Mutterschutz umfassend reformiert
Verantwortungsvolle Abwägung zwischen Gesundheit und Teilhabe
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist 1952 in Kraft getreten und bisher nur in wenigen Regelungsbereichen geändert worden. Inzwischen besteht wegen der Veränderung der gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ein Bedarf an einer grundlegenden Reform. Der Bundesrat hat einem entsprechenden Gesetz am vergangenen Freitag zugestimmt.
Die Reform des Mutterschutzes dient dazu, dass eine verantwortungsvolle Interessenabwägung zwischen der Gesundheit der stillenden und schwangeren Frau mit ihrem (ungeborenen) Kind einerseits und ihrer selbstbestimmten Teilhabe in der Arbeitswelt und in der Ausbildung andererseits gewährleistet wird.
Das MuSchG wird durch die Reform zeitgemäß gefasst. Neuere gesundheitswissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftliche Entwicklungen sind eingeflossen. So wird die Schutzfrist nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung von acht auf zwölf Wochen verlängert werden können, weil die Geburt in vielen dieser Fälle für die Mutter mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist.
Zudem soll Diskriminierungen von schwangeren und stillenden Frauen entgegengewirkt werden.
Mit der Neuregelung des Anwendungsbereichs wird der gesundheitliche Mutterschutz alle in der Privatwirtschaft und in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen beschäftigten schwangeren und stillenden Frauen umfassen und auch nach geltendem EU-Recht arbeitnehmerähnlichen Personen einbeziehen. Auch Frauen in Studium und Schule werden einbezogen. Für die Bundesbeamtinnen, Bundesrichterinnen und Soldatinnen werden die Neuregelungen zum Mutterschutz durch entsprechende Verordnungen zur Anwendung kommen. Für die Landesbeamtinnen setzen die Länder die unionsrechtlichen Vorgaben in eigener Zuständigkeit um.
Auch der Kündigungsschutz nach einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgten Fehlgeburt wird neu eingeführt. Die bestehenden Regelungen zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft finden weiterhin wie bisher Anwendung, werden allerdings neu strukturiert.
Zudem werden die Regelungen zum Mutterschutz verständlicher, besser strukturiert und übersichtlicher gestaltet. Dazu wird die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in das Gesetz integriert, die als gesonderte Regelung nach bisherigen Erfahrungen in der Praxis offenbar nicht hinreichend bekannt war und dementsprechend nicht konsequent angewendet wurde.
Die Umsetzung der mutterschutzrechtlichen (Neu-)Regelungen soll den Arbeitgebern und den Aufsichtsbehörden erleichtert werden, indem ein Ausschuss für Mutterschutz praxisnahe Regeln erarbeiten und die Betriebe und Behörden in Umsetzungsfragen beraten und begleiten wird. Die bessere Verständlichkeit und Anwendbarkeit der Regelungen wird auch einen Abbau von Bürokratiekosten mit sich bringen.
Der Bundesrat hat dem Gesetz, das der Bundestag bereits am 30. März abschließend beraten hatte, am vergangenen Freitag zugestimmt. In einer begleitenden Entschließung, die von Niedersachsen mitgetragen wird, fordert er die Bundesregierung auf, im Rahmen des zum 1. Januar 2021 vorzulegenden Evaluationsberichts nicht nur die Auswirkungen der Regelungen zum Verbot von Mehr- und Nachtarbeit zu betrachten, sondern einen weiteren Schwerpunkt auf die Effektivität des neu eingeführten Genehmigungsverfahrens bei Beschäftigung von schwangeren und stillenden Frauen von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr zu legen, damit anhand des Evaluationsverfahrens bewertet werden kann, ob dieses Genehmigungsverfahren tatsächlich erforderlich ist.