Tabakerzeugnis-Verordnung: viel Dampf um nichts?
Die E-Zigarette hat eine Zukunft mit Menthol

Rauchen ist gesundheitsschädlich, keine Frage. Hinterfragt wird aber, ob dies den Staat veranlassen sollte, gegen das Rauchen vorzugehen. Kinder und Jugendliche schützen, das wird noch verstanden. Aber mündige Erwachsene sollten doch wissen, was sie tun? Die Zigarettenindustrie stellt klar: „You decide!“
Die Europäische Kommission und der deutsche Gesetzgeber hingegen versuchen, den Rauchern das Rauchen so richtig zu verekeln, mit Warnhinweisen und Schockbildern auf den Packungen. Jetzt wurde nachgelegt. Der Bundesrat beriet die Zweite Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung. Antragslage und Stimmverhalten zeigten, dass das Rauchen die Gemüter erhitzt: Den einen geht die Gesundheit vor, den anderen die Arbeitsplätze in der Tabakwirtschaft.
Der Schuss mit den Schockbildern könnte übrigens nach hinten losgehen: Bereits vier nicht(!)rauchende Kolleginnen und Kollegen beklagten sich bei mir ungefragt, dass sie es als Zumutung empfinden, beim Warten an der Supermarktkasse auf Teerlungen und Raucherbeine blicken zu müssen. Diese Art des Moralisierens mit erhobenem Zeigefinger sei keine gute Werbung für die Europäische Union… Es wird allerdings kaum altruistische Rücksichtnahme sein, die einige Einzelhändler jetzt veranlasst hat, die Schockbilder hinter sog. „Produktkarten“ zu verstecken. Die werden im Regal vor die Packungen gesteckt, so dass einen jetzt doch wieder die vertrauten Logos anlachen. Das Gesetz verlangt zwar, dass die Schockbilder beim „Inverkehrbringen“ sichtbar sind. Aber dies „Inverkehrbringen“, argumentiert die Tabakwirtschaft, beginne nicht schon im Regal, sondern erst, wenn die Ware über den Tresen gereicht wird. Augenzwinkernde Schutzbehauptung, oder, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium meint, klarer Rechtsbruch? Ein Bundesland beantragte auf Ausschussebene, in der Verordnung unmissverständlich klarzustellen, dass das „Inverkehrbringen“ das „Anbieten zum Verkauf“ mit einschließt. Der Bundesrat hat diese Textänderung beschlossen, Niedersachsen hat sich zu dieser Frage enthalten.
Rauchen ist gesundheitsschädlich. Aber muss das „Dampfen“ von E-Zigaretten deshalb mit gleicher Verve verfolgt werden? Die Hersteller von E-Zigaretten argumentieren, dass der Dampf ihrer Produkte nicht den „Teer“ enthält, der das Tabakrauchen so gesundheitsschädlich macht. Sie gehen sogar so weit, E-Zigaretten als Tabakersatz zum Ausstieg aus dem Rauchen anzupreisen. (Nikotin ist zwar auch drin, macht aber bloß (?) süchtig.)
Der jetzt im Bundesrat diskutierte Verordnungsvorschlag legt dennoch fest, dass in E-Zigaretten keine Stoffe enthalten sein dürfen, die den Eindruck erwecken, das „Dampfen“ sei gut für die Gesundheit oder Vitalität. Ebenso verboten sind Stoffe, die das Inhalieren erleichtern sollen. Die Bundesregierung wollte deshalb den Zusatz von Menthol in den Liquids verbieten. Zwei Bundesländer widersprachen. Denn, so argumentierten sie: in E-Zigaretten diene Menthol gar nicht zur Erleichterung des Inhalierens, sondern allein zur Aromatisierung. Und die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und gesundheitlichen Bewertungen reichten nicht aus für ein generelles Mentholverbot.
Der Bundesrat –inklusive Niedersachsen- haben sich dieser Auffassung angeschlossen, also dafür gesorgt, dass Menthol weiterhin in E-Zigaretten eingesetzt werden kann.