Moderne IT- Architektur für Bundeskriminalamt
Boris Pistorius: Funktionierende grenzübergreifende Zusammenarbeit notwendig für Kampf gegen Terrorismus

Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag auch einer Reform des Bundeskriminalamtgesetzes mit den Stimmen Niedersachsens zugestimmt. Durch das Gesetz soll der rechtliche Rahmen für eine grundlegende Modernisierung der polizeilichen IT-Systeme geschaffen werden. Diese stammen in ihrer Grundstruktur noch aus den 70er Jahren. Das Projekt „Polizei 2020“ ist somit gestartet.
Modernisierung der IT-Systeme
Das Bundeskriminalamt, kurz BKA, soll über eine moderne IT-Architektur zukunftsgerichtet aufgestellt und der polizeiliche Informationsfluss verbessert werden. Dafür soll das BKA IT-Kompetenzzentren entwickeln, in denen es modernste Technik für die kriminalpolizeiliche Arbeit und polizeiliches Fachwissen bündelt.
Eine wichtige Neuerung des Gesetzes ist auch die Optimierung des europaweiten Informationsaustausches. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius lobte in seiner Plenarrede gerade diesen Punkt: „Nur durch eine funktionierende grenzübergreifende Zusammenarbeit inklusive eines einheitlichen Datenaustauschs ist es möglich, Kriminalitätsphänomene wie Terrorismus, Cybercrime, den Schutz kritischer Infrastrukturen und Wohnungseinbruche effektiv zu bekämpfen.“
Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts
Das Gesetz setzt daneben auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 um. Damals hatten die Karlsruher Richter das BKA-Gesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt, da die Befugnisse zur Terrorabwehr zu sehr in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingriffen. Die Neuregelungen stärken nun den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung sowie den der Berufsgeheimnisträger und unterliegen strengeren Anforderungen an Transparenz. Gestärkt wurden insbesondere auch der individuelle Rechts- und der Datenschutz.
Befugnisnorm für Fußfessel für Gefährder
Mit dem Gesetz wird zudem eine Befugnisnorm für die sogenannte elektronische Fußfessel für Gefährder geschaffen, an der sich künftig auch die Landespolizeigesetze orientieren können. Damit zieht die Bundesregierung weitere Konsequenzen aus dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche Ende letzten Jahres. Dieser Aspekt ist in der Öffentlichkeit viel und kontrovers diskutiert worden.
Auch Pistorius ging auf diese Diskussion in seiner Rede ein: „Wir als Land Niedersachsen unterstützen diese Maßnahme ausdrücklich und beabsichtigen auch in unserem Polizeigesetz eine derartige Neuregelung zu verankern.“ Er bat daher auch die anderen Bundesländer, auf ihrer Landesebene die elektronischen Überwachungsmöglichkeiten gesetzlich zu ermöglichen, damit zum Schutz vor Gefährdern bundesweit möglichst einheitliche Standards herrschen.
Allerdings verwies er auch darauf, dass eine elektronische Fußfessel kein Allheilmittel sei: „Zwar wird auch die elektronische Aufenthaltsüberwachung keine Anschläge verhindern können, die etwa auf einen kurzfristigen Impuls oder eine Affekthandlung des Attentäters zurückgehen“. Aber, so Pistorius weiter, er sei davon überzeugt, dass die Wahrscheinlichkeit, im schlimmsten Fall einen kurz bevorstehenden Anschlag zu verhindern, durch die elektronische Überwachung erhöht werden kann.
Auf Grundlage des Gesetzes kann das BKA potentielle Attentäter verpflichten, auf Anordnung eines Richters ein solches Überwachungsgerät bei sich zu führen. Zur Gefahrenabwehr kann es Personen untersagen, sich von ihrem Wohnort zu entfernen. Voraussetzung für derartige Maßnahmen ist allerdings, dass keine Landespolizei zuständig ist.
Anmerkungen des Bundesrates
Als sich der Bundesrat im Februar dieses Jahres erstmalig mit dem damaligen Gesetzesentwurf befasst hat, hat er in seiner Stellungnahme die Bundesregierung gebeten u.a. zu prüfen, ob das neue Datenschutzkonzept des Gesetzentwurfs den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genügt. Außerdem fürchtete er Informationsdefizite, sollte der Gesetzentwurf die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten von Kontakt- und Begleitpersonen der Gefährder nicht zulassen. Auch insoweit bat der Bundesrat um Prüfung.
Bei der geplanten Fußfessel äußerte er zudem finanzielle Bedenken. So sei damit zu rechnen, dass das Überwachen dieser Maßnahme nicht durch das BKA erfolgen kann, sondern der jeweiligen Landespolizei obliegt. Die hierdurch entstehenden Kosten solle der Bund tragen.
Nachbesserungen am Gesetzesentwurf
Der Bundestag hat die Anregungen der Länder teilweise in seinen Beratungen aufgegriffen. Darüber hinaus wurden u.a. nachfolgende Änderungen im Wege des weiteren Gesetzgebungsverfahrens beschlossen:
- Auf eine geplante Neuregelung der Löschfristen wurde verzichtet. Der Gesetzesentwurf hatte vorgesehen, dass die Speicher- bzw. Löschfristen für alle zu einer Person gespeicherten Daten von vorn beginnen, sobald eine beliebige neue Eintragung hinzukommt, selbst wenn diese nichts mit den alten Vorgängen zu tun hat z. B. eine Eintragung als Zeuge. Betroffen gewesen wären auch Personen, die lediglich wegen eines Verdachts gespeichert wurden, denen eine Straftat aber nicht nachgewiesen werden konnte (sog. Mitziehautomatik). Diese Änderung hätte zu ausufernden und dauerhaften Speicherungen geführt.
- Zudem wurde eine Übergangsvorschrift bei den Altdatenbeständen geschaffen. Im Ergebnis bewirkt die Vorschrift eine Fortgeltung der bisherigen Errichtungsanordnungen für Altdatenbestände. Durch die Übergangsvorschrift wird eine ressourcenaufwändige Nachkennzeichnung der Altdatenbestände vermieden.