerichte lösen müssten. Es wurde daher gefordert das Thema auf die politische Agenda zu setzen und eine breite politische Diskussion in der Öffentlichkeit darüber zu führen.
Fotos: Yorck Maecke, Berlin, für die Landesvertretung Niedersachsen
Eine Veranstaltung des Niedersächsischen Justizministeriums und des Deutschen Juristinnenbundes e.V.
Stillstand bei der Homo-Ehe, zögerliche Reformen bei der Adoption, fachlich umstrittene Vorschläge zur Kinder-Ehe – das ist die aktuelle politische Lage. Themen wie Leihmutterschaft und soziale Elternschaft gelten als zu kontrovers und werden ausgeklammert. Und der aufkommende Populismus verhärtet scheinbar die politischen Fronten.
Der Deutsche Juristentag hat sich mit 32 Beschlussvorschlägen etwa zu Patchwork-Familien, Adoption und Leihmutterschaft befasst. Welche Chancen haben diese Vorschläge auf politische Umsetzung? Was hat Priorität? Übernehmen jetzt die Gerichte die Aufgabe des Fortschritt-Motors, wie einige jüngste Entscheidungen nahelegen? Diese Fragen wollen wir mit Ihnen am Montag, dem 27. März 2017, 18.30 Uhr (Einlass 18.00 Uhr) im Fishbowl diskutieren.
Hinweis: Foto- und Filmaufnahmen von Gästen und Mitwirkenden der Veranstaltung können im Rahmen des Internet-Auftrittes der Landesvertretung, in sozialen Netzwerken oder in eigenen Printdokumentationen veröffentlicht werden. Mit der Teilnahme an der Veranstaltung erklären sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer damit einverstanden.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch- Lennartz begrüßt die Gäste und beschreibt die Situation
Diskussion im Fishbowl- Gabriele Lösekrug-Möller, Parlamentarische Staatssekretärin im BMAS, hat das Wort
Rainer Petzold, Präsident des Landesjustiz- Prüfungsamtes, bei einem Beitrag
Große Resonanz erfuhr der Parlamentarischer Abend „Verständliche Sprache in der Justiz – Widerspruch oder Notwendigkeit?“, der am 16. Januar in der niedersächsischen Landesvertretung stattfand. Rund 150 Gäste diskutierten im sogenannten Fishbowl. Bei diesem Veranstaltungsformat wird von Anfang an ein freier Platz für Gäste vorgehalten. So war es jedem der Zuhörerinnen und Zuhörer möglich an der Runde teilzunehmen, Fragen zu stellen und Meinungen zu äußern. Von dieser Möglichkeit wurde reger Gebrauch gemacht.
In ihrem Impulsvortrag nannte Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, gemeinsam mit Niedersachsens Bevollmächtigtem Michael Rüter Gastgeberin des Abends, Sprache den essenziellen Bestandteil der Rechtsprechung. Die Rechtsprechung heiße nicht umsonst so, da Recht durch Sprache Wirklichkeit werde. Gleichwohl sei das „Juristendeutsch“ eine Fachsprache. Niewisch-Lennartz verwies jedoch darauf, dass diese Fachsprache für Viele eine große Hürde darstelle. Deswegen habe das niedersächsische Justizministerium ein Pilotprojekt „Leichte Sprache in der niedersächsischen Justiz“ gestartet und wolle dieses weiter vorantreiben. Es habe zusammen mit dem Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim und dem Amtsgericht Hildesheim ein Pilotprojekt aufgelegt, bei dem justizbezogene Texte nach wissenschaftlichen Grundsätzen in Leichte Sprache übersetzt würden. Darüber hinaus helfe künftig ein Computerprogramm (TextLab) Richterinnen und Richtern, sich verständlicher auszudrücken.
Als weitere Diskutantinnen und Diskutanten nahmen teil: Gabriele Lösekrug-Möller, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Prof. Christiane Maaß, Medienlinguistin von der Universität Hildesheim. Maaß wirkte auch an der Übersetzung einiger Texte des Amtsgerichtes Hildesheim in Leichte Sprache mit. Des Weiteren: Dr. Anikar Haseloff, Geschäftsführer und Mitbegründer von H&H Communications Lab. Das Unternehmen, entwickelte TextLab, ein Computerprogramm, das Unternehmen, Verwaltung und Justiz dabei helfen soll, sich klarer und verständlicher auszudrücken. Stefan Hesse, der Direktor des Amtsgerichtes Hildesheim war es, der das Pilotprojekt „Leichte Sprache in der Justiz“ in seinem Haus unterstützte. Sowie Rainer Petzold, der als Präsident des niedersächsischen Landesjustizprüfungsamtes für die Ausbildung junger Juristinnen und Juristen zuständig ist.
In der Diskussion kam es zu einer Betrachtung der schwierigen Abwägung zwischen juristischer Bedeutung und alltäglichem Verständnis. Staatssekretärin Lösekrug-Möller verwies drauf, dass es ca. sechs Millionen funktionale Analphabeten in Deutschland gäbe. Diese von Rechtsfragen auszuschließen, sei keine plausible Option.
Nachdem zuvorderst die weitgehend positiven Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Hildesheim beschrieben wurden, stieg mit Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Steuergewerkschaft, auch schon der erste „Überraschungsgast“ in die Runde ein. Er erinnerte daran, dass nicht nur die Juristen, sondern auch die Finanzverwaltung oft in unnötige Konflikte käme, weil ein Verwaltungsschreiben nicht verständlich genug formuliert ist. Er bedauerte, dass junge Auszubildende oftmals schon nach wenigen Wochen die komplizierte Sprache ihrer Kollegen annähmen. Diese Erfahrungen bestätigte der Präsident des niedersächsischen Landesjustizprüfungsamtes Rainer Petzold und sah die Notwenigkeit, in der juristischen Ausbildung stärker darauf zu achten.
Von einigen Teilnehmern wurden aber auch Bedenken geäußert. Eine Sorge war, dass sich juristische Laien möglicherweise auf die vereinfachten Texte berufen könnten und so Entscheidungen träfen, die sie später bereuen würden. Hiergegen erwiderte Prof. Maaß, dass vereinfachte Texte natürlich ein Kompromiss seien. Im Ergebnis sei es jedoch besser, wenn die Menschen zumindest etwas verstehen, gegenüber dem, dass sie gar nichts verstehen.
Fotos: Yorck Maecke, Berlin, für die Landesvertretung Niederschsen
Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz: Keine Entscheidung zwischen Familie und Berufsausbildung
In seiner Sitzung am 16. Dezember 2016 beschloss der Bundesrat, die Gesetzesinitiative aus Niedersachsen, Brandenburg und Berlin zur Einführung eines Rechtsreferendariats in Teilzeit in den Deutschen Bundestag einzubringen. Ziel sei es, schon bereits im juristischen Vorbereitungsdienst die Vereinbarkeit von Familie und Berufsausbildung zu gewährleisten. Doppelbelastungen, die Referendarinnen und Referendare mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen haben, sollen vermieden werden.
Auch sei es ein wichtiger Baustein, um weiterhin qualifizierten juristischen Nachwuchs für die Justiz, die Verwaltung und die Anwaltschaft zu gewinnen. Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz verwies in ihrer Rede vor dem Bundesrat darauf, dass in beinahe allen Ländern ein kontinuierlicher und signifikanter Rückgang der Zahl an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren festzustellen sei. „Soll die lange Ausbildung zur Volljuristin und zum Volljuristen für die Studienanfängerinnen und Studienanfänger attraktiv bleiben, müssen wir dringend die Rahmenbedingungen dafür möglichst familienfreundlich gestalten“, so Niewisch-Lennartz. Es sei den jungen Leuten schlichtweg nicht vermittelbar, warum eine spätere Tätigkeit als Juristin oder Jurist in Teilzeit möglich ist, nicht aber die Ableistung des juristischen Vorbereitungsdienstes.
„Familie oder Abschluss der Berufsausbildung? Diese Frage sollte sich heutzutage niemand mehr stellen müssen“, so die Justizministerin.
Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sechs Wochen Zeit hat, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Dann muss sie den Entwurf des Bundesrates an den Deutschen Bundestag weiterleiten.
Mehrländerinitiative mit Niedersachsen setzt Bundesregierung unter Druck
Der Mehrländerantrag der Länder Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen zur ersatzlosen Streichung des § 103 Strafgesetzbuch hatte in der Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2016 Erfolg.
Der Straftatbestand des § 103 Strafgesetzbuch stellt die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter besondere Strafe. Er stammt bereits aus dem Jahr 1871, also noch aus dem Kaiserreich, und schützte damals das Recht monarchischer Oberhäupter.
Er ist in diesem Jahr in die Schlagzeilen geraten, nachdem der türkische Präsident Erdoğan ein Strafverfahren gegen Jan Böhmermann forderte. Dieser hatte in seiner Satiresendung ein sogenanntes „Schmähgedicht“ auf den türkischen Präsidenten vorgetragen.
Ein solches „Sonderstrafrecht“ sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es in dem Antrag. Beleidigungen gegen diesen Personenkreis hätten in aller Regel keinen privaten Hintergrund, sondern seien Teil des öffentlichen Diskurses. Problematisch sei auch, dass eine Strafverfolgung in diesen Fällen von einer Entscheidung der Bundesregierung abhänge. Diese sei in der schwierigen Lage, einen Ausgleich zwischen der überragenden Bedeutung der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit sowie auf der anderen Seite den Erwartungen der ausländischen Regierung herbeiführen zu müssen.
Die Bundesregierung hatte im Frühjahr die Abschaffung des „Majestätsbeleidigungs-Paragraphen“ bis 2018 ankündigt. Der Bundesrat fordert nun die sofortige Abschaffung.
Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sechs Wochen Zeit hat, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Dann muss sie den Entwurf des Bundesrates an den Deutschen Bundestag weiterleiten.
Länder nehmen Stellung zur EU-Pauschalreiserichtlinie
In seiner Stellungnahme vom 16. Dezember 2016 fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie nachzubessern. Dies bezieht sich insbesondere auf Erleichterungen beim kostenlosen Rücktritt von Pauschalreisen.
Mit dem Gesetzentwurf soll die EU-Pauschalreiserichtlinie umgesetzt werden. Ziel der Richtlinie ist es, den rechtlichen Rahmen den Entwicklungen des Reisemarktes anzupassen und Regelungslücken zu schließen. Es sollen insbesondere auch Regelungen für die bisher nur teilweise erfasste Buchung von Reisen über das Internet geschaffen werden. Damit sind etwa Fälle gemeint, wenn ein Kunde, der beispielsweise einen Flug gebucht hat, gezielt über einen Internet-Link zu zusätzlichen Reiseleistungen geführt wird.
Für verbesserungsfähig hält der Bundesrat den reiserechtlichen Schutz von Tagesreisen und die Absicherung der Kunden gegen eine Insolvenz der Reiseveranstalter. Er spricht sich auch für mehr Rechtssicherheit bei Vorauszahlungen für Pauschalreisen aus und fordert, dass auch die Werbung eines Reiseveranstalters bindenden Charakter haben muss. Darüber hinaus ist er der Ansicht, dass bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen nachgebessert werden muss. Die Stellungnahme ist von Niedersachsen weitgehend mitgetragen worden.
Die Stellungnahme des Bundesrates geht zunächst an die Bundesregierung, die eine Gegenäußerung dazu verfasst. Anschließend legt sie alle Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor.
So schnell kann nicht einmal Harry Potter zaubern: Am gleichen Tag als die Autorin J.K. Rowling ihren letzten „Harry Potter“-Roman auf den Markt brachte, stand der Text schon im Internet. Ohne die Erlaubnis der Autorin, und ohne dass sie auch nur einen Cent dafür gesehen hätte. Digitale Plattformen, die Texte, Bilder und Filme im Internet anbieten, scheffeln Millionen. Die Autoren dieser Werke aber gehen oft genug leer aus. Die Europäische Kommission hat jetzt ein Paket von Vorschlägen vorgelegt, wie auch in der digitalen Welt Rechte gesichert und ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der Autoren und der Nutzer geschaffen werden kann. Ziel ist, dass Bürgerinnen und Bürger ein möglichst großes Angebot von Inhalten zur Verfügung haben und rechtlich abgesichert mit gutem Gewissen hochladen können. Der Bundesrat hat diese Vorschläge kommentiert.
Der Urheberrechtsschutz ist seit langem EU-weit einheitlich geregelt. Die digitalen Techniken aber haben neue Nutzungsmöglichkeiten, Gewohnheiten und Geschäftsmodelle hervorgebracht, die eine punktuelle Anpassung dieser Regeln erfordern. Diese Aufgabe ist eine Dauerbaustelle. Die jetzt vorgeschlagenen zwei Verordnungen und zwei Richtlinien sind nicht die ersten Legislativvorschläge, die dazu nötig sind, sie werden auch nicht die letzten sein.
Bei den aktuellen Vorschlägen geht es z.B. darum, Ausnahmen vom Urheberrechtsschutz für die Nutzung zum Zwecke der Forschung, der Bildung und des Erhalts des Kulturerbes vorzusehen. Es geht auch um die Rechte und finanziellen Ansprüche der Zeitungs-Redakteure und –Verleger, deren Texte in einem Internet-Dienst hochgeladen werden. Es geht um die Regelung von Lizenzrechten für Rundfunk- und Fernsehprogramme, die zeitgleich oder – on demand – zeitversetzt, vom Sender selber oder einem anderen Dienstleister übers Internet verbreitet werden und damit die Chance haben, auch in einer anderen Ecke Europas abgerufen zu werden. Am sympathischsten ist aber sicherlich, dass erleichtert werden soll, Kopien von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Noten für Menschen mit Seh- und Lesebehinderungen in einem ihnen zugänglichen Format, also z.B. in Großdruck, in Brailleschrift oder als Hörbuch, zu erstellen und grenzüberschreitend zu verbreiten.
Der Bundesrat hat diese Vorschläge der Europäischen Kommission beraten. Aus seiner Sicht hängen sie noch zu sehr an alten Verwertungs- und Wertschöpfungsmodellen und berücksichtigen nur unzulänglich die Realität der Mediennutzung an Hochschulen, Forschungseinrichtungen und den Einrichtungen des Kulturerbes. Der Bundesrat fordert deshalb die Einführung einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke ins Urheberrecht. Er vermisst Ausnahmeregelungen für den Umgang mit Privatkopien. Er fordert, dass der Weiterverkauf legal erworbener digitaler Inhalte erlaubt sein soll. Gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzungen hingegen, wie sie z.B. von manchen Plattformen praktiziert werden, will der Bundesrat wirksam bekämpft sehen.
Gerne hätte Niedersachsen der Kommission für ihren Vorschlag zugunsten der Seh- und Lesebehinderten gedankt. Unser Ausschussvorsitz meinte allerdings, dass ein solcher Dank an die Kommission „nicht üblich“ sei. (Warum eigentlich nicht?!) So haben wir keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern es bei einer Protokollerklärung belassen: Wir begrüßen, dass der Zugang zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte und anderweitig lesebehinderte Verbraucherinnen und Verbraucher erleichtert werden soll.
Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und Staatssekretär Michael Rüter laden ein
Eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben ist eine verständliche Sprache. Insbesondere die Fachsprache der Behörden, das sogenannte „Juristendeutsch“, ist häufig sehr schwierig und lässt manche Menschen hilflos zurück. Das betrifft die in der Justiz eingesetzten Formulare und Informationsbroschüren, Texte im Internetauftritt, Behördenschreiben und Urteile „Im Namen des Volkes“.
Das Niedersächsische Justizministerium hat zusammen mit dem Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim und dem Amtsgericht Hildesheim ein Pilotprojekt aufgelegt, bei dem justizbezogene Texte nach wissenschaftlichen Grundsätzen in Leichte Sprache übersetzt wurden. Darüber hinaus hilft ein Computerprogramm (TextLab), Richterinnen und Richtern sich verständlicher auszudrücken. Über die ersten Praxiserfahrungen möchten wir berichten und mit Ihnen diskutieren.
Diskussionsabend Montag, 16. Januar 2017, 18.30 Uhr
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10, 10117 Berlin
Willkommen.
Staatssekretär Michael Rüter
Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen
Diskussion im Fishbowl
Gabriele Lösekrug-Möller, Parlamentarische Staatssekretärin
im Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Prof. Dr. Christiane Maaß, Universität Hildesheim
Dr. Anikar Haseloff, Geschäftsführer H&H Communication Lab (Ulm)
Stefan Hesse, Direktor des Amtsgerichts Hildesheim
Rainer Petzold, Präsident Nds. Landesjustizprüfungsamt
Hinweis: Foto- und Filmaufnahmen von Gästen und Mitwirkenden der Veranstaltung können im Rahmen des Internet-Auftrittes der Landesvertretung, in sozialen Netzwerken oder in eigenen Printdokumentationen veröffentlicht werden. Mit der Teilnahme an der Veranstaltung erklären sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer damit einverstanden.
Antje Niewisch-Lennartz: kein Wettbewerb um das geringstmögliche Schutzniveau
In seiner Sitzung am 4. November hat der Bundesrat zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asyl-Systems (GEAS) Stellung genommen. Der Bundesrat teilt das Ziel der EU-Kommission, mit der Neufassung der Dublin-Verordnung eine gerechtere Aufteilung der Flüchtlinge und damit der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Den vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission zur sogenannten Dublin-IV-Verordnung sieht der Bundesrat jedoch kritisch. Dies betrifft insbesondere die Rechtsbehelfe gegen die Überstellungsentscheidung und die Regelungen für den Schutz von unbegleiteten Minderjährigen.
Darüber hinaus fordern die Länder, dass bei der Reform der Dublin-III-Verordnung der Vorrang der freiwilligen Ausreise festgeschrieben werden müsse. Sie sei humaner und effektiver als die zwangsweise Überstellung und würde ermöglichen, dass Ausreisen unter Achtung der Menschenwürde und des Wohl des Kindes stattfänden.
Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz erklärte in ihrer Rede die grundsätzliche Unterstützung der Reformvorschläge. Die Unterstützung fände jedoch ihre Grenze, wo rechtsstaatliche Grundsätze und Verfahrensgarantien hinter das Ziel der Beschleunigung von Asylverfahren zurücktreten sollen. Noch dazu ohne wirklich Beschleunigung zu generieren. Dies beträfe die in den Reformvorschlägen enthaltenen starren Handlungs- und Entscheidungsfristen für Verwaltungs- und Familiengerichte. „Derartige Fristen sind mit meinem Verständnis für ein faires gerichtliches Verfahren zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren“, so Niewisch-Lennartz.
Die Ministerin kritisierte auch das Ziel der Europäischen Kommission, die erreichte Angleichung von Flüchtlingsanerkennung und subsidiärem Schutz im Rahmen des Reformprozesses schrittweise wieder aufzugeben. Niewisch-Lennartz: „Es darf keinen Wettbewerb um das geringstmögliche Schutzniveau geben.“
Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Europäischen Kommission direkt zugeleitet, damit diese die Anliegen der Länder bei den weiteren Beratungen berücksichtigen kann.
Auswirkungen auf die Wirtschaft sollen evaluiert werden
Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am 4. November 2016 eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der sogenannten CSR-Richtlinie. Diese sieht vor, dass große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten im Rahmen ihrer Berichterstattung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ihrer Konzepte, Ergebnisse und Risiken mit Bezug auf nichtfinanzielle Aspekte vermitteln. Überdies sollen derartige Unternehmen zukünftig im Rahmen der Erklärung zur Unternehmensführung auch über bestehende Diversitätskonzepte bei der Besetzung von Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen (etwa bezüglich der Aspekte Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund) berichten.
Niedersachsen unterstützte zahlreiche Vorschläge der Ausschüsse des Bundesrates, welche eine Ausweitung der Berichtspflichten gefordert haben. Diese fanden im Bundesrat jedoch keine Mehrheit. Allerdings stellte der Bundesrat in seiner Stellungnahme fest, dass Einschränkungen, welche die Bundesregierung gegenüber der EU-Richtlinie vorsieht, ebenfalls abgelehnt werden.
Schließlich bittet der Bundesrat die Bundesregierung, eine Evaluierung der Richtlinie vorzusehen und dabei die Auswirkungen auf die Wirtschaft zu überprüfen.
Die Stellungnahme des Bundesrates geht nun an die Bundesregierung, die sich innerhalb von sechs Wochen dazu äußern kann.
Angeregte Gespräche auch am Rande der Veranstaltung
Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz hat am Montag, den 31. Oktober die 7. Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Präventionsforschung (EUSPR) in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin eröffnet.
Die Gesellschaft tagt zum ersten Mal in Deutschland. In der EUSPR organisieren sich führende Wissenschaftler aus vielen europäischen Ländern. Ziel der Fachleute ist es, die Vorbeugung von gesellschaftlichen Problemen wie Krankheiten, Sucht und Kriminalität mit besseren wissenschaftlichen Erkenntnissen über wirksame Maßnahmen und geeignete Rahmenbedingungen auszustatten. Die Gesellschaft führte die dreitägige Tagung vom 31. Oktober bis 2. November 2016 in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin durch.
Bei der diesjährigen Tagung der EUSPR beschäftigen sich die Wissenschaftler schwerpunktmäßig mit den oftmals traumatischen Erfahrungen von Krieg und Flucht eines wachsenden Teils der Bevölkerung in Europa und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
„Prävention bedeutet zum Beispiel, den existentiellen Problemen wie Krankheiten, Sucht und Kriminalität vorzubeugen. Besonders wichtig für den Erfolg der Prävention ist, dass die Arbeit auf soliden wissenschaftlichen Ergebnissen beruht“, so Niewisch-Lennartz.
Möglichkeit einer freiwilligen Vorsorgevollmacht nicht ausreichend
Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am 14. Oktober 2016 mit der Unterstützung aus Niedersachsen einstimmig eine Gesetzesinitiative zu Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten.
Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können nach geltendem Recht weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen noch diesen im Rechtsverkehr vertreten. Die Länder verweisen auf empirische Untersuchungen, die zeigen, dass die meisten Bürger sich eine Besorgung ihrer Angelegenheiten und Vertretung durch ihren Partner bei eigenem Unvermögen wünschen. Außerdem gingen die meisten Bürger davon aus, dass ihr Partner sie in diesem Fall auch qua Gesetz vertreten darf, was nicht der Fall ist. Zwar könnte ein solcher Fall auch mit einer Vorsorgevollmacht geregelt werden, gleichwohl werde der Gedanke an die Erteilung einer Vorsorgevollmacht gerade in jüngeren Jahren nicht selten verdrängt und auf später verschoben.
Die Gesetzesinitiative möchte daher für den Bereich der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten eine gesetzliche Annahme der Bevollmächtigung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern für den Fall schaffen, dass der vertretene Ehegatte oder Lebenspartner weder im Rahmen einer ausdrücklichen Vorsorgevollmacht etwas anderes bestimmt noch einen entgegenstehenden Willen geäußert hat.
Die vorgeschlagene Regelung soll die Vorsorgevollmacht nicht ersetzen. Stattdessen ergänzt sie das bestehende System privater Vorsorge. Daher greift die automatische Vertretung nur für einen begrenzten Zeitraum. Fehlt eine Vorsorgevollmacht, so sind bei einer längeren Handlungsunfähigkeit gleichwohl ein Betreuungsverfahren und die Bestellung eines Betreuers erforderlich.
Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sechs Wochen Zeit hat, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Dann muss sie den Entwurf des Bundesrates an den Deutschen Bundestag weiterleiten.
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem sich der Bundesrat jetzt zu befassen hatte, sieht vor, das seit 1964 bestehende Verbot von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung moderat zu lockern. Künftig sollen Gerichte die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen Aufzeichnungen bzw. Übertragungen zu gestatten. Zu diesen zählen Entscheidungsverkündungen oberster Gerichtshöfe des Bundes, die Zulassung der Einrichtung von Arbeitsräumen für Medienvertreterinnen und -vertreter mit Tonübertragung für Verfahren, an denen ein erhebliches Medieninteresse besteht und die ausdrückliche Zulassung von audio-visuellen Dokumentationen von Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland.
Der Gesetzesentwurf wurde auf Grund eines Beschlusses der Justizministerkonferenz im Juni 2015 erarbeitet. In dem Beschluss wurde der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, einen Gesetzentwurf zu einer „zeitgemäßen Neufassung des § 169 GVG“ vorzulegen. Niedersachsen stimmte bereits damals jenem Beschluss zu.
In seiner Sitzung am 14. Oktober 2016 fordert der Bundesrat jedoch Nachbesserungsbedarf in Einzelfragen. So sollen Verhandlungen für Medienvertreter nur dann in einen separaten Raum per Ton übertragen werden dürfen, wenn es tatsächlich Kapazitätsengpässe in den Sitzungssälen gebe. Auf keinen Fall sollten gerichtsinterne Übertragungen anlasslos erfolgen können. Zudem fordert der Bundesrat, dass audiovisuelle Dokumentationen historisch bedeutsamer Gerichtsverfahren mit einer Schutzfrist verbunden sein müssten. Nur so seien diese in Archiven ausreichend vor Zugriffen geschützt und damit die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt.
Ob eine Entscheidung übertragen wird, entscheidet das Gericht im Einzelfall. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar. So soll eine Verzögerung des Verfahrens ausgeschlossen sein. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf Erleichterungen für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen vor. So ist der Einsatz von Gebärdendolmetschern im gesamten gerichtlichen Verfahren möglich. Für die betroffenen Personen entstehen dadurch keine Kosten.
Die Stellungnahme des Bundesrates geht nun an die Bundesregierung, die sich innerhalb von sechs Wochen dazu äußern kann. Anschließend befasst sich der Bundestag mit dem Gesetzentwurf.
Antje Niewisch-Lennartz: Straftaten dürfen sich nicht lohnen!
In seiner Sitzung am 23. September 2015 hat der Bundesrat mit der Unterstützung Niedersachsens die Mehrländerinitiative zur Strafbarkeit von illegalen Autorennen beschlossen. Damit soll den zunehmenden Fällen von illegalen Autorennen begegnet werden, bei denen Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt werden. Bisher werden solche Rennen im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Initiative sieht nun die Einführung entsprechender Straftatbestände vor, da sich die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen hätten. Das Veranstalten illegaler Autorennen soll darüber hinaus in den Katalog derjenigen Delikte aufgenommen werden, die in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen.
Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz äußerte sich im Rahmen der Befassung mit dem Gesetzesentwurf zur Reform der Vermögensabschöpfung und hob hier den Aspekt der Möglichkeit der Einziehung hervor. „Es ist für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung unverzichtbar, dass jedem Täter auch stets die Früchte seiner Taten entzogen werden“, so die Ministerin. „Bei Vermögensdelikten ist es der finanzielle Vorteil, bei Gaffern das Handy und bei Teilnehmern von illegalen Rennen das heiß geliebte schnelle Auto!“
Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sechs Wochen Zeit hat, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Dann muss sie den Entwurf des Bundesrates an den Deutschen Bundestag weiterleiten.
Antje Niewisch-Lennartz: Wir treffen die Gaffer dort, wo es ihnen am meisten…
Antje Niewisch-Lennartz: Wir treffen die Gaffer dort, wo es ihnen am meisten weh tut
Der Gesetzentwurf Niedersachsens, dem sich Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen angeschlossen haben, hat im Bundesrat eine breite Mehrheit gefunden. Er sieht eine Erweiterung des § 201a StGB erweitert vor, damit auch die Herstellung bloßstellender Aufnahmen von Verstorbenen unter Strafe gestellt wird. Außerdem soll durch einen neuen § 115 StGB das Behindern von Feuerwehren, Katastrophenschutz oder Rettungsdiensten bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not bestraft werden können.
Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz bekräftigte in ihrer Rede vor dem Bundesrat: „Diesem Voyeurismus – zunächst des Einzelnen, – dann geteilt im Internet, damit Unzähligen – müssen wir entgegentreten. Auch mit den Mitteln des Strafrechts.“. Die aktuelle Gesetzeslage müsse der Realität von Smartphones und Facebook angepasst werden. Eine Behinderung von Rettungsarbeiten ohne weitere Qualifizierung stelle das geltende Recht nicht explizit unter Strafe. Damit sei etwa derjenige nicht strafbar, der seinen Wagen, der den Zugang des Rettungswagens blockiert, nicht wegfährt, weil er erst noch Aufnahmen meint machen zu müssen. – Und das noch mit der festen Überzeugung, ein Recht darauf zu haben.
„Wir können nicht dulden, dass Schaulustige Unfallopfer mit ihren Smartphones fotografieren und filmen und damit zum einen die Rettungsarbeiten behindern und zum anderen die Persönlichkeitsrechts der Opfer mit Füßen treten“, so Niewisch-Lennartz. Dazu sei es erforderlich die bestehenden Gesetze nachzuschärfen. Außerdem bekomme die Polizei damit ein wirksames Mittel an die Hand: Sie kann die Handys der Gaffer beschlagnahmen, die in Begriff sind, Fotos oder Filme von verletzten oder sterbenden Menschen zu machen. Niewisch-Lennartz: „Damit treffen wir die Gaffer dort, wo es ihnen am meisten weh tut. Wir nehmen ihnen ihre Smartphones weg.“
Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sechs Wochen Zeit hat, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Dann muss sie den Entwurf des Bundesrates an den Deutschen Bundestag weiterleiten.
Niedersachsen stellt Bundesratsinitiative vor Immer häufiger ist der Medienberichterstattung zu entnehmen, dass…
Niedersachsen stellt Bundesratsinitiative vor
Immer häufiger ist der Medienberichterstattung zu entnehmen, dass bei schweren Unfällen Schaulustige die verunglückten Personen mit ihren mobilen Telefonen fotografieren, statt ihnen zu helfen. Neben einer Missachtung des Persönlichkeitsrechts der Opfer behindern die Schaulustigen zusätzlich noch die Hilfeleistung und erschweren oder verhindern in Einzelfällen sogar die Rettung der Verunglückten. Daher hat Niedersachsen am vergangenen Freitag eine Initiative im Bundesrat vorgestellt, die hier Abhilfe schaffen will und Änderungen des Strafgesetzbuch (StGB) vorschlägt.
Eine Behinderung von Rettungsarbeiten, bei der keine Gewalt im Sinne des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) angewendet wird und kein tätlicher Angriff vorliegt, ist bisher nicht unter Strafe gestellt. Die Gesetzesinitiative hat daher zum Ziel, diese Regelungslücke durch die Einführung eines neuen § 115 StGB-E zu schließen. Dabei wird das Behindern von Feuerwehren, Katastrophenschutz oder Rettungsdiensten bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not unter Strafe gestellt.
Über die strafrechtliche Sanktionierung der Behinderung von Hilfeleistungen hinaus ist weiteres Ziel des Gesetzesentwurfs, dem Persönlichkeitsrecht der Opfer zu stärkerer Geltung zu verhelfen. Hierzu schlägt der Entwurf eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die Herstellung und Verbreitung bloßstellender Bildaufnahmen von verstorbenen Personen vor. Mit zunehmendem technischem Fortschritt kommt es immer häufiger dazu, dass Schaulustige bei Unfällen bzw. Unglücksfällen Bildaufnahmen oder Videoaufnahmen fertigen und diese über soziale Netzwerke verbreiten. Auch werden Bildaufnahmen an Zeitungen oder Fernsehanstalten weitergegeben. Der strafrechtliche Schutz gegen solche Praktiken ist bisher lückenhaft. Der kürzlich erst neu gefasste § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) schützt lediglich lebende Personen. Der Entwurf sieht daher vor, dass der § 201a StGB erweitert wird und auch die Herstellung bloßstellender Aufnahmen von Verstorbenen unter Strafe gestellt wird.
Boris Pistorius, Innenminister des Landes Niedersachsen führte in seiner Rede zur Einbringung der Initiative im Bundesrat aus, dass Niedersachsen mit der Vorlage im Interesse der Opfer Gaffern das Handwerk legen möchte. „Menschen werden oftmals bei Unfällen schwer verletzt, sie erleiden dabei schreckliche Qualen und kämpfen um ihr Leben, für einige kommt jede Hilfe zu spät. Derartige Ereignisse sind grauenhaft. Geradezu abstoßend ist es aber, wenn Menschen in der Unfallnähe ihre Sensationsgier nicht zügeln können, “ so der Minister.
Die Initiative wurde zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse, federführend dem Rechtsausschuss, überwiesen.
Bundesrat berät Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Sexualstrafrechts Der Bundesrat beschloss…
Bundesrat berät Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Sexualstrafrechts
Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am 13. Mai 2016 zahlreiche Änderungsvorschläge zur geplanten Reform des Sexualstrafrechts. Mit dieser möchte die Bundesregierung Frauen und Männer mit der Einführung eines neuen Straftatbestandes noch besser vor sexueller Gewalt schützen. Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren drohen all denjenigen, die sexuelle Handlungen an einer Person vornehmen, die zum Widerstand körperlich, psychisch oder wegen der überraschenden Begehung der Tat unfähig ist.
Niedersachsen und einer breiten Mehrheit der Bundesländer geht die Reform jedoch nicht weit genug. Bereits am 18. März 2016 hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, eine noch umfassendere Reform des Sexualstrafrechts vorzubereiten. Dabei müsse das fehlende Einverständnis der Betroffenen Anknüpfungspunkt einer Strafbarkeit sein. Es gelte der Grundsatz „Nein-heißt-Nein“, heißt es in der damaligen Entschließung (BR-Drucksache 91/16 (B)).
Vor dem Hintergrund des nun vorliegenden Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist der Bundesrat den Empfehlungen seiner Ausschüsse gefolgt und fordert erneut eine zeitnahe grundsätzliche Neuregelung des Gesetzentwurfs hin zu „Nein-heißt-Nein“. Daneben hat das Land Niedersachsen zusammen mit den weiteren Ländern in dem laufenden Gesetzgebungsverfahren zahlreiche Änderungsanträge zu den beabsichtigten Neufassungen der §§ 177 und 179 Strafbesetzbuch eingebacht.
In ihrer Rede wiederholte die niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz die Auffassung der Landesregierung: „Es kann nicht sein, dass das Menschenrecht der sexuellen Selbstbestimmung aktiv verteidigt werden muss. Was wir brauchen, ist ein Paradigmenwechsel, der ein klares und deutliches Nein des Opfers ausreichen lässt. Es freut mich sehr, dass sich dieser Auffassung parteiübergreifend immer mehr Politikerinnen und Politiker anschließen.“
Niewisch-Lennartz bekräftigte erneut, dass es nicht ausreiche, wie vom Gesetzentwurf beabsichtigt, nur einzelne Strafbarkeitslücken zu schließen, sondern forderte, eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechts in Angriff zu nehmen. „Es ist an der Zeit, neue Wege zu gehen“, so Niewisch-Lennartz abschließend.
Der Gesetzentwurf wird in einem besonderen Eilverfahren behandelt und wurde dem Bundestag bereits durch die Bundesregierung zugeleitet. Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun nachgereicht.
Beratungen der Länder zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen abgeschlossen In seiner…
Beratungen der Länder zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen abgeschlossen
In seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Freitag hat der Bundesrat grünes Licht für das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Mit dem Gesetz sollen bestehende Strafrechtslücken bei der Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen geschlossen werden. Die bisherigen Korruptionstatbestände des Strafgesetzbuches sind für niedergelassene Vertragsärzte grundsätzlich nicht anwendbar. Mit dem Gesetz werden daher die Straftatbestände Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen in den Abschnitt Straftaten gegen den Wettbewerb des Strafgesetzbuches neu eingeführt. Ärzte oder andere Angehörige eines Heilberufs, die sich für die bevorzugte Verordnung bestimmter Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel bestechen lassen, müssen künftig mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. In besonders schweren Fällen ist eine Höchststrafe von fünf Jahren vorgesehen. Gleiche Strafen drohen Pharmavertretern, die Ärzten eine Gegenleistung dafür versprechen, dass sie ihre Arzneimittel bevorzugen.
In einer begleitenden Entschließung, die von Niedersachsen unterstutzt wurde, weist der Bundesrat jedoch darauf hin, dass bereits jetzt Strafbarkeitslücken im Gesetz absehbar seien. Diese könnten insbesondere dort auftreten, wo kein Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern besteht – etwa bei der Verordnung patentgeschützter Arzneimittel. Eine wirksame Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen müsse deswegen nicht nur auf den Wettbewerbsschutz, sondern auch auf den Patientenschutz abstellen. Darüber hinaus ist die Länderkammer der Meinung, durch die enge Formulierung des Gesetzestextes fielen unter anderem Apothekerinnen und Apotheker aus dem tatsächlichen Anwendungsbereich der Regelungen heraus.
Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift und Verkündung vorgelegt. Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet, die sich in den nächsten Wochen mit ihr befassen wird.
Antrag aller Länder zu den Panama Papers Es darf als klare Botschaft…
Antrag aller Länder zu den Panama Papers
Es darf als klare Botschaft verstanden werden, wenn eine Entschließung, die von Niedersachsen in den Bundesrat eingebracht wird, von allen anderen Ländern unterstützt wird. So geschehen am vergangenen Freitag: ein einstimmiger Beschluss fordert die Verbesserung der Transparenz bei Steueroasen und Briefkastenfirmen. Die Bundesregierung soll nun handeln.
Thema, das dem zugrunde liegt, sind die seit knapp drei Wochen in aller Munde geführten Panama Papers. Letztlich sind diese Papiere allerdings nur ein weiterer Anlass, um sich mit der ursächlichen Frage auseinanderzusetzen. Wie gelingt die Bekämpfung der Steuerhinterziehung im globalen Kontext?
Der niedersächsische Finanzminister, Peter-Jürgen Schneider, erläuterte in seiner Rede zur Einbringung der Entschließung, dass die Unterhaltung einer Briefkastenfirma für sich genommen auch nach unserem Recht ein legaler Vorgang ist. Er machte aber auch deutlich, dass die Frage der Legalität erst nach Kenntnis der Sachverhalte möglich ist. Insoweit wiederholte er den bereits von der Finanzministerkonferenz Anfang April geäußerten Appell an die Inhaber der Daten aus den Recherchen des internationalen Journalisten-Verbundes, diese den Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen. Den Journalisten rief er zu: „Es geht um Steuergerechtigkeit auf der Ebene des Vollzugs unserer Steuergesetze, es geht um das Vertrauen in die Wirksamkeit des Rechtsstaats und – letztlich und endlich – um den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und die Stabilität unseres Gemeinwesens.“
Schneider wies wie auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft darauf hin, wie weit der Weg zum Austrocknen der Steueroasen noch ist. Auch wenn „derzeit für zu viele Staaten außerhalb oder am Rande der internationalen Gemeinschaft offenbar die Versuchung allzu groß ist, sich Begüterten aus aller Welt als Steueroase anzudienen, wäre es töricht, den Kampf wegen seiner angeblichen Aussichtslosigkeit nur halbherzig zu führen.“ Der Ankauf von elf Steuer-Daten-CD`s für rd. 18 Millionen Euro habe beispielsweise eine Mehrsteuer von gut 6 Milliarden Euro ermöglicht. Bei dem Kampf gegen das „asoziale“ Verhalten, gelte laut Schneider: „Auch Teil-Erfolge sind Erfolge!“ Als solcher ist auch der internationale Austausch von steuerlich relevanten Daten anzusehen, dessen Ausbau Schneider forderte.
Schneider wie Kraft nahmen auch die CUM-Ex-Geschäfte in den Blick. Es sei doch unglaublich, dass es Menschen gibt, die nicht nur nicht ihre Steuern zahlen, sondern die sich sogar noch Steuern erstatten ließen, die nur von den ehrlichen Anderen einbezahlt wurden.
In diesem Zusammenhang griffen die Redner die Rolle der Banken kritisch auf. Schneider verdeutlichte, „es ist nicht Aufgabe der Banken, für ihre Kunden aggressive Steuervermeidung zu betreiben. Wo sie sich gar für Steuerhinterziehungen zur Verfügung stellen, muss das auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen haben.“ Er verwies auf einen niedersächsischen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Steuerstraftaten im Bankenbereich aus dem Jahre 2013, den der Bundesrat 2014 erneut dem Bundestag vorgelegt wurde. Auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums wurde er dort immer noch nicht aufgegriffen.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Blockadehaltung auf Bundesseite alsbald auflöst. Dafür spricht der 10-Punkte-Plan des Bundesfinanzministers.
Breite Mehrheit für Initiative aus Niedersachsen In seiner Sitzung am 18. März…
Breite Mehrheit für Initiative aus Niedersachsen
In seiner Sitzung am 18. März beschloss der Bundesrat den Mehrländer-Entschließungsantrag aus Niedersachsen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bremen zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung durch eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechts.
Die Länder wollen eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechts erreichen und fordern, dass künftig jede nicht-einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt wird. Die Strafbarkeit dürfe nicht von der Gegenwehr des Opfers oder der angewandten Gewalt abhängig gemacht werden. Vielmehr müsse das fehlende Einverständnis des Betroffenen ausschlaggebend sein – im Sinne eines „Nein-heißt-Nein“. Der Antrag zeigt auf, dass der nunmehr vor wenigen Tagen im Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Sexualstrafrechts noch nicht ausreiche, um die bestehenden Schutzlücken im Sexualstrafrecht im Sinne der Istanbul-Konvention zu schließen.
In Ihrer Rede bezeichnete Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz den mittlerweile von der Bundesregierung zur Reform des Sexualstrafrechts vorgelegten Gesetzentwurf als „Schnellschuss“. Sie forderte eine „grundlegende, wohl bedachte und handwerklich gut gemachte Reform“ der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ein.
Niewisch-Lennartz: „Nach wie vor bleiben inakzeptable Strafbarkeitslücken bestehen. So bleibt zum Beispiel auch in der Neufassung des § 179 Strafgesetzbuch nach wie vor der Täter straflos, der sich über ein klar formuliertes „Nein“ des Opfers hinwegsetzt und ohne Anwendung von Nötigungsmitteln sexuelle Handlungen vornimmt. Das ist im Interesse eines umfänglichen Schutzes des sexuellen Selbstbestimmungsrechts, das als Teil der Menschenwürde Verfassungsrang genießt, nicht länger hinnehmbar!“. Stattdessen forderte die niedersächsische Justizministerin einen Paradigma-Wechsel hin zum „Nein heißt Nein“ und damit eine grundlegende Reform ein: „Definitiver Ansatzpunkt im Sexualstrafrecht muss das fehlende Einverständnis sein.“
In Bezug auf die spätestens seit den Vorkommnissen der Silvesternacht 2015 bekannt gewordenen Fälle des überraschenden „Grabschens“ kritisierte Niewisch-Lennartz, dass nach dem Reformvorschlag der Bundesregierung die Strafbarkeit weiterhin von der „Erheblichkeit“ abhängen soll. Bei der Erheblichkeit ist auf die Art, Intensität, Dauer und sonstige Umstände wie den Handlungsrahmen und die Beziehung zwischen den Beteiligten abzustellen. Niewisch-Lennartz verwies darauf, dass die Rechtsprechung zum Begriff der Erheblichkeit von sexuellen Handlungen uneinheitlich sei: „So wurde zum Beispiel gerade der flüchtige Griff an die Genitalien über der Kleidung nicht als ausreichend erachtet. Der Griff zwischen die Beine war jedoch genügend. Das kurze Anfassen der Brust eines Mädchens über den Kleidern soll nicht genügen, während ein „spürbarer“ Griff mit einem kurzen Betasten ausgereicht hat.“
Zwar sei es auch Ziel der Bundesregierung, die Fälle des überraschenden „Grabschens“ künftig zu bestrafen, vor dem Hintergrund der vorgelegten Ausgestaltung, sei jedoch zu befürchten, dass „die an die Neueinführung dieser Tatalternative geknüpften Erwartungen massiv enttäuscht werden.“ Das Land Niedersachsen schlage daher vor, auf den Begriff „sexuelle Handlung“ zu verzichten, sich damit von der Erheblichkeitsschwelle zu lösen und stattdessen die strafbewehrten Handlungen konkret zu benennen.
Der Entschließungsantrag wird nun der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet.