Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einstimmig beschlossen
Niedersachsen trägt großes Reformpaket mit

Einstimmig hat der Bundesrat am 2. Juni 2017 die insgesamt 13 Grundgesetzänderungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen. Auch das Begleitgesetz zur Regelung der Details wurde einstimmig beschlossen. Beide Gesetze hatten am Tag zuvor den Bundestag passiert. Der lange Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern ist damit beendet und eines der größten Reformprojekte dieser Legislatur verabschiedet.
Die Gesetzespakete setzen die am 14. Oktober 2016 von den Regierungschefinnen und Regierungschefs beschlossenen Vereinbarungen um. Sie beinhalten eine Vielzahl von Verfassungsänderungen und einfachgesetzlichen Regelungen zu den folgenden Bereichen:
Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Das bisherige bundesstaatliche Finanzausgleichssystem wird ab 2020 strukturell umgestellt. „Wir ändern ein Stück weit die Architektur unserer föderalen Finanzordnung, aber wir sind ein Bundesstaat“, räumte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kurz vor der Abstimmung im Bundestag ein. Zwar sei der Schritt nicht unproblematisch, aber man müsse gesamtstaatliche Lösungen finden.
Abgeschafft wird der stets streitbefangene Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form – ein Ausgleich erfolgt dann ab 2020 über die Umsatzsteuer. Zunächst erhalten Bund, Länder und Gemeinden – wie bisher – den ihnen allein und auch aus dem gemeinschaftlich zustehenden Anteil am Steueraufkommen. Die Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer erfolgt zukünftig nach der Einwohnerzahl; der umstrittene Umsatzsteuervorwegausgleich entfällt. Eine erste Anpassung der Finanzkraft der Länder untereinander erfolgt durch Zu- und Abschläge auf das zustehende Umsatzsteueraufkommen. Durch diese Änderungen werden die finanzstarken Länder von direkten Zahlungen an andere Länder entlastet.
Zum weiteren Heranführen leistungsschwächerer Länder an den Finanzkraftdurchschnitt steigen die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen. Zudem wird der Bund leistungsschwachen Ländern neue Zuweisungen gewähren, um Steuerkraftunterschiede auf Gemeindeebene auszugleichen oder wenn Länder nur unterdurchschnittlich an der Forschungsförderung partizipieren.
Diese Änderungen bewirken, dass alle Länder von dem neuen System profitieren.
Dafür beteiligt sich der Bund an dem neuen Ausgleichsystem und stellt zusätzlich rund 9,7 Milliarden Euro bereit, teils durch Abtreten von Umsatzsteueranteilen, teils als Sanierungshilfe (für die Länder Bremen und Saarland) oder über die neuen Zuweisungen.
Kommunale Investitionen werden gefördert
Der Bund wird finanzschwachen Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Sanierung von Schulen gewähren. Durch die Änderung des Grundgesetzes wird das sogenannte Kooperationsverbot aufgebrochen und der Bund kann die kommunale Bildungsinfrastruktur mitfinanzieren.
Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft
Der Bund wird eine Infrastrukturverwaltung für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen errichten, die die bisher in Auftragsverwaltung von den Ländern wahrgenommenen Planungen, den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung dieser Straßen wahrnehmen soll.
Niedersachsen hat sich von vornherein gegen die grundlegende Neuordnung beim Bundesfernstraßenbau ausgesprochen und dies auch zum Ausdruck gebracht – zu verhindern war die Aufgabenverlagerung jedoch nicht. Zumindest ist die im Regierungsentwurf enthaltene lange diskutierte Privatisierungsoption in der parlamentarischen Diskussion letztendlich ausgeschlossen worden. Nun muss der Bund schnellstmöglich Klarheit für die Bediensteten und die Länder über den Erhalt der Arbeitsplätze und die organisatorischen Strukturen schaffen und seine Konzeptionen bekanntgeben. Dieser Notwendigkeit hat Niedersachsen durch Protokollerklärungen zu beiden Gesetzen im Bundesrat noch einmal Gewicht verliehen.
Mehr Geld für Alleinerziehende
Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss wird deutlich ausgeweitet, so dass alleinerziehende Elternteile längere Unterstützung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ihrer Kinder erfahren.
Strukturelle Veränderungen
In weiteren von den Ländern wahrgenommenen Aufgabenbereichen sichert sich der Bund erweiterte Steuerungsrechte und zum Teil sehr umfassende Prüf- und Kontrollrechte. Ferner werden die Berichts- und Auskunftspflichten der Länder zum Teil deutlich ausgedehnt.
- Bei Zuweisungen zweckgebundener Finanzmittel an die Länder und bei Mischfinanzierungen erhält der Bund erweiterte Prüfrechte.
- Das Onlineangebot für Verwaltungsleistungen soll erheblich ausgedehnt werden. So will der Bund ein Online-Zugangsportal errichten, über das Verwaltungsleistungen aller staatlichen Ebenen erreichbar sein werden.
- Im Bereich der Steuerverwaltung werden die Kompetenzen des Bundes erhöht, dies gilt insbesondere für den Bereich des IT-Einsatzes.
- Die Rechte und Kompetenzen des Stabilitätsrates werden gestärkt; er soll ab 2020 die Einhaltung der Schuldenbremse sowohl vom Bund als auch von den Ländern überwachen.
Fazit
Sowohl der Bund als auch jedes einzelne Land haben im Laufe der langwierigen und äußerst intensiv geführten Verhandlungen bei ihren teilweise sehr gegensätzlichen Interessen Zugeständnisse machen müssen und auch gemacht. Nur dadurch konnte ein Ausgleich der unterschiedlichsten Interessen in einem fairen Kompromiss erreicht und letztendlich in den nun verabschiedeten Gesetzen normiert werden. Hierdurch ist – wie die Ministerpräsidentinnen und –präsidenten in ihren Reden im Bundesrat hervorhoben – ein deutliches Signal für unseren funktionierenden Föderalismus gesetzt worden.