Schweineflüsterer Kees Scheepens: Gucken. Denken.Tun
Parlamentarischer Abend der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands

- Heinrich Dierkes, Vorsitzender der ISN, eröffnet den Abend
- Dr. Kees Scheepens und Dr. Karl-Heinz Tölle, ISN Projekt GmbH, und Moderator des Abends
- Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, bei seinem Grußwort
Ist mein Schwein glücklich? Das erkennt man am Ringelschwanz. Ist der Ringel im Schwanz, fühlt das Schwein sich wohl. Hängt der Schwanz schlapp nach unten oder wird zwischen die Beine geklemmt, deutet das auf Probleme. Was Schweine zum Thema „Tierwohl“ melden, erklärte Schweineflüsterer Dr. Kees Scheepens am 31. Mai den Gästen des Parlamentarischen Abends der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands.
Nicht der „Tierschutz mit dem Zollstock“, wie ihn die Tierschutznutztierhaltungsverordnung normiert, ist der Weg zu mehr Tierwohl, sondern: Gucken. Denken. Tun. Vor allem anderen: erst einmal genau hinsehen. Nicht betriebsblind durch den Stall laufen. Die Körpersprache der Tiere lesen lernen. Das war die Kernbotschaft, die Dr. Scheepens versuchte, an diesem Abend an den Mann (bzw. an den Landwirt) zu bringen. „Das Auge des Herrn macht das Vieh fett“ – eine alte Weisheit, die bei immer größeren Beständen, weniger Zeit pro Tier, zunehmender Robotik und Datenerfassung im Stall, aus dem Blick zu geraten droht.
Und: Schweine weinen, wenn es ihnen nicht gutgeht. Auch das lässt sich durch Beobachten feststellen, denn die „Blutstränen“ hinterlassen braune Spuren unter den Augen. Schweine sind, nach Schimpansen, Delfinen und Krähen, die viert-intelligentesten Tiere überhaupt, und damit die intelligentesten Nutztiere in unseren Ställen. Sie wollen beschäftigt sein, wollen wühlen, wollen Futter suchen. Der Schweineschwanz, so Dr. Scheepens, ist der Tierwohlindikator Nummer 1. Schwanzbeißen ist ein untrügliches Anzeichen für Probleme im Stall, der intakte Ringelschwanz hingegen ein pragmatischer, leicht feststellbarer Indikator für Schweine, die sich wohlfühlen.
Erst gucken. Dann denken. Dann erst tun. Das kostet bis zu 50% mehr Zeit pro Tier, als der durchschnittliche Landwirt aufwendet. Landwirte, die meist ohnehin schon weit über 60 Stunden die Woche arbeiten, könnten diesen zusätzlichen Aufwand nur stemmen, wenn sie weniger Tiere halten, weniger verkaufen, weniger Geld verdienen. Oder aber – und nur das kann der faire Weg zu mehr Tierwohl sein: höhere Preise für ihre Schweine bekommen. Das heißt aber, dass wir Verbraucher nicht nur über Tierwohl reden und mehr Tierwohl fordern, sondern dass wir bereit sind, den Preis dafür zu zahlen: an der Supermarktkasse, für Fleisch aus tiergerechter Haltung. Wer beim Fleisch zum Billigangebot greift, hat kein Recht, über Tierhaltung zu klagen.
Hut ab: Bemerkenswert ist, dass die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands ISN – und damit die eher größeren und wettbewerbsstarken Schweinehalter – sich diesen faszinierenden Referenten eingeladen hatte. Das zeigt, dass sich diese Gruppe nicht in ideologischen Gräben verschanzt, sondern bereit ist, sich den Fragen der Gesellschaft zu stellen, zu schauen, zu denken. Und dann auch zu tun, wenn sich das rechnet und die Familie ernährt.
Mit Recht erinnerte Heinrich Dierkes, Vorsitzender der ISN, in seiner Begrüßung die Gäste daran, dass viel mehr Bauern sehr gerne bei der „Initiative Tierwohl“ einsteigen würden, der Einzelhandel dafür aber nicht genug Geld zur Verfügung stellt. Und noch ein weiteres Anliegen hatte Dierkes an Bürger und Politik: Es gibt Organisationen, deren Geschäftsmodell das Spendensammeln mit Hilfe von manipulativen Bildern im Internet ist. Bilder, die bei Einbrüchen in Ställe widerrechtlich gedreht wurden. Mit Texten, die Missstände und Rechtsverstöße behaupten, wo dann aber die Nachforschung ergibt, dass diese Behauptungen haltlos sind.
Landwirte, die sich nachweislich korrekt verhalten, werden mit ihren Familien namentlich im Internet genannt und verleumdet. Gerichtliches Vorgehen dagegen bleibt wirkungslos, weil die Server im Ausland stehen und deren Betreiber sich weigern, die Einträge zu löschen. Das ist Mobbing. Dagegen sollten wir gemeinsam solidarisch Front machen.
Fotos: Timo Poschadel