Späte Entschädigung bei Ghetto-Renten
Die Bundesregierung hat den „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto“ auf den Weg gebracht.
Basierend auf einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Juni 1997 regelt das im Jahr 2002 beschlossene Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) die Anerkennung von Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung, die von NS-Verfolgten in einem unter der NS-Herrschaft eingerichteten Ghetto ausgeübt wurde. Des Weiteren enthält das ZRBG besondere Regelungen zur Rentenberechnung und zur Zahlung dieser Renten in das Ausland. Nach dem ZRBG ergibt sich ein frühestmöglicher Rentenbeginn am 1. Juli 1997, sofern der Antrag bis zum 30. Juni 2003 gestellt wurde. Rund 90 Prozent der Anträge auf Renten nach diesem Gesetz waren jedoch auf der Grundlage einer engen Rechtsauslegung des BSG abgelehnt worden.
Im Juni 2009 gab das BSG diese Rechtsauffassung auf. Aufgrund der veränderten Rechtsprechung konnte nachträglich in über 50 Prozent der zunächst abgelehnten Fälle eine Rente bewilligt werden. Wegen der im Sozialrecht allgemein geltenden vierjährigen Rückwirkungsfrist wurden diese Renten jedoch nicht ab Juli 1997, sondern in der Regel erst ab Januar 2005 gezahlt. Zum Ausgleich für den späteren Rentenbeginn wurden Rentenzuschläge geleistet. Von den überwiegend hochbetagten NS-Verfolgten, die unter unmenschlichen Bedingungen in einem Ghetto gearbeitet haben, wird die auf vier Jahre begrenzte Nachzahlung der Renten trotz der Zuschläge als großes Unrecht empfunden. Dies zeigte auch die zu dieser Thematik vom Deutschen Bundestag am 10. Dezember 2012 durchgeführte Anhörung von Sachverständigen. Die Bundesregierung möchte diesen offensichtlich unbefriedigenden Zustand verbessern. Mit diesem Gesetz soll den berechtigten Interessen der ehemaligen Ghettobeschäftigten an einer angemessenen Würdigung ihrer Ghettoarbeit in der gesetzlichen Rente Rechnung getragen werden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor: Die vierjährige Rückwirkungsfrist des § 44 Absatz 4 SGB X wird auf Renten nach diesem Gesetz nicht mehr angewendet. Die Antragsfrist 30. Juni 2003, die für einen Rentenbeginn zum 1. Juli 1997 einzuhalten war, wird gestrichen. Die Renten, die bisher wegen der vierjährigen Rückwirkungsfrist oder wegen verspäteter Antragstellung ab einem späteren Zeitpunkt gezahlt wurden, werden auf Antrag zum 1. Juli 1997 neu festgestellt und gezahlt, sofern die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind.
Damit trägt die Bundesregierung einem Anliegen der betroffenen Menschen Rechnung, das bereits der Bundesrat aufgegriffen hatte: Auf Antrag der Länder NW, BW, HB und BB -und mit den Stimmen Niedersachsens- hatte der Bundesrat die Bundesregierung am 20.09.2013 aufgefordert, umgehend einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen, der Rentenzahlungen für Beschäftigungen in einem Ghetto rückwirkend ab 1997 ermöglicht.
Bessere Integration durch Doppel-Pass
Ebenso hat das Bundeskabinett den „Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts“ beschlossen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass sich Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, künftig nicht mehr zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden müssen.
Die derzeitige Rechtslage sieht vor, dass in Deutschland geborene Kinder, deren ausländische Eltern sich als Inhaber eines unbefristeten Aufenthaltsrechtes seit acht Jahren gewöhnlich in Deutschland aufhalten, neben der Staatsangehörigkeit der Eltern auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Bislang muss sich das Kind allerdings mit Eintritt der Volljährigkeit zwischen der deutschen und der durch Abstammung erworbenen Staatsangehörigkeit der Eltern entscheiden (optieren). Hat es sich bis zum 23. Geburtstag nicht entschieden, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren.
Diese „Optionspflicht“ soll künftig für Kinder entfallen, die in Deutschland aufgewachsen sind. Laut Gesetzentwurf ist in Deutschland aufgewachsen, wer sich bis zum 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in Deutschland aufgehalten oder sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat. Die Optionspflicht entfällt auch für diejenigen, die über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Eine im Gesetzesentwurf enthaltene Härtefallklausel soll für Einzelfallgerechtigkeit sorgen.
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich wie folgt zur Neuregelung der Optionspflicht geäußert: „Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Kompromiss. Auch wenn wir uns mehr gewünscht hätten, geht er in die richtige Richtung. Für den größten Teil der Betroffenen ist dies eine deutliche Verbesserung gegenüber der heutigen Gesetzeslage. Die genaue Regelung muss unbürokratisch sein und darf vor allem die jungen Menschen nicht belasten, aber auch den von Kommunen zu leistenden Aufwand gering halten.“
EEG-Reform
Das Bundeskabinett hat schließlich den Gesetzentwurf für eine Novellierung des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. „Wir haben in sehr kurzer Zeit die Voraussetzung für einen Neustart der Energiewende geschaffen“, betonte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).
Die grundlegende Reform des EEG hat zum Ziel, mithilfe von verbindlichen Ausbaukorridoren den Ausbau der erneuerbaren Energien für alle Beteiligten planbarer zu machen. Zudem soll der weitere Kostenanstieg spürbar gebremst werden. Und schließlich sollen mit der Novelle des EEG die erneuerbaren Energien stärker an den Markt herangeführt werden.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix soll in Korridoren ausgebaut werden: 40 bis 45 Prozent soll er bis 2025 betragen und 55 bis 60 Prozent bis 2035. Anlagen, die 2015 ans Netz gehen, sollen durchschnittlich mit etwa zwölf Cent pro Kilowattstunde (kWh) gefördert werden.
Ökostrom hat sich, dank der Förderung durch das EEG, vom Nischenprodukt zu einem wichtigen Baustein im Strommix entwickelt. Ziel der Bundesregierung ist es, die Förderung abzubauen und Ökostrom schrittweise in den Markt zu integrieren. Deshalb sollen neue Ökostrom-Anlagen ihren Strom direkt vermarkten. Die Pflicht für alle Neuanlagen soll in Stufen kommen.
Die Kosten für die Energiewende sollen angemessen auf alle Akteure verteilt werden. Auch Eigenversorger sollen einbezogen werden, ausgenommen wird nur der Kraftwerkseigenverbrauchs. Somit soll ermöglicht werden, die Höhe der EEG-Umlage für alle Stromverbraucher zu begrenzen.
Im Zusammenhang mit der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch beschlossen. Sie setzt damit eine Forderung des Koalitionsvertrags um.
Dieser sieht für Windenergie an Land vor, länderspezifische Regelungen für Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbauten zu ermöglichen. Diese Vorgabe trägt zum einen dem Umstand Rechnung, dass die Akzeptanz von Windenergieanlagen vielfach von deren Entfernung zu Wohnbauten abhängt. Zum anderen kann die Ausgangslage in den einzelnen Bundesländern, aufgrund der topographischen Verhältnisse, unterschiedlich sein.