Bundesrat unterstützt Rehabilitierung homosexueller Männer
Antje Niewisch-Lennartz: Die Betroffenen haben lange genug darauf warten müssen

In seiner Sitzung am 12. Mai 2017 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Rehabilitierung von Männern, die nach dem früheren Paragrafen 175 des Strafgesetzbuchs wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter Erwachsenen verurteilt worden waren, unterstützt.
Der Regierungsentwurf sieht die Aufhebung der früheren Urteile sowie finanzielle Entschädigungen vor. Neben einem Pauschalbetrag von 3000 Euro und weiteren 1500 Euro für jedes angefangene Jahr erlittener Freiheitsentziehung soll es auch eine Kollektiventschädigung geben: die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erhält eine jährliche Förderung in Höhe von 500.000 Euro.
Die Bundesregierung greift damit ein Anliegen des Bundesrates auf, der die Bundesregierung zuletzt im Jahr 2015 (BR-Drs. 189/15(B)) zum Handeln aufgefordert hatte. Der niedersächsische Landtag hatte zuvor in seiner Sitzung am 12.05.2015 die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine vollständige Rehabilitierung und Entschädigung der gemäß § 175 StGB verurteilten Männer einzusetzen.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz erinnerte in ihrer Rede an das Leid der Betroffenen: „Diese strafrechtlichen Verurteilungen haben bei den Betroffenen unermessliches Leid ausgelöst. Sie haben die Intimsphäre verletzt und Details aus dem Sexualleben in die Öffentlichkeit getragen. Die Verurteilten waren infolge dessen Repressalien etwa am Arbeitsplatz und einer breiten gesellschaftlichen Stigmatisierung ausgesetzt.“ Die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller entsprach damals dem geltenden Recht. „Dieses Recht war aber – wie wir alle heute klar erkennen – seinerseits Unrecht.“, so die niedersächsische Justizministerin.
In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf begrüßt der Bundesrat ausdrücklich den Vorschlag und bittet um Prüfung, ob die Entschädigungsregeln auf Personen erweitert werden können, die seinerzeit Opfer von staatlichen Ermittlungen oder Disziplinarmaßnahmen waren. Außerdem befürwortet er eine Zuständigkeitskonzentration beim Bundesamt für Justiz.
Auf Vorschlag Niedersachsens empfiehlt der Bundesrat ebenfalls Änderungen bei den Tilgungsvorschriften. Eine Löschung der Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister soll nach dem Gesetzentwurf nur dann erfolgen, wenn ein Urteil vollständig aufgehoben wird. Wird ein Urteil hingegen nur teilweise aufgehoben, weil die Verurteilung auch wegen weiterer Strafvorschriften, die nicht Gegenstand dieses Gesetzes sind, erfolgte, soll dies im Bundeszentralregister nicht kenntlich gemacht werden.“ Niewisch-Lennartz erklärte dazu: „Das ist für die Betroffenen schwer zu akzeptieren, weil der Strafmakel insofern weiter bestehen bleibt.“
Der Bundestag hat bereits am 28. April 2017 in erster Lesung über den Regierungsentwurf beraten. Die Stellungnahme des Bundesrates wird in den nächsten Wochen zusammen mit der Gegenäußerung der Bundesregierung in das laufende Verfahren eingebracht.
Spätestens drei Wochen, nachdem der Bundestag das Gesetz verabschiedet hat, befasst sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit.