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Auswärtige Angelegenheiten

Informationsaustausch im Kampf gegen internationalen Terrorismus

Gesetz will Aufklärung optimieren Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am…

Gesetz will Aufklärung optimieren

Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am vergangenen Freitag auch mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung auseinandergesetzt, der eine engere Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten vorsieht.

Der Entwurf mit dem Titel „Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ verfolgt das Ziel, die Aufklärung des transnational operierenden und vernetzten Terrorismus zu optimieren.

Im Einzelnen sieht der Entwurf vor:

  • eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung gemeinsamer Dateien des Bundesamts für Verfassungsschutz und ausländischer Nachrichtendienste zu schaffen. Dabei sollen die Nachrichtendienste der Staaten, die weder EU noch NATO-Mitgliedstaaten sind, auf die Dateien nur zugreifen können, wenn dies zur Aufklärung besonders gefährlicher Bestrebungen und Tätigkeiten, die auf die Begehung schwerwiegender Straftaten gerichtet sind, erforderlich ist;
  • eine Rechtsgrundlage für die Teilnahme des Bundesamts für Verfassungsschutz an gemeinsamen Dateien, die von ausländischen Nachrichtendiensten errichtet worden sind, zu schaffen;
  • dass projektbezogene, gemeinsame Dateien der Nachrichtendienste und Polizeien für Analysen künftig bis zu fünf Jahre zur Verfügung stehen;
  • die Ermittlungsbefugnisse der Bundespolizei zu erweitern: Verdeckte Ermittler sollen bereits zur Gefahrenabwehr zum Einsatz kommen können und nicht erst im Rahmen der Strafverfolgung. Dadurch soll erreicht werden, dass die Bundespolizei besseren Zugang in die oftmals sehr abgeschotteten Strukturen der Schleuserorganisationen erhält;
  • Zuwiderhandlungen gegen das Vereinsverbot umfassend unter Strafe zu stellen, indem jegliche Unterstützungshandlung erfasst wird;
  • verurteilte Unterstützer einer terroristischen Vereinigung künftig unter Führungsaufsicht stellen zu können;
  • Provider und Händler zu verpflichten, von Prepaid-Nutzern von Mobilgeräten stets ein gültiges Identitätsdokument mit vollständiger Adresse zu verlangen und deren Daten zu speichern;
  • zur Klärung von Reisebewegungen, die der Terrorismusfinanzierung dienen, eine Abfrage der Schengen-Visa-Datenbank zu ermöglichen.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme u. a. dargelegt, dass er höhere Anforderungen an die Datenweitergabe im Gesetz verankern möchte. So sollen ausländische Geheimdienste nur dann Informationen übermittelt bekommen, wenn diese weder zu politischer Verfolgung noch zu unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung verwendet werden. Das Vorliegen dieser und der weiteren im Gesetzentwurf genannten Voraussetzungen sei schriftlich zu dokumentieren.

Auch die Regelung zur Art der zu speichernden Datei und der Art der Speicherung halten die Länder für zu unbestimmt und zu weit. Stattdessen solle auf bestehende Regelungen des Antiterrordateigesetzes verwiesen werden.

Die Länder betonen zudem, dass deutscher Partner einer solchen Datei der Verfassungsschutzverbund insgesamt sei, also das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz. Den Landesämtern müsse daher ein eigenständiges Leserecht eingeräumt werden.

Des Weiteren setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass nicht nur beim Erwerb von Prepaid-Handys, sondern bei allen Mobilfunk-Produkten eine Pflicht zur Überprüfung der erhobenen Daten anhand eines Ausweisdokuments besteht.

Ungeklärter Grenzverlauf zwischen Deutschland und den Niederlanden

Offshore- Windpark nicht ins Wasser gefallen Grenzen in Europa? Stehen wieder ganz…

Offshore- Windpark nicht ins Wasser gefallen

Grenzen in Europa? Stehen wieder ganz oben auf der Tagesordnung! Man glaubte sie abgeschafft, jetzt wurden sie abgedichtet. Sie sollen schützen, halten aber vor allem den Betrieb auf. Und ab und zu, ganz selten, halten sie auf, weil sie fehlen. Der Bundesrat konnte jetzt den Schlusspunkt unter einen Grenzstreit setzen, der entstand, weil eine Grenze fehlte. Das mag als Posse erscheinen, hätte aber das Zeug gehabt, ein wichtiges Projekt der Energiewende im niedersächsischen Wattenmeer zu versenken.

Im Zuge der Energiewende und des Ausbaus der Erneuerbaren wollte die EWE (Energieversorgung Weser-Ems) einen Offshore-Windpark errichten, draußen, vor der ostfriesischen Küste in der Nordsee, westlich von Borkum. Ein Flächennutzungsplan war erstellt, das Seegebiet gepachtet, der Bauantrag in Oldenburg genehmigt. Dann kamen die Niederländer: Eine niederländische, keine oldenburgische, Baugenehmigung sei erforderlich, denn der Windpark läge, zumindest zum Teil, auf niederländischem Territorium. Und tatsächlich: der Windpark liegt in einem Seegebiet, das von beiden Staaten, Deutschland und den Niederlanden, reklamiert wird. Wem war bewusst, dass es in unserem so penibel geregelten Staatswesen noch ungeklärte Grenzverläufe gibt, juristische Schlickzonen und Treibsandlöcher?

Die Niederländer, pragmatisch wie sie sind – aber auch geschichtsvergessen – argumentieren mit dem heute allgemein üblichen Talwegprinzip, wonach die Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden der tiefsten Linie des Flussbetts der Ems folgt. Die deutsche Seite hingegen argumentiert mit einem Lehnsbrief von Kaiser Friedrich III, der am 1. Oktober 1464 Ulrich Cirksena in den Reichsgrafenstand erhob und ihn mit dem ganzen Ostfriesland belehnte. Und das reicht, wie es im Lehnsbrief heißt: „…von der Westerems ostwärts bis an die Weser…“. Es lohnt sich, die der Bundesrats-Drucksache 637/15 angehängte Denkschrift durchzulesen. Dort wird, zum Beleg der deutschen These, fast die gesamte ostfriesisch-deutsche Geschichte bemüht: Über den „Haager Vergleich“ von 1603, den Westfälischen Frieden, den Frieden von Basel zwischen Preußen und Frankreich (1795) bis hin zum Wiener Kongress. Ergänzt noch um das Argument des Usus der Ausübung deutscher Hoheitsgewalt: Wir sind es, die schon immer die Tonnen und Baken auslegen, den Schiffsverkehr regeln auf der Ems… Dieser Auffassung zufolge verläuft die Grenze an der westlichen Niedrigwasserlinie der Ems oder, volkstümlich: „dort wo ein Stein ins Wasser fällt, den ein Holländer in die Ems wirft“.

Glücklicherweise verfügen beide Seiten, trotz wirtschaftlicher Interessen im strittigen Gebiet, über genügend Humor und Souveränität, um nicht wegen dieser Streitfrage einen Konflikt vom Zaun zu brechen. Die Lösung, die beider Staaten Außenminister aushandelten, zeigt sogar einen feinen Sinn für die Weisheit, sich auf das Machbare zu beschränken. Es wurde eine Linie gezogen, die klärt, wer bis wohin für was zuständig ist. Es wurden Rechte und Pflichten abgesteckt. Aber es wurde nicht versucht, die schwer befrachtete Frage des Verlaufs einer Staatengrenze grundsätzlich zu klären. Diese Frage bleibt offen. Und offenbar muss sie auch nicht geklärt werden, weil alles andere jetzt klar ist. Damit dieser Vertrag zwischen den beiden Staaten rechtsgültig wird, muss er von beiden deutschen Parlamenten, Bundestag und Bundesrat, ratifiziert werden. Der Bundesrat hat das Ratifizierungsgesetz in der Plenarsitzung am 22. April beschlossen, selbstverständlich mit der Unterstützung Niedersachsens.

Länder kritisieren EU-Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung

2015 in Deutschland getroffene Regelungen werden als ausreichend erachtet Angesichts der jüngsten…

2015 in Deutschland getroffene Regelungen werden als ausreichend erachtet

Angesichts der jüngsten Terroranschläge in der EU hält die Kommission eine Anpassung des EU-Rechtsrahmens und damit eine Änderung des Rahmenbeschlusses zur Terrorismusbekämpfung für notwendig und strebt eine Aktualisierung und Harmonisierung der strafrechtlichen Vorschriften in diesem Bereich an.

Die Kommission möchte auch die innerhalb der EU beheimateten Terroristen verstärkt bekämpfen, da die terroristische Bedrohung keineswegs auf Reisen in Konfliktgebiete in Drittländern begrenzt sei. Die jüngsten Anschläge in der EU hätten gezeigt, dass Terroristen zur Begehung von Anschlägen oder aus logistischen Gründen (z. B. Finanzierung, Beschaffung von Waffen) in andere Mitgliedstaaten reisen.

Zur Begründung der vorgeschlagenen Maßnahmen bezieht sich der Kommissionsvorschlag vor allem auf die sogenannte „Foreign Terrorist Fighters“ Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Diese Resolution war Grundlage für das erst im Mai 2015 im Bundesrat beschlossene GVVG-Änderungsgesetz (BR-Drucksache 179/15), mit welchem Änderungen insbesondere im § 89a StGB „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vorgenommen und die Regelung des § 89c StGB „Terrorismusfinanzierung“ neu geschaffen wurde.

In einer, in der Bundesratssitzung am 29. Januar 2016 abgegebenen, Protokollerklärung begrüßen die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bremen den Richtlinienvorschlag als entschlossene und gemeinsame Reaktion der EU auf die aktuellen Bedrohungen durch den grenzüberschreitenden Terrorismus. Eine Harmonisierung der strafrechtlichen Vorschriften sei geboten, um eine einheitliche strafrechtliche Verfolgung und Sanktionierung terroristischer Straftaten in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen zu gewährleisten.

Gleichzeitig verweisen sie jedoch darauf, dass das erst kürzlich geänderte deutsche Strafrecht bereits Vorschriften enthält, die Auslandsreisen in Krisengebiete in terroristischer Absicht unter Strafe stellen. Diese Vorschriften ermöglichten eine effektive Strafverfolgung. Ein Bedürfnis für eine rechtspolitisch bedenkliche weitergehende Ausdehnung der Strafvorschriften in das Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung bestünde daher nicht.

Ferner geben die Länder auch zu bedenken, dass eine über das gegenwärtige deutsche Strafrecht hinausgehende Ausdehnung der Strafbarkeit von Auslandsreisen für die Strafverfolgungsbehörden zu einem nochmals deutlich erhöhten Ermittlungsaufwand führen würde. Angesichts des kaum zu führenden Nachweises der gerade zu terroristischen Zwecken durchgeführten Reisetätigkeit in ein anderes Land sei zu befürchten, dass umfangreiche und von den Strafverfolgungsbehörden mit hohem Sach- und Personaleinsatz geführte Ermittlungen wegen fehlender Beweisbarkeit der entsprechenden Absichten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erfolglos verlaufen würden.

Hilfsorganisationen kritisieren Verletzung der Menschenrechte im Iran

Viele Hoffnungen, wenige Fortschritte Mit der Wahl von Hassan Rohani zum neuen…

Viele Hoffnungen, wenige Fortschritte

Mit der Wahl von Hassan Rohani zum neuen Präsidenten der Islamischen Republik Iran vor zwei Jahren verbanden sich viele Hoffnungen. Anders als sein fundamentalistischer Vorgänger Ahmadinedschad, der die Welt mehrfach mit seinen Kriegsdrohungen gegen Israel erschreckt hatte, trat Rohani moderat und gesprächsbereit auf. Tatsächlich verbesserte sich das Verhältnis zu den westlichen Staaten. Sogar in der lange umstrittenen Frage der Aufrüstung Irans zu einer Atommacht scheint ein Kompromiss in Sicht. Die Lage der Menschenrechte im Iran aber hat sich noch nicht wesentlich gebessert. Darauf haben in zwei getrennten Veranstaltungen in der Vertretung des Landes Niedersachsen gleich mehrere nicht-staatliche Organisationen aufmerksam gemacht. Zufälligerweise fanden die beiden Veranstaltungen an zwei aufeinander folgenden Tagen im Mai statt.

Den Auftakt machte Karamat e.V. Der „Verein für Bildung, Kultur und Dialog zwischen Europa und Orient, insbesondere dem Iran“ mit Sitz in Hannover, ließ mehrere Experten zu Wort kommen, die sich kritisch über die Situation der Menschenrechte im Iran äußerten. Nach wie vor würden Menschen auf Grund ihrer religiösen, ethnischen oder weltanschaulichen Überzeugung verfolgt und inhaftiert, berichteten der Sprecher der Baha´i – Gemeinde in Deutschland, Prof. Ingo Hofmann und Dr. Seyed M. Azmayesh von der internationalen Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran aus Paris. Systematisch benachteiligt werden auch die Frauen, vor allem, wenn sie aufbegehren, beispielsweise gegen den Kopftuchzwang. Erst Anfang Mai war im Iran Narges Mohammadi verhaftet worden, eine der bekanntesten Menschenrechtsverteidigerinnen des Landes.

Auch in der Veranstaltung der Initiative Spotlight Menschenrechte und des Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI) einen Tag später, ging es um die Lage der Menschenrechte. Mehr noch als die innenpolitische Lage im Iran wurde bei dieser Veranstaltung aber die Situation in Syrien und im Irak beleuchtet. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in diesen beiden Ländern hätten schon mehr als 250.000 Menschen das Leben gekostet und ein Flüchtlingselend von unvorstellbarem Ausmaß ausgelöst. Daran trage der Iran eine große Mitverantwortung, hieß es in der Podiumsrunde mit der ehemaligen Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth und dem DSFI-Vorsitzenden Otto Bernhardt.

Usahma Felix Darrah, Vorstandsmitglied des Verbandes der syrischen Hilfsorganisationen, wies auf die militärische Beteiligung des Iran an den Kriegshandlungen in den Nachbarländern hin. Sowohl Syrien als auch der Irak stünden schon so unter dem direkten Einfluss des Iran, dass man von einer Besatzungsmacht sprechen müsse. Rund 100.000 iranische Söldner und offizielle Militärberater kämpften in den beiden Nachbarländern. Vier Jahre Bürgerkrieg hätten das vor allem Syrien und seine staatliche Ordnung zerstört. In vielen Gebieten herrschten Kriminelle, sich selbst bereichernde “Offizielle” oder ausländische Söldner außerhalb jeglichen Rechts. Die staatliche Existenz Syriens sei deshalb nicht mehr vorhanden. Die Zivilbevölkerung werde vertrieben oder vernichtet.

Auf die Lage der Flüchtlinge ging besonders Rita Süssmuth ein. Diesen Menschen müsse trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten geholfen werden. Sie sei sich mit vielen anderen Prominenten einig, dass die Aufnahmemöglichkeiten Deutschlands noch lange nicht erschöpft seien und das Land auch Einwanderung brauche. Sie habe auch immer wieder festgestellt, dass gerade die Menschen, die aus Syrien, Irak oder aus dem Iran nach Deutschland flüchteten, sehr integrationsfähig seien, weil sie wissensbegierig und arbeitswillig seien.

Heute: Das geplante Freihandelsabkommen TTIP

Den richtigen Riecher hatten der Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen, Staatssekretär Michael Rüter…

Den richtigen Riecher hatten der Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen, Staatssekretär Michael Rüter und seine Mitarbeiter, als sie im Spätsommer des Jahres 2013 das Veranstaltungsprogramm der Landevertretung für 2014 vorbereiteten. Unter anderem wurde damals entschieden, eine Veranstaltungsreihe zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA zu organisieren. Zu dem damaligen Zeitpunkt war das Thema öffentlich kaum bekannt. Allenfalls wurde mal in der Wirtschaftspresse über den Stand der Verhandlungen zwischen den EU-Beauftragten und den US-Unterhändlern berichtet. Das Kürzel TTIP (= Transatlantic Trade and Investment Partnership) war nur wenigen Interessierten geläufig.

Das änderte sich binnen weniger Monate, vor allem durch die kritische bis strikt ablehnende Haltung, die viele Nicht-Regierungsorganisationen gegenüber dem geplanten Freihandelsabkommen einnahmen. Als die Landesvertretung im Februar vorigen Jahres zu ihrer ersten Veranstaltung im Rahmen der TTIP-Reihe einlud, war das Thema schon in aller Munde. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendeine Schlagzeile dazu produziert würde. Nicht jede verbreitete Information ist dabei richtig und zutreffend. Es gibt auch viele Halb- und Unwahrheiten, die über das Vorhaben verbreitet werden.

Die Vertretung des Landes Niedersachsen jedenfalls bleibt an dem Thema dran. Mit dem aktuellen Newsletter startet unsere neue Rubrik FAQ (frequently asked questions), eine im Internet weit verbreitete Zusammenstellung von Antworten auf häufig gestellte Fragen zu allen möglichen Themen. In der heutigen Newsletter-Ausgabe beantworten wir die häufig gestellten Fragen zu dem geplanten TTIP-Abkommen:

Was ist TTIP? Die Abkürzung „TTIP“ steht für „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, auf Deutsch also: „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“. Gerne hört man in den Medien auch „Transatlantisches Freihandelsabkommen“, aber von „Frei“ steht nichts im Titel. Es geht bei TTIP auch eher darum, feste Regeln zu vereinbaren: Regeln für den Handel zwischen der EU und den USA und für die Behandlung von Investitionen des einen beim anderen. Die Verhandlungen laufen noch. Es gibt noch kein TTIP, es wird erst darüber geredet.

Warum überhaupt über TTIP reden? Von bestimmten Interessengruppen wird immer wieder rigoros gefordert, die Verhandlungen über TTIP sofort zu stoppen. Als ob schon Reden gefährlich wäre.

Wer schon die Verhandlungen stoppen will, sollte über Folgendes nachdenken: Deutschlands Wohlstand hängt vom Außenhandel ab. Fast jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt am Export, jeden dritten Euro verdienen wir mit Exporten. Die Außenhandelsquote unserer Wirtschaft ((Exporte + Importe) / Bruttoinlandsprodukt) beträgt sogar 75% Quelle. Eine Wirtschaft, die so stark in den Außenhandel eingebunden ist, davon auch profitiert, muss ein Interesse haben, die Spielregeln der Globalisierung mitzugestalten. Gestalten ist das Gegenteil davon, alles zu schlucken! Aber wer sich zurückzieht, gibt die Initiative aus der Hand, und vor allem: gibt sich selbst anderen in die Hand! Denn Regeln über das internationale Miteinander werden geschaffen – wenn nicht von uns, dann von anderen, zu unseren Lasten.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil auf der ersten Veranstaltung zum TTIP am 20. Februar 2014 in der Niedersächsischen Landesvertretung: „Es gibt Chancen, es gibt Risiken, es gibt Hoffnungen, es gibt Befürchtungen, und wie bei ganz vielen anderen Fragestellungen auch, muss man sich fragen, wie gehen wir denn damit um, wenn ein Projekt am Anfang so ambivalent erscheint. … Ich bin der Auffassung, man muss sich auf diesen Prozess einlassen. Und man muss in diesem Prozess immer wieder kontrollieren, ob man tatsächlich dabei ist, die Potentiale zu erschließen oder man gerade dabei ist, die Risiken wahr werden zu lassen.“

Wer entscheidet, ob weiterverhandelt wird? Der Auftrag, Verhandlungen über TTIP aufzunehmen, wurde vom Rat der Europäischen Union erteilt. Also von dem Gremium, in dem die Handelsminister aller 28 EU-Mitgliedstaaten sitzen: für Deutschland also Wirtschaftsminister Gabriel. Auch die Verhandlungen abzubrechen könnte nicht Deutschland allein entscheiden, sondern nur alle 28 EU-Mitgliedstaaten zusammen.

Wer verhandelt über TTIP? Die Verhandlungen werden zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika geführt. Für die Europäische Union verhandelt die Europäische Kommission mit den Amerikanern. Die Bundesregierung hingegen sitzt nicht am Verhandlungstisch, sie wird aber von der Kommission über die Verhandlungen informiert.

Wer entscheidet, ob TTIP in Kraft tritt? Die Europäische Kommission führt die Verhandlungen, darf aber nicht selber entscheiden, ob das von ihr ausgehandelte Ergebnis auch tatsächlich so gelten soll. Die Entscheidung darüber, ob das Verhandlungsergebnis für Europa und Deutschland in Kraft tritt, treffen diejenigen, die das Abkommen ratifizieren müssen, also die Parlamente. Das sind auf jeden Fall das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union. Unter bestimmten Umständen müssen aber auch die Mitgliedstaaten der EU ihr „Ja“-Wort geben, das wären dann für Deutschland Bundestag und Bundesrat.

Ob die Mitgliedstaaten – und damit der Bundesrat – um Ratifikation gebeten werden, entscheidet sich am Inhalt des Verhandlungsergebnisses: Geht es darin nur um Handel im engsten Sinne, dann kann die Europäische Union das alleine entscheiden. Sind aber auch andere Politikbereiche betroffen, die nicht in der ausschließlichen Zuständigkeit der EU liegen, läge ein „gemischtes Abkommen“ vor, zu dem dann auch die einzelnen Mitgliedstaaten eine Entscheidung treffen müssen.

Was hat die niedersächsische Landesregierung mit den TTIP-Verhandlungen zu tun? Weil – nach unserer Einschätzung – sehr wahrscheinlich auch der Bundesrat, und damit die Niedersächsische Landesregierung als Bundesratsmitglied, entscheiden muss, ob TTIP ratifiziert wird oder nicht, verfolgt die Landesregierung die Verhandlungen sehr aufmerksam und mit großen Interesse. Wir müssen wissen, was wir da entscheiden. Deshalb auch finden Sie diesen Text auf unserer WebSite: wir wollen, dass Sie wissen, worum es wirklich geht.

Sind die Verhandlungen geheim? Nein. Zugegeben: der Rat der Europäischen Union, Auftraggeber der Verhandlungen, hatte sich anfänglich geziert, die Leitlinien, in denen Verhandlungsziele und rote Linien beschrieben sind, freizugeben. Man lässt ja ungerne denjenigen in die eigenen Karten gucken, den man über den Tisch zu ziehen hofft. Nachdem die Leitlinien aber bereits mehrfach „geleakt“ wurden und die Öffentlichkeit erheblichen Druck gemacht hatte, hat der Rat dann doch die Leitlinien veröffentlicht. hier finden Sie diese Leitlinien.

Die Europäische Kommission hatte bereits sehr frühzeitig eine Website eingerichtet, auf der sie sehr ausführlich über den Verhandlungsverlauf und die Vorschläge, die sie den Amerikanern vorlegt, informiert. hier finden Sie die TTIP-Website der Europäischen Kommission.

Auch das Bundeswirtschaftsministerium informiert im Internet umfassend und gut verständlich über das TTIP: hier finden sie die TTIP-Website des Bundeswirtschaftsministeriums.

Etwas weniger mitteilsam sind die Amerikaner. Sie haben jetzt zwar zugestanden, sog. „Lesezimmer“ in den US-Botschaften in allen europäischen Hauptstädten einzurichten. Dort könnten dann – bisher leider nur – Politiker einsehen, was die USA in den Verhandlungen anbieten oder fordern. Den Handelsministern der EU ist dies aber viel zu wenig, sie haben am 7. Mai 2015 gefordert, die Dokumente elektronisch zur Verfügung zu stellen.

Natürlich finden die eigentlichen Gespräche weiterhin hinter verschlossenen Türen statt. Aber mal ehrlich: erfahren Sie über die Tarifverhandlungen der GDL oder der Post mehr?

Was steht in TTIP drin? Worum geht es? Im TTIP soll es darum gehen, Regeln für den Handel zwischen der EU und den USA festzulegen, sowie Regeln für Investitionen, die Unternehmen des einen beim anderen tätigen. Da wir uns noch mitten in den Verhandlungen befinden, kann nicht sicher gesagt werden, was letztlich vereinbart und im TTIP „drin stehen“ wird.

Aber natürlich verhandelt die Europäische Kommission nicht im luftleeren Raum. Sie hat einen Auftrag bekommen, in dem sehr genau beschrieben steht, was aus europäischer Sicht im TTIP erreicht werden sollte und was gar nicht geht. Also Verhandlungsziele und rote Linien. Die Europäische Kommission ist an diese Leitlinien (Mandat) gebunden und kann den Amerikanern nicht Dinge versprechen, die durch dieses Mandat nicht gedeckt sind. Diese Leitlinien für die Verhandlungen sind öffentlich, jeder Bürger, jede Bürgerin kann sie lesen und sich informieren: hier finden Sie diese Leitlinien

 

Kritische Themen, über die im Rahmen von TTIP verhandelt wird:

1. Gefährdet TTIP die europäische Kultur? Der Bundesrat bezog sich in seiner Drucksache 463/13 auf den Entwurf des TTIP-Mandats (Entwurf der Leitlinien) und forderte, dass die audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen von den Verhandlungen generell ausgenommen werden müssen (siehe insb. Ziffern 3 und 8). Der Bundesrat bemängelte zudem (in Ziffer 4), dass im Entwurf das UNESCO-Abkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen nicht erwähnt wird. Diese Forderungen des Bundesrates – und vergleichbare französische Forderungen – wurden durch die Regierungen Deutschlands und Frankreichs in das Mandat hineingeschrieben und sind jetzt Teil der Leitlinien.

Die aktuell gültigen Leitlinien sind in diesen Fragen eindeutig: Schon in der Präambel wird das Recht der Vertragsparteien festgehalten, im Gemeinwohlinteresse Maßnahmen zur „Förderung der kulturellen Vielfalt … zu treffen“, „wie in den Übereinkommen der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen festgelegt,“ (Leitlinien, Ziffer 6, 4. Anstrich).

Deshalb darf das Abkommen auch „keine Bestimmungen enthalten, die die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union oder ihrer Mitgliedstaaten – insbesondere im kulturellen Bereich – beeinträchtigen würden, wobei es die Union und ihre Mitgliedstaaten auch nicht an der Weiterführung bestehender Politiken und Maßnahmen zur Unterstützung des kulturellen Sektors … hindern darf. Das Abkommen wird nicht die Fähigkeiten der … Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Politiken und Maßnahmen in diesem Sektor zur Berücksichtigung der Entwicklung insbesondere im digitalen Umfeld beeinträchtigen.“ (Leitlinien, Ziffer 9)

Und: „Audiovisuelle Dienste werden von diesem Kapitel (= Dienstleistungshandel und Niederlassung) nicht erfasst.“ (Leitlinien, Ziffer 21)

Die Europäische Kommission, die für die EU die Verhandlungen führt, hat zudem auf Ihrer Website ein Dokument eingestellt, in dem sie noch einmal erklärt, wie der Kulturbereich in den TTIP-Verhandlungen behandelt wird. Sie betont darin u.a. das Folgende: (1.) die EU achtet in allen ihren Verhandlungen darauf, dass allen Partnern die Möglichkeit bleibt, ihre kulturellen Aktivitäten zu fördern und zu schützen (Kapitel „Culture and trade). (2.) Der audiovisuelle Sektor (= Rundfunk + Fernsehen) ist klar und ohne Frage von den Verhandlungen ausgeschlossen (Kapitel „Culture and trade). (3.) Auch die in Diskussionen immer wieder angeführte deutsche Buchpreisbindung wird durch TTIP nicht gefährdet (Kapitel „Book pricing and e-books“).

2. Wird TTIP Unternehmen die Möglichkeit geben, Gesetze zum Schutz der Bürger und der Umwelt auszuhebeln? Internationale Handelsabkommen enthalten regelmäßig Bestimmungen, die Investitionen, die eigene Unternehmen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragspartners tätigen, vor willkürlicher Behandlung, Diskriminierung und Enteignung schützen sollen. Unternehmen, die sich diskriminiert fühlen, wird zudem das Recht eingeräumt, vor einem überstaatlichen Schiedsgericht gegen den Gaststaat zu klagen. Mit dem Verhandlungsmandat haben die Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Kommission den Auftrag gegeben, solche Regeln auch im TTIP zu vereinbaren (Leitlinien, Ziffern 22 und 23).

In den Medien werden solche Regeln heftig kritisiert. Es wird befürchtet, dass Unternehmen damit die Gesetzgebung von Staaten aushebeln oder zumindest mit erheblichen finanziellen Risiken belasten können. Es wird kritisiert, dass hiermit ausländischen Unternehmen Rechtswege und Rechtsmittel eröffnet werden, die einheimische Unternehmen nicht haben. Es wird kritisiert, dass die Richter in einem ökonomischen Interessenkonflikt stehen, eine etablierte Rechtsprechung fehlt, es an Transparenz und einer Berufungsinstanz mangelt.

Dazu die Leitlinien: Schon die Leitlinien verpflichten die Kommission, die Regeln so zu gestalten, dass sie „das Recht der EU und der Mitgliedstaaten unberührt lassen, … die Maßnahmen zu ergreifen und durchzusetzen, die notwendig sind, um legitime Gemeinwohlziele … in nichtdiskriminierender Weise zu verfolgen.“ (Ziffer 23, 5. Anstrich)

Und: Der Streitbeilegungsmechanismus sollte „auf dem neuesten Stand (sein) und Transparenz, Unabhängigkeit der Schiedsrichter und die Berechenbarkeit des Abkommens gewährleisten… Der Mechanismus der Streitbeilegung sollte Schutz vor offensichtlich ungerechtfertigten oder leichtfertigen Klagen beinhalten.“ (Ziffer 23, letzter Absatz)

 

Tatsächlich bestehen bereits heute weltweit rund 1400 internationale Abkommen, die Investitionsschutzklauseln enthalten. Aufgrund der Erfahrungen mit diesen Klauseln und um Missbrauch besser auszuschließen, will die Kommission im TTIP bessere Klauseln etablieren, einen „Goldstandard“ also, der zukünftig Maßstäbe setzen soll. Sie hatte dazu Ende März 2014 im Internet eine öffentliche Konsultation (=Befragung der Bevölkerung) gestartet, an der sich alle Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Verbände und Nichtregierungsorganisationen beteiligen konnten.

Ergebnis der Konsultation: Auf die Befragung durch die Kommission gingen rund 149 400 Antworten ein. Die Kommission hat diese Antworten ausgewertet, ihre Schlüsse gezogen und am 5. Mai 2015 ein neues Konzept zum Investitionsschutz vorgelegt. Siehe hierzu: das Konzeptpapier der Kommission. Die Kommission will die Schiedsgerichte jetzt stärker in Richtung normaler Gerichte entwickeln. Der Vorschlag sieht eine Berufungsinstanz vor, es soll eine Vorauswahl der privaten Schlichter getroffen werden und schärfere Kriterien für deren Qualifikation festgelegt werden. Dieser Vorschlag wird jetzt mit den europäischen Handelsministern beraten.

Laut EurActiv vom 8.5.2015 geht das neue Konzept der Kommission dem Bundeswirtschaftsministerium noch nicht weit genug. Das Bundeswirtschaftsministerium fordert, einen permanenten bilateralen Schiedsgerichtshof einzurichten und diesen mit professionellen Richtern zu besetzen, also nicht mit Schiedsleuten aus Anwaltskanzleien. Der Schutz der ausländischen Unternehmen dürfe nicht weiter gehen, als der Schutz, den unsere Verfassung inländischen Unternehmen bietet. Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat ein entsprechendes Konzept durch einen Experten für internationales Handelsrecht, Prof. Krajewski der Universität Erlangen, ausarbeiten lassen.

Der Bundesrat hat sich ebenfalls an der Konsultation der Kommission beteiligt und, auf Vorschlag Niedersachsens, Baden-Württembergs und Hamburgs eine Entschließung (Drs. 295/14) angenommen und der Kommission übermittelt. Darin wird zum Investitionsschutz und zu den Investor-Staats-Schiedsgerichtsverfahren u.a. festgehalten:

„Der Bundesrat bekräftigt, dass das Recht der beiden Vertragsparteien zur Gesetzgebung und Regulierung im öffentlichen Interesse („rigth to regulate“) als grundlegendes Prinzip unverhandelbar ist und geschützt werden muss. Es darf durch Regelungen zum Investitionsschutz weder direkt noch indirekt beeinträchtigt werden.“ (Ziffer 7) Und:

„Der Bundesrat hält spezielle Investitionsschutzvorschriften und Streitbeilegungsmechanismen im Verhältnis Investor und Staat zwischen der EU und der USA für verzichtbar und mit hohen Risiken verbunden.“ (Ziffer 9)

3. Wird TTIP unsere Standards im Verbraucher- und Umweltschutz aushöhlen? Ziel des Abkommens ist, unnötige Handels- und Investitionshemmnisse abzubauen, indem die Regeln auf beiden Seiten des Atlantiks besser aufeinander abgestimmt werden (vgl. die Ziffern 25 bis 27 der Leitlinien). Das „besser aufeinander abstimmen“ (= regulatorische Kompatibilität) lässt aber das Recht der Mitgliedstaaten unberührt „Vorschriften nach Maßgabe des … für angemessen erachteten Schutzniveaus in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Verbraucher, Arbeit und Umwelt sowie kulturelle Vielfalt zu erlassen …“.

Die Europäische Kommission erläutert in dem hier verlinkten Papier, dass es nicht um den Abbau nötiger Standards geht, sondern um unnötige Hemmnisse. Es geht z.B. um die Vereinheitlichung unterschiedlicher Methoden, das gleiche hohe Schutzziel zu erreichen. So werden z.B. Crash-Tests in den USA und in der EU unterschiedlich aufgebaut, sie führen aber beide zu sicheren Autos.

Der Bundesrat hat in seiner hier verlinkten Entschließung (Drs. 464/13) die Chancen anerkannt, die in einem Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und in der Harmonisierung industrieller Normen liegen (Ziffer 2). Gleichzeitig fordert er aber auch, dass in den Verhandlungen „ein besonderes Augenmerk auf die Errungenschaften der EU im Bereich der Sozial-, Umwelt-, Lebensmittel-, Gesundheits-, und Datenschutzstandards sowie der Verbraucherrechte gelegt wird.“ (Ziffer 3) Und: „In den Verhandlungen soll darauf hingewirkt werden, weitere Verbesserungen für die Partner in diesem Bereich zu ermöglichen.

Der Bundesrat fordert zudem die Bundesregierung auf (Ziffer 4), sicherzustellen, dass Produkte, die aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen, Lebensmittel aus Tieren, die mit Wachstumshormonen handelt wurden und Lebensmittel aus geklonten Tieren nicht in die EU eingeführt werden dürfen. Auch diesen Aspekt werden wir überprüfen, wenn ein Verhandlungsergebnis zur Ratifizierung vorliegt.

Strafrechtliche Bekämpfung des internationalen Terrorismus wird ausgeweitet

Terrorabwehr gestärkt Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag das Gesetz zur Verfolgung…

Terrorabwehr gestärkt

Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten gebilligt.

Mit dem Gesetz wird die Resolution „Foreign Terrorist Fighters“ des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 24. September 2014 umgesetzt. Es sieht vor, dass der Versuch des Reisens und das Reisen in einen Staat, in dem der Reisende nicht ansässig ist oder dessen Staatsangehörigkeit er nicht hat, strafrechtlich zu verfolgen ist, wenn die Reise durchgeführt wird, um sich zum Terroristen ausbilden zu lassen oder um terroristische Handlungen zu planen, vorzubereiten, sich daran zu beteiligen oder solche zu begehen.

Mit dem neuen Straftatbestand reagiert die Bundesregierung auf die wachsende Anzahl von Personen aus Deutschland, die sich an den sogenannten dschihadistischen Kämpfen beteiligen.

Das Gesetz schafft zudem in § 89c Strafgesetzbuch (StGB) einen eigenständigen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung und entspricht damit einer Empfehlung der bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angesiedelten Financial Action Task Force (FATF). Die neue Vorschrift ersetzt die bisherige Regelung und stellt sicher, dass alle Formen der Terrorismusfinanzierung nunmehr einheitlich unter Strafe gestellt werden. Auch geringwertige Vermögenszuwendungen sind demnach künftig strafbar.

Der Bundesrat hatte zu Jahresbeginn zudem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung Stellung genommen. Er forderte damals, den Tatbestand der Terrorfinanzierung weiter zu fassen. Aus Sicht des Bundesrats reiche es bereits, dass durch den Terrorakt ein Teil der Bevölkerung eingeschüchtert werde. Es müsse nicht der “überwiegende” Teil sein, wie der Regierungsentwurf dies vorsieht. Gleiches sollte auch für die Bildung einer terroristischen Vereinigung gelten.

Der Bundestag hat zwar einen modifizierten Gesetzesentwurf angenommen, ohne jedoch die Stellungnahme des Bundesrates zu berücksichtigen. Die vorgenommene Veränderung stellt vielmehr eine moderate Erweiterung des subjektiven Tatbestandes einer Strafvorschrift dadurch dar, dass neben dem Wissen um die Tatbegehung durch einen Dritten auch die Absicht ausreichen soll. Mit einer weiteren Änderung wird für den Anwendungsbereich des § 89c StGB die Möglichkeit der tätigen Reue eingeführt. Diese räumt dem Gericht die Möglichkeit zur Minderung der Strafe oder zum Absehen von Strafe ein, wenn der Täter tätige Reue zeigt.

Das Gesetz wird nun Bundespräsident Gauck zur Ausfertigung vorgelegt.

MP Stephan Weil fragt: Wie geht es weiter mit dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA?

Hochkarätig besetztes Podium diskutiert in der Landesvertretung „TTIP ist ein ausgesprochen wichtiges…

Hochkarätig besetztes Podium diskutiert in der Landesvertretung

„TTIP ist ein ausgesprochen wichtiges Vorhaben, niemand wird bestreiten können, dass es enorme Chancen birgt. Niedersachsen lebt vom Export von Autos – und ein Gutteil davon gehen in die USA.“ So Stephan Weil, Niedersachsens Ministerpräsident, dieser Tage in unserer Landesvertretung im Rahmen unserer zweiten Veranstaltung zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft, kurz TTIP. „Normalerweise“, so Weil, „sind Verhandlungen über Freihandelsabkommen wenig sexy für eine öffentliche Diskussion“, in diesem Falle aber habe niemand das überwältigende Interesse an diesem Thema voraussehen können: 149 000 Beteiligungen am Konsultationsverfahren der Kommission, 700 000 Bürgerinnen und Bürger, die eine Europäische Bürgerinitiative unterstützen, 5 Millionen Nennungen zum Stichwort TTIP bei Google.
Aber, warnte Weil: „there is no free lunch!“ Es gibt nichts umsonst. Deshalb müsse man im TTIP auch nach Risiken und Nebenwirkungen suchen. Die USA und die EU hätten doch in einigen Punkten ziemlich unterschiedliche Kulturen, z.B. im Staatsverständnis. Für Weil bleiben beim aktuellen Verhandlungsstand wichtige Fragen offen: Wir müssen wissen, ob wir unsere Standards in wichtigen Bereichen halten können, ob TTIP unsere öffentliche Daseinsvorsorge in Frage stellt. Können wir weiter unsere Rechtsordnung zugrunde legen, nach der ein staatlicher Richter das letzte Wort hat?

Als Sparringspartner für die anschließende Diskussion hatte Weil sich Karel de Gucht, Mitglied der Europäischen Kommission und zuständig für Handelsfragen, James A. Boughner, Gesandter-Botschaftsrat für Wirtschaftsfragen an der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, sowie Rebecca Harms MdEP und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament eingeladen.

De Gucht sprach Klartext: wie die öffentliche Diskussion über TTIP derzeit laufe, sei nicht fair. Die Kommission könne den Regierungen der Mitgliedstaaten nicht die Aufgabe abnehmen, zu entscheiden, ob sie für oder gegen TTIP sind und diese Entscheidung gegenüber ihren Bürgern zu verteidigen. Die nationalen Regierungen müssen sich zu TTIP bekennen, sonst werde es TTIP nicht geben. In der gut einstündigen Diskussion ging es dann im Wesentlichen um zwei Fragen: um (1.) die Investor-Staat-Streitschlichtung ISDS und (2.) um die Angleichung oder Wahrung von Standards.

De Gucht und Boughner wiesen darauf hin, dass ISDS keine Erfindung der Kommission ist, sondern seit Jahren gängiges Element in allen Handelsabkommen. Die Kommission diskutiere ISDS auf Grundlage des Mandats, das ihr von den Mitgliedstaaten erteilt wurde – auch von Deutschland. Die meisten ISDS-Klagen würden – nicht etwa von amerikanischen Unternehmen – sondern von deutschen, niederländischen und britischen Unternehmen geführt. Allein deutsche Unternehmen führen derzeit 40 ISDS-Klagen gegen andere EU-Mitgliedstaaten. Und die Bundesregierung zeige keine Neigung, daran etwas zu ändern. Stephan Weil erwiderte: er sehe nicht ein, warum man das transparente Regelwerk staatlicher Rechtsprechung durch ein unbekanntes Gericht ersetzen soll, das nach unbekannten Kriterien urteilt. De Gucht wies darauf hin, dass die USA mit der EU verhandelt, nicht mit Deutschland. Und innerhalb der EU gebe es durchaus Kandidaten, deren Rechtssystem nicht so zuverlässig wie das deutsche ist. Es wäre zudem diplomatisch unmöglich, zwischen „guten“ Rechtsstaaten und solchen, die man nicht als solche ansehen will, zu diskriminieren. Regeln müssten deshalb für alle gleich etabliert werden. Die Kommission und die USA wollen deshalb einen „Goldstandard“ besserer ISDS-Regeln schaffen.

Rebecca Harms erklärte, dass an der Frage der Standards unterschiedliche Herangehensweisen in der Produktion hängen: in der Agrarproduktion der USA würden erst am Ende der Kette alle Fehler beseitigt, in Europa gelte von Anfang an das Vorsorgeprinzip. In Europa müsse ein Unternehmen beweisen, dass ein Produkt sicher ist, damit es auf den Markt darf; in den USA müsse bewiesen werden, dass es unsicher ist, bevor es vom Markt genommen wird. Es gehe bei TTIP um die grundsätzliche Frage, wie unsere Welt gestaltet werden soll, welche Verantwortung der Staat in der Gesellschaft wahrnimmt. De Gucht: Die Kommission habe weder die Absicht, Standards zu senken, noch die Möglichkeit, dies zu tun. Standards würden allein durch die Parlamente gesetzt und können auch nur durch die Parlamente verändert werden. Die einzige Möglichkeit, mit ihnen im TTIP umzugehen, sei, sie gegenseitig anzuerkennen – so wie man das seit den 80iger Jahren innerhalb der EU praktiziert. Auch laut Boughner geht es beim TTIP nicht darum, das eine System durch ein anderes zu ersetzen, sondern beide Systeme miteinander kompatibel zu machen. So würde z.B. Japan nicht den Import von europäischen oder amerikanischen Skiern erlauben, mit der Begründung, dass japanischer Schnee anders sei. Wissenschaftlich sei diese Behauptung aber nicht haltbar. Deshalb könnten über die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit von Standards, die ein Handelshemmnis bilden, allein nach wissenschaftlichen Kriterien entschieden werden.

Fotos: Yorck Maecke

Gasversorgungssicherheit und Krisenvorsorge – Akute Herausforderung für die Energiepolitik

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Krise in der Ukraine ist das Thema…

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Krise in der Ukraine ist das Thema Energie-Versorgungssicherheit auf der politischen Agenda Europas ganz nach oben gerückt.

Ist namentlich die Gasversorgung Deutschlands kurz- und mittelfristig gesichert? Welche Rolle spielen hierbei gerade die Gasspeicher? Gibt es regionale Besonderheiten in puncto Gasversorgung und –speicherung? Welche energiepolitischen Entscheidungen stehen an? Und nicht zuletzt: Ist eine strategische Gasreserve die richtige Lösung? Um diese und weitere Fragen zu diskutieren, hatte der Gasspeicherbetreiber Storengy als einer der größten Betreiber von Erdgas-Untergrundspeichern in Deutschland mit Energiethemen befasste Abgeordnete des Bundestages und Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums zu einem Parlamentarischen Frühstück in die Landesvertretung Niedersachsen geladen.

Der Geschäftsführer der Storengy in Deutschland, Arno Büx, skizzierte neben allgemeinen Zusammenhängen der Gaswirtschaft auch die unverzichtbare Rolle der Untergrundspeicher für die Gasversorgungssicherheit und benannte die Herausforderungen vor dem Hintergrund einer ‚unbundelten‘, also entflochtenen Gaswirtschaft. Nach dieser politisch gewollten und von Seiten der Energieunternehmen vollzogenen Trennung von Produktion, Transport, Speicherung und Handel im Gasmarkt sei die Zuweisung der Verantwortlichkeit für eine unterbrechungsfreie Gasversorgung im Gegensatz zur Vergangenheit nicht mehr klar geregelt, so Büx. Als reine Logistikunternehmen könnten die Speicherbetreiber diese Rolle nicht übernehmen. Eine Neujustierung des gesetzlichen Regulierungsrahmens für die Gaswirtschaft sei dringend erforderlich.

Wie geht es weiter mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA?

Podiumsdiskussion in der Vertretung des Landes Niedersachsen am 9. Oktober Als die…

Podiumsdiskussion in der Vertretung des Landes Niedersachsen am 9. Oktober

Als die Vertretung der Landes Niedersachsen im Februar dieses Jahres zu einer ersten Podiumsveranstaltung zum Thema transatlantisches Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika (TTIP) einlud, hatte das Thema gerade die Expertenkreise verlassen und wurde so langsam auch in der Öffentlichkeit diskutiert.

Inzwischen vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in Zeitungen, Magazinsendungen, im Rundfunk, Fernsehen oder im Internet über das geplante Freihandelsabkommen berichtet, kommentiert und in vielen Fällen auch polemisiert wird: 149 000 Antworten auf die öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission, 700 000 deutsche Bürger und 148 Organisationen, die eine Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP unterstützen, fünf Millionen Nennungen zu TTIP bei Google – kein anderes Handelsabkommen hat jemals zuvor die Öffentlichkeit so mobilisiert, wie das zwischen den USA und der Europäischen Union geplante Freihandelsabkommen – allerdings nur im deutschsprachigen Raum. Und damit nur in einem kleineren Teil Europas.

Nach den bislang sechs offiziellen Verhandlungsrunden ist es Zeit, auch inhaltlich die Frage zu stellen: Wo stehen wir, was geht, was geht nicht? Darüber soll in der Veranstaltung am Donnerstag, den 9. Oktober 2014 ab 18.30 Uhr in der niedersächsischen Landesvertretung gesprochen werden.

Nach der Auftaktveranstaltung im Februar dieses Jahres wird die Landesvertretung dieses Mal auch Vertretern der Europäischen Kommission und der Vereinigten Staaten von Amerika Gehör verschaffen. Eingeladen wurden der noch amtierende EU-Handelskommissar Karel de Gucht und der Gesandte der US-Botschaft James A. Boughner. Die TTIP-kritische bis ablehnende Position vertritt Rebecca Harms, Vorsitzende der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament. Ebenfalls eine kritische, aber nicht von vornherein ablehnende Position vertritt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

Moderiert wird die Runde von der Wirtschaftsjournalistin Dr. Ursula Weidenfeld. Eröffnet wird der Abend wieder durch den Bevollmächtigen des Landes Niedersachsen, Staatssekretär Michael Rüter.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist geladenen Gästen vorbehalten.

TTIP – Länder fordern Transparenz in Verhandlungen

Recht der Staaten zur Gesetzgebung unverhandelbar Wer hat die Macht im Staate?…

Recht der Staaten zur Gesetzgebung unverhandelbar

Wer hat die Macht im Staate? Das Volk, also die Bürgerinnen und Bürger, vertreten durch demokratisch gewählte Parlamente, wie es unser Grundgesetz vorgibt? Oder aber Unternehmen und die Eigentümer von Finanzanlagen? Was in der Theorie unstrittig ist, wird durch Fakten in Frage gestellt: Hedgefonds klagen gegen Schuldenschnitte, Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg. Müssen Parlamente künftig, wenn sie Gesetze erlassen, gleich auch milliardenschwere Rückstellungen einplanen? Wird Regieren im öffentlichen Interesse zum unkalkulierbaren Haushaltsrisiko? Haben Unternehmen Anspruch auf die Garantie eines unveränderlichen Regelungsumfeldes?

Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg vertreten hier unmissverständlich: „dass das Recht (der Staaten) zur Gesetzgebung und Regulierung im öffentlichen Interesse … als grundlegendes Prinzip unverhandelbar ist und geschützt werden muss. Es darf durch Regelungen zum Investitionsschutz weder direkt noch indirekt beeinträchtigt werden.“

Zum Hintergrund: Die Europäische Kommission verhandelt derzeit über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, TTIP, zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieses Abkommen soll auch Bestimmungen zum Investitionsschutz und zu Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) enthalten. Solche Bestimmungen wurden erfunden, um ausländische Unternehmen vor willkürlicher Behandlung zu schützen und ihnen zu ermöglichen, vor einem überstaatlichen Schiedsgericht gegen ihr Gastland zu klagen. Inzwischen häufen sich Hinweise, dass diese Klagemöglichkeiten zum Teil genutzt werden, die Gastländer abzukassieren – auch bei Gesetzen, die rechtstaatlichen Ansprüchen genügen. Zudem sind die Schiedsgerichtsverfahren intransparent, die Schiedssprüche schaffen ein inkonsistentes Parallelrecht. Die Europäische Kommission teilt die Kritik an den üblichen Investitionsschutzbestimmungen, will es besser machen. Sie hat deshalb ein Konzept überarbeiteter Bestimmunen im Internet zur Diskussion gestellt, dass diese Schwächen ausbügeln soll.

Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg antworten mit ihrer Entschließung auf diesen Beitrag der Kommission, gehen aber einen Schritt weiter: Sie halten „spezielle Investitionsschutzvorschriften und Streitbeilegungsmechanismen im Verhältnis Investor und Staat zwischen der EU und den USA für verzichtbar und mit hohen Risiken verbunden.“ Zumal es sich bei beiden Vertragsparteien um Rechtstaaten handelt, die Investoren einen hinreichenden Rechtsschutz vor unabhängigen nationalen Gerichten gewährleisten. Die Vereinbarung von Sonderrechten für ausländische Investoren zwischen der EU und den USA ist überflüssig, Investoren sind grundsätzlich auf den Rechtsweg vor nationalen staatlichen Gerichten zu verweisen.

Zudem setzen sich die Länder dafür ein, dass die Verhandlungen der Europäischen Kommission mit der US-Regierung mit größtmöglicher Transparenz verlaufen. Sie fordern, dass eine so umfassende und tiefgreifende Erweiterung der internationalen vertraglichen Bindung der Europäischen Union nur nach ausführlicher öffentlicher Diskussion beschlossen werden dürfe. Es sei daher bedauerlich, dass der Rat der Europäischen Union beschlossen hat, das Verhandlungsmandat nicht öffentlich zu machen.
Zudem bekräftigt der Bundesrat seine in gleicher Sache gefasste Entschließung vom 7. Juni 2013 – BR-Drucksache 464/13. Mit dieser hatte er die Bundesregierung aufgefordert, darauf zu dringen, dass in den Verhandlungen über Investitionsregeln auf einen Interessenausgleich geachtet und das hohe Rechtsschutzniveau in Europa berücksichtigt wird.

TTIP – mehr Demokratie und Transparenz bei Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren

Gemeinschaftsveranstaltung der Landesvertretungen Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg „Europa und die USA sollten…

Gemeinschaftsveranstaltung der Landesvertretungen Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg

„Europa und die USA sollten gemeinsam die Regeln im weltweiten Handel definieren, das ist besser, als wenn andere das tun“, so Staatssekretär Michael Rüter, Niedersachsens Bevollmächtigter beim Bund, am 3. Juli in Berlin. Und weiter: Dazu gehört, dass Unternehmen sich den Gesetzen anzupassen haben, nicht umgekehrt. In Demokratien geht es zuerst um den Menschen, danach erst um das Kapital.“

Die Landesvertretungen Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg hatten gemeinsam eingeladen, ein Thema zu vertiefen, das im Internet und bei einigen Nichtregierungsorganisationen auf erhebliche Ablehnung stößt: Im Rahmen des TTIP – des geplanten Investitions- und Handelsabkommens zwischen der EU und den USA – soll auch über Bestimmungen zum Investitionsschutz und zu Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren geredet werden. Diese Bestimmungen sollen Unternehmen, die im Ausland investieren, besondere rechtstaatliche Grundrechte garantieren und ihnen eine Klagemöglichkeit gegen ihren Gaststaat vor einem Schiedsgericht öffnen. Kritiker befürchten, dass damit privat organisierten Schiedsgerichten die Macht gegeben wird, Entscheidungen demokratisch gewählter Parlamente auszuhebeln. Die gemeinsame Veranstaltung der drei Landesvertretungen sollte daher „zur Versachlichung der Diskussion beitragen, den Bundesländern eine Entscheidungshilfe bieten“, wie Volker Ratzmann, Dienststellenleiter der Landesvertretung Baden-Württemberg, umschrieb.

Dr. Patricia Nacimiento, Partnerin der Kanzlei Norton Rose Fulbright LLP und als Anwältin und Richterin in zahlreichen Schiedsverfahren erfahrene Praktikerin, erläuterte den Ablauf von Schiedsverfahren, betonte, dass diese dem Rechtsstaatprinzip folgen, fand sie normal und unproblematisch. Eine lehrreiche Einführung ins Thema, die sich allerdings zu den politischen Knackpunkten (mangelnde Rechtskonsistenz, Aushebelung demokratischer Entscheidungen, Ungleichbehandlung) ausschwieg. Auf entschiedenen Widerspruch der Podiumsteilnehmer stieß ihre Behauptung, dass nationale Gerichte nicht in der Lage wären, Verhandlungen in ausländischen Sprachen und unter Berücksichtigung ausländischer Rechtsordnungen zu führen.

Den Hinweis auf die Problematik der Sache holte Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung gründlich und pointiert nach: „Modernes Raubrittertum“ sei das, wenn Unternehmen Staaten wegen im Gemeinwohlinteresse getroffener Regeln verklagen, um Geld „abzuzocken“. Maier wusste von einer wachsenden Klagelawine, immensen Entschädigungsforderungen, vielen konkreten Fällen offensichtlichen Missbrauchs: Der in Deutschland bekannteste Fall ist sicherlich die Klage Vattenfalls gegen die Energiewende. Maiers Fazit: da er weder in der EU noch in den USA rechtsstaatliche Defizite entdecken könne, seien zusätzliche Klagerechte und Rechtswege für ausländische Unternehmen nicht nur „nicht notwendig“, wie Bundesminister Gabriel erklärt hatte, sondern sogar schädlich.

Prof. Dr. Steffen Hindelang von der Freien Universität Berlin stellte klar: dass sich die Europäische Union überstaatlichen Schiedsgerichten unterwerfen will, sei keine Selbstverständlichkeit. Zur Sicherung eigener Interessen im Ausland sei aber ein Rechtsweg besser als die klassische Kanonenbootpolitik. Das Völkerrecht sei, im Vergleich zu nationalem Recht, wie ein grobschlächtiger Metzger im Vergleich zu einem Herzchirurgen. Es provoziere auch Fehler. Professor Hindelang empfahl, einen „Goldstandard“ verbesserter Investitionsschutzklauseln auszuhandeln, der Missbrauch weitgehend ausschließt. Darin solle vorgesehen werden, dass spezielle überstaatliche Schiedsgerichtsverfahren erst dann zum Zuge kommen dürfen, wenn der nationale Rechtsweg gegangen, die nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft sind und zu offensichtlichen Fehlentscheidungen geführt haben.

Staatsrat Wolfgang Schmidt, Bevollmächtigter der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, erinnerte daran, dass Hamburg vom internationalen Handel lebt und deshalb an einem Handelsabkommen interessiert ist. Wie realistisch es ist, dies ohne Investitionsschutzbestimmungen zu bekommen, ließ er dahingestellt. Er empfahl: der Bundesrat solle bei der Abwägung seiner Möglichkeiten berücksichtigen, wie sich die vielen anderen – auch demokratisch gewählten – Parlamente in den USA und in der EU entscheiden. Deshalb solle man jetzt „die Chance nutzen, mehr Demokratie und Transparenz bei Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren zu erreichen“.

Bundesregierung will Asylrecht ändern

Länder geben keine Stellungnahme ab Der Bundesrat hat in seiner jüngsten Sitzung…

Länder geben keine Stellungnahme ab

Der Bundesrat hat in seiner jüngsten Sitzung im sogenannten ersten Durchgang keine Stellungnahme zu den Plänen der Bundesregierung zur Änderung des Asylrechts beschlossen. Der Bundestag wird über den Gesetzentwurf nun ohne vorheriges Votum der Länderkammer beraten.

Die Bundesregierung möchte Mazedonien, Serbien sowie Bosnien und Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten im Sinne des Asylrechts einstufen und gleichzeitig den Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und geduldete Ausländer erleichtern.

In ihrem Gesetzentwurf weist die Regierung darauf hin, dass die Zahl der in Deutschland von Angehörigen der genannten Staaten gestellten Asylanträge sprunghaft angestiegen ist. Von Januar bis März 2014 seien es 6.682 und damit über 20 Prozent aller Erstanträge gewesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsschutz lägen jedoch nur in wenigen Einzelfällen vor. Die Bearbeitung dieser – zumeist aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten – Anträge führte zu einer erheblichen Belastung für Bund, Länder und Kommunen und ginge im Ergebnis zulasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für die zeitnahe Bearbeitung ihrer Fälle weniger Kapazitäten zur Verfügung stünden. Die genannten Staaten sollen daher als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, um die Dauer der Asylverfahren zu verkürzen.

Zugleich möchte die Bundesregierung die Wartefrist für die Aufnahme einer Beschäftigung für Asylbewerber und geduldete Ausländer auf drei Monate verkürzen.

MP Stephan Weil für vorbehaltlose Abschaffung der Optionspflicht

Bundesrat nimmt Stellung zu Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz Die Bundesregierung will künftig verhindern,…

Bundesrat nimmt Stellung zu Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz

Die Bundesregierung will künftig verhindern, dass in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können. Mit einem entsprechenden Gesetzentwurf hatte sich jetzt der Bundesrat zu befassen. Für Personen, die durch ihren Aufenthalt enge Bindungen an Deutschland entwickelt haben, soll die Optionspflicht künftig ersatzlos entfallen. Ohne diese Gesetzesänderung müssten in den kommenden Jahren bis zu 40.000 Personen jährlich zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit der Eltern optiert werden.

Voraussetzung für den Wegfall der Optionspflicht ist, dass der/die Betroffene in Deutschland „aufgewachsen“ ist. In Deutschland ist „aufgewachsen“, wer sich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres acht Jahre gewöhnlich in Deutschland aufgehalten hat, sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat oder über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine in Deutschland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass diese Voraussetzungen von dem weit überwiegenden Teil der „ius soli-Deutschen“ erfüllt werden. Nur noch eine kleine Gruppe würde weiterhin der Optionspflicht unterliegen.

Wie kann Betroffenen geholfen werden, die bereits optiert haben, und entweder die deutsche Staatsangehörigkeit verloren oder ihre andere Staatsangehörigkeit zugunsten der deutschen aufgegeben haben? Der Gesetzentwurf verweist auf Ermessensentscheidungen im Rahmen des geltenden Staatsangehörigkeitsrechts. Im Falle des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit könne eine Wiedereinbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen werden. Sofern Optionspflichtige ihre ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben haben, kann ihnen vor einem beabsichtigten Wiedererwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit für die deutsche Staatsangehörigkeit eine Beibehaltungsgenehmigung erteilt werden.

Der federführende Innenausschuss empfahl dem Bundesrat, einige kleinere fachliche Korrekturen zu beschließen. Der mitberatende Ausschuss für Frauen und Jugend und der Ausschuss für Familie und Senioren empfahlen dem Bundesrat, die Initiative der Bundesregierung grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Es sei davon auszugehen, dass für ca. 90 Prozent der jetzt noch Betroffenen die Optionspflicht entfalle.

Der Bundesrat solle zudem an seiner Forderung nach vollständiger Abschaffung der Optionspflicht festhalten. Für sog. „Altfälle“, d.h. für solche Personen, die aufgrund der Optionsregelung auf die deutsche Staatsangehörigkeit verzichtet, oder ihre ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben haben, solle in den Gesetzentwurf ein Wiedereinbürgerungsanspruch bzw. eine Beibehaltungsgenehmigung eingefügt werden. Ohne eine entsprechende Ergänzung seien die Staatsangehörigkeitsbehörden zu umfassenden Einzelfallprüfungen verpflichtet, was erheblichen Verwaltungsaufwand und Kosten verursache. Ferner solle die Bundesregierung verpflichtet werden, das Gesetz nach einiger Zeit zu evaluieren.

„Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“ – mit diesen Worten begrüßte Ministerpräsident Stephan Weil den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Das geltende Staatsangehörigkeitsrecht aus dem Jahr 2000 habe bei tausenden von Betroffenen zu schweren Konflikten geführt. Sie waren gezwungen, sich nach Vollendung des 18.Lebensjahres zu entscheiden, ob sie Bürger des Landes ihrer Geburt oder Bürger des Landes ihrer Eltern sein wollten. Bei Umsetzung des Regierungsentwurfs ließen sich diese Konflikte in Zukunft vermeiden. Unabhängig von den praktischen Fortschritten, so Weil in seiner Rede vor der Länderkammer, „ wünsche ich mir ein klares, ein starkes Signal unseres Staates, dass wir … staatlicherseits alles tun, um das Bekenntnis zu der neuen Heimat und zu unserer Gesellschaft zu fördern“.

Der Bundesrat hat die empfohlene Stellungnahme mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen.

Prof. Dr. Michael Daxner stellt „Deutschland in Afghanistan“ vor

Der deutsche Einsatz in Afghanistan hat unser Land verändert Prof. Dr. Michael…

Der deutsche Einsatz in Afghanistan hat unser Land verändert

Prof. Dr. Michael Daxner, Herausgeber des Buches „Deutschland in Afghanistan“ und Thomas Kossendey, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, stellten dieser Tage in der Landesvertretung Niedersachsen das wissenschaftlich fundierte Werk einer breiteren Öffentlichkeit vor.

Michael Daxner: „Wir haben ein Lesebuch geschrieben. Der deutsche Einsatz in Afghanistan, militärisch und zivil, hat unser Land verändert und seine Wirkungen in Afghanistan gezeitigt. Deutschland in Afghanistan ist nicht so unvermittelt aus der Geschichte gefallen, wie viele meinen. Das Lesebuch möchte diejenigen animieren, die zu Afghanistan etwas zu sagen haben und nicht einfach mitreden wollen.“

In dem Buch wird von den Autorinnen und Autoren Berit Bliesemann de Guevara, Thorsten Bonacker, Agnieszka Brugger, Werner Distler, Michael Fuchs, Tom Koenigs, Hermann Kreutzmann, Florian P. Kühn, Robert Clifford Mann, Hannah Neumann, Eric Sangar, Carolin Stehr, Francesca Vidal und dem Herausgeber der zivile und militärische Einsatz in Afghanistan im Detail beschrieben und kritisch bewertet.

Das Buch beantwortet in wissenschaftlichen, journalistischen und essayistischen Beiträgen aus Forschung, politischer Reflexion sowie eigenem Erleben die Lage in Afghanistan. Dabei gibt es auch Einblicke in die Einsichten aus Politikerreisen nach Afghanistan.

Die Geschichte der deutschen Afghanistan-Beziehung wird in dem Buch in allen Facetten geschildert. Mit der Buchvorstellung und der anschließenden Lesung ist es den Autorinnen und Autoren gelungen, die festgefügten Meinungen über den Einsatz in Afghanistan aufzubrechen und einen erfahrenen Blick in die Rhetorik der Berichterstattung zu gewähren.

„Das transatlantische Freihandelsabkommen“ – Gewinn für wenige oder Wohlstand für alle?

MP Stephan Weil: Wettbewerb muss fair sein Rund 200 Besucher waren am…

MP Stephan Weil: Wettbewerb muss fair sein

Rund 200 Besucher waren am 20. Februar in die Niedersächsische Landesvertretung gekommen, um sich über die Verhandlungen zum Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen, kurz TTIP, zu informieren. Deutliche Worte stellte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil an den Beginn seines Impulsreferats: „Wir reden über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, der unmittelbaren Wettbewerb schafft. Wettbewerb aber muss fair sein. Wir brauchen das Vertrauen, dass beide Seiten es ernst meinen mit dieser Fairness.“ Völlig inakzeptabel sei es deshalb, dass die NSA millionenfach Daten sammele, Industrieunternehmen und selbst die Kanzlerin ausspioniere.

Das TTIP habe das Potential, ein Jahrhundertprojekt zu werden, so Stephan Weil weiter. Als Abkommen zwischen Partnern mit hohen Standards und weit entwickelten Rechtssystemen biete es die Chance, ambitionierte Benchmarks im internationalen Handel zu setzen. TTIP würde 45% der weltweiten Wirtschaftsleistung, ein Drittel des Güterhandels, zwei Fünftel des Dienstleistungshandels einbinden, also einen Kernbereich der Weltwirtschaft. Er sei dennoch nicht blind und von Euphorie weit entfernt, so Weil, denn es gebe auch Risiken: so z.B. ganz erhebliche Unterschiede im Verbraucherschutz, den Umweltstandards, der Arbeits- und Sozialordnung. Diese verbrieften Rechte der Europäer dürften nicht aufgegeben werden. Entscheidend sei aber, die Verhandlungen transparent zu führen. Der diesbezüglich gute Wille der Europäischen Kommission werde glaubhaft beteuert, korrespondiere aber nicht mit dem eigenen Eindruck. Stephan Weil gab abschließend eine, wie er sagte, „typisch sozialdemokratische“ Empfehlung: sich auf die Verhandlungen einlassen, aber immer wieder kontrollieren, ob man Potentiale erschließt oder gerade Risiken wahr macht.

Und dies ist die Essenz aus der anschließenden Podiumsdiskussion:

Dr. Thomas Steg, Konzernbevollmächtigter der Volkswagen AG: Ein bloßes Zollsenkungsabkommen wäre nachteilig für Deutschland. Man müsse schon schaffen, zukünftige Standards gemeinsam zu entwickeln – z.B. den Stecker für Elektroautos – oder aber das Abkommen sein lassen. Zu bedenken sei: Wenn Europa nicht mit den USA abschließt, werden die USA ein „transpazifisches“ Abkommen mit China, Japan und Korea schließen. Europa wäre abgehängt. Und hätte die Chance verpasst, in den USA einen Lernprozess zu Arbeitnehmerrechten auszulösen.

Werner Hilse, Präsident des Niedersächsischen Landvolkverbands: Zu unterschiedlich seien schon die Ernährungsgewohnheiten, die Vorstellungen von Risikovorsorge und Transparenz, bei Klontieren, GVO, der Behandlung von Nahrungsmitteln. Die Rückzugslinie in den Verhandlungen müsse sein, dem europäischen Verbraucher die Wahlfreiheit zu lassen. Viele Vorteile für den Agrarsektor sah Hilse nicht: Deutschland importiere aus den USA Rohstoffe wie Mais und Soja, exportiere in die USA vor allem hoch verarbeitete Produkte wie Wein und Käse, treffe damit dort aber auf enorme Schwierigkeiten. Selbst wenn sich diese Exporte in die USA verdoppeln ließen, wäre dies unerheblich im Vergleich zum Handel mit anderen Regionen.

Dr. Michael Kühn, Bevollmächtigter des ARD-Vorsitzes: Medien seien keine „Chlorhühnchen“, keine Handelsware, sondern hätten eine Vermittlungsfunktion zwischen Staat und Bürger. Dies sehen die Amerikaner anders, hier gibt es einen „kulturellen Unterschied“. „Audiovisuelle Medien“ seien zwar aus dem Mandat ausgeschlossen, mit Sorge sah Kühn aber, dass jetzt philosophiert wird, was darunter zu verstehen ist. Jede Einbeziehung der digitalen Wirtschaft in das Abkommen bedeute eine Stärkung Amerikas. Regulierungsziel müsse deshalb sein, die Meinungsvielfalt festzuschreiben.

Helmut Meine, IG-Metall-Bevollmächtigter Niedersachsen und Sachsen-Anhalt: Das Abkommen müsse faire Bedingungen, also gemeinsame Spielregeln in den Arbeitnehmerrechten schaffen. Die USA hätten nur zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert. Die Verhandlungen sollten so transparent geführt werden wie Tarifverhandlungen: dort zumindest kenne man die Verhandlungsführer und Ausgangspositionen. Bezeichnend für die Angst vor Transparenz sei, dass den Interessenvertretern, die die Europäische Kommission beraten sollen, bei ihrem ersten Treffen gesagt wurde, worüber sie nicht reden dürfen.

Harald Klimenta, Mitglied von „attac“: TTIP müsse weg! Die Wohlfahrtseffekte, die ausgerechnet wurden, seien spekulativ, jede Zinsentscheidung der EZB habe größeren Einfluss. Zudem dürfe man Wohlstand nicht nur über das Kriterium „Bruttosozialprodukt“ definieren, sondern müsse andere Kriterien einbeziehen: z.B. die Treibhausgasemissionen, die zusätzlicher Fernhandel verursacht. Es fehle die gesamte Dimension der Umweltstandards. „Kulturelle Unterschiede“ hätten ihre Berechtigung, durch sie verursachte Kosten sind von den Unternehmen zu tragen.

Fortschritte im Kongo-Konflikt

Informationsabend mit dem UN-Sonderbeauftragten Martin Kobler Der Krieg im Kongo ist in…

Informationsabend mit dem UN-Sonderbeauftragten Martin Kobler

Der Krieg im Kongo ist in der deutschen Öffentlichkeit ein wenig in Vergessenheit geraten. In den Medien wird über Afghanistan berichtet, über Mali und die Zentralafrikanische Republik und aktuell natürlich vor allem über die Lage in der Ukraine. Dabei ist der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo alles andere als befriedet und die Opferzahlen sind ungeheuerlich: In den letzten 20 Jahren sind in den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen regionalen Warlords und den Regierungstruppen des Kongo vermutlich zwischen fünf bis sechs Millionen Menschen getötet worden, überwiegend Zivilisten, Frauen, Kinder und Alte. Seit vielen Jahren versuchen auch die Vereinten Nationen, den Konflikt beizulegen. Seit 2010 auch mit militärischen Mitteln. Über den Stand dieser Mission, die unter dem Kürzel MONUSCO (Mission de l´Organisation des Nations unies pour la stabilisation en Republique démocratique du COngo) steht, berichtete kürzlich in einer Informationsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen in der Landesvertretung Niedersachsen der UN-Sonderbeauftragte und MONUSCO-Leiter Martin Kobler.

Der deutsche Berufsdiplomat Kobler leitet die UN-Mission im Kongo seit Juni vorigen Jahres und zog eine eher positive Bilanz. Dank des resoluten militärischen UN-Einsatzes (die Truppen dafür werden von Malawi, Tansania und Südafrika gestellt) sei es der kongolesischen Armee gelungen, die drei größten Guerillabewegungen im Osten des Kongo, nämlich die berüchtigte M 23, die FDLR und die ADT weitgehend zu neutralisieren. Befriedet sei die Provinz Kattanga damit jedoch noch nicht. Immer wieder flackerten Kämpfe auf und von einer Wiederherstellung der staatlichen Strukturen könne noch lange keine Rede sein.

„Das geht nicht von heute auf morgen“, sagte Kobler, der von „verwüsteten Landstrichen“ sprach. Es gebe keine Infrastruktur, keine funktionierenden Verkehrswege und nicht mal genug zu essen für die kongolesischen Polizisten. Gerade in dieser Phase aber benötige die UN-Mission eine stärkere Unterstützung, „auch durch Deutschland“, betonte Kobler. Nach seinen Angaben sind derzeit mehr als 20.000 aus mehr als 100 verschiedenen Nationen als „Peacekeeper“ im Kongo tätig. Das koste die Vereinten Nationen rund 1,4 Milliarden Dollar im Jahr, davon trage Deutschland über seine Beiträge einen Anteil von etwas mehr als sieben Prozent. Ansonsten aber halte sich Deutschland auffällig zurück.

Mit Interesse habe er die Äußerungen der neuen deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zur Kenntnis genommen, die von einem stärkeren deutschen Engagement auch in Afrika gesprochen habe, sagte Kobler. Gemeint seien damit aber nur die afrikanischen Staaten, für die sich Frankreich als Schutzmacht betrachte, nicht aber der Kongo. Dabei sei aber gerade der Osten dieses großen Landes mit seinen reichen Bodenschätzen von riesiger wirtschaftlicher Bedeutung. Neben vielen anderen seltenen Mineralien werde im Osten des Kongo auch das Erz Coltan abgebaut, aus dem dann das Metall Tantal gewonnen wird – und das wiederum wird in Digitalkameras, in Laptops, Flachbildschirmen und besonders in Mobiltelefonen verwendet. „Jeder, der ein Handy hat, trägt damit auch ein Stück Kongo mit sich“, verdeutlichte der UN-Sonderbeauftragte.

Die reichen Bodenschätze weckten natürlich Begehrlichkeiten. Der Abbau der Rohstoffe erfolge in einer Vielzahl von meist illegalen Erz-Minen, die häufig von regionalen militärischen Banden kontrolliert würden. Ein in Deutschland entwickeltes Verfahren, mit dem nachverfolgt werden kann, woher die illegal abgebauten Bodenschätze stammen, könne dabei helfen, dem Land die dringend notwendigen Einnahmen aus dem Abbau zu sichern.

Im Anschluss an den Vortrag von Martin Kobler kam es zur Diskussion, an der sich auch viele der rund 180 Zuhörerinnen und Zuhörer aktiv beteiligten, darunter auch die Botschafterin Ruandas in Deutschland. Die eher positive Bilanz Koblers wurde dabei nicht von allen Rednern geteilt. Die Frage, welche Alternative es zu der UN-Mission denn gebe, konnte jedoch nicht beantwortet werden.