EU Winterpaket – Bundesrat nimmt umfassend Stellung zu Teil II
Vom Europäischen Energierahmen hin zum Energiebinnenmarkt

Als Fortsetzung zum Plenum am 31. März beriet der Bundesrat am vergangenen Freitag weitere Dokumente aus dem sogenannten Winterpaket zur Energieunion, die den Europäischen Energierahmen weiterentwickeln und zu einem funktionierenden Energiebinnenmarkt zusammenführen sollen.
Da war zunächst ein Verordnungsvorschlag, der die Erweiterung der Entscheidungskompetenzen der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zum Ziel hat. Damit soll die Bedeutung von ACER bei grenzüberschreitend relevanten Energieregulierungsfragen gestärkt werden. Genau daran übt allerdings der Bundesrat Kritik, er lehnt eine Ausweitung von Letztentscheidungskompetenzen ab. Auch in der Erweiterung des Aufgabenbereichs des Gebotszonenzuschnitts sieht er einen massiven und unverhältnismäßigen Eingriff in die Kompetenz der Mitgliedstaaten. Das Modell der Kommission zu den regionalen Betriebszentren überzeugen aus Sicht des Bundesrates ebenfalls nicht.
Eine zweite Verordnung betrifft den Elektrizitätsbinnenmarkt mit der Neufassung der bisherigen Verordnung über die Netzzugangsbedingungen im Strombereich. Hier geht es konkret um die Festsetzung von Rechtsgrundsätzen für die Stromhandelsvorschriften innerhalb unterschiedlicher Zeitbereiche bzw. Märkte, grenzüberschreitende Stromflüsse oder die Einführung marktkompatibler Kapazitätsmechanismen. In diesem Zusammenhang spricht sich der Bundesrat, auf Initiative Niedersachsens, dafür aus, dass der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien uneingeschränkt erhalten bleibt. Damit verbunden fordert er den Ausbau der Grenzkuppelstellen und der europäischen Netze sowie Lösungen, die gewährleisten, dass die Klimaschutzziele nicht durch CO2-intensiv erzeugtem Importstrom konterkariert werden. Beim angesprochenen Thema „Energiearmut“ vermisst der Bundesrat konkrete Handlungsansätze oder strategische Überlegungen zu wirksamen Gegenmaßnahmen.
Die Neufassung der sogenannten „Binnenmarkt-Richtlinie Strom“ ist ebenfalls Gegenstand des Winterpakets und wurde somit am Freitag von der Länderkammer beraten. Mit dieser Initiative zur Neugestaltung des Strommarktes soll eine Anpassung an die derzeitigen Vorschriften sowie an geänderte Marktgegebenheiten erfolgen und sichergestellt werden, dass Strom jederzeit zu angemessenen Preisen dorthin gelangt, wo er am meisten benötigt wird. Es soll in den Bereichen Erzeugung, Übertragung, Verteilung, Speicherung und Endverbrauch ein einheitlicher Rahmen für die europäischen Strommärkte geschaffen werden. Der Bundesrat griff in seiner Stellungnahme im Wesentlichen Verbraucherschutzaspekte, wie Tarifgestaltung, Verbrauchsmesssysteme oder die Definition von Energiearmutskriterien.
Schließlich ging es um einen Richtlinienvorschlag über die Nutzung von erneuerbaren Energien und deren Förderungsrahmen im Zeitraum 2021 bis 2030. In dem Vorschlag wird als verbindliches Gesamtziel der EU für 2030 festgelegt, dass der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch der EU mindestens 27 Prozent beträgt.
Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass dieser Zielwert in den drei Sektoren Elektrizität, Wärme und Kälte sowie im Verkehr auf kostenwirksame Weise erreicht wird. Die von den einzelnen Mitgliedstaaten zu leistenden Beiträge zu diesem übergeordneten Ziel sollen im Rahmen der integrierten nationalen Energie- und Klimapläne festgelegt und der Kommission mitgeteilt werden. Der Bundesrat bringt in seiner Stellungnahme die Sorge zum Ausdruck, dass ohne verbindliche Vorgaben zu Mindest-Ausbaumengen für jeden Mitgliedstaat dass das EU-Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am EU-Endenergieverbrauch verfehlt wird. Daher spricht sich der Bundesrat für die Einführung verbindlicher Mindest-Ausbauziele für erneuerbare Energien für jeden Mitgliedstaat sowie entsprechende Sanktionsregelungen bei Nicht-Erreichung dieser Ziele aus.
Der Bundesrat weist die Bundesregierung vorsorglich darauf hin, dass die Kommission unter „Repowering“ womöglich eher Instandhaltung als Ersatzneubau versteht und bittet um Klarstellung. Die Richtlinie sieht weiter vor, dass ab 2021 ein abnehmender Höchstanteil von aus Nahrung oder Futtermittelpflanzen erzeugten Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen eingeführt wird, um Emissionen aufgrund indirekter Landnutzungsänderung zu bekämpfen. In diesem Kontext sieht der Bundesrat -auf Initiative Niedersachsens- eine Schlüsselrolle bei den „flüssigen oder gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs“.
Damit sind vor allem wasserstoffbasierte Kraftstoffe gemeint, die aus Power-to-Gas-Verfahren unter Einsatz erneuerbaren Stroms erzeugt werden. Um den Einsatz dieser Verfahren stärker anzureizen, schlägt der Bundesrat unter bestimmten Voraussetzungen die volle Anrechnung der eingesetzten Elektrizität vor. Der Bundesrat vertritt schließlich die Auffassung, dass sich ein erheblicher Schub für einen Markt für Produkte aus Power-to-Gas-Anwendungen ergeben würde, wenn Raffinerien gestattet würde, die Verwendung von „grünem“ Wasserstoff im Produktionsprozess herkömmlicher Kraftstoffe auf ihre Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasen anzurechnen.
Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahmen zum EU-Winterpaket direkt an die Kommission.