Bundestag
Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes // Expertenanhörung zur geplanten Endlagersuche

Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes
Der Bundestag hat in seiner Plenarsitzung den gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes ohne Aussprache zur weiteren Beratung an den federführenden Umweltausschuss überwiesen.
Das Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz, StandAG) regelt das Verfahren für die Suche nach einem Standort in Deutschland für die Endlagerung vor allem von hochradioaktiver Abfälle, der die bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet. Vor Einleitung des Standortauswahlverfahrens wurde die „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ (Endlagerkommission) beim Deutschen Bundestag eingesetzt, die Grundsatzfragen für die Entsorgung solcher Abfälle erörtert und geklärt hat. Dabei ging es besonders um Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und Abwägungskriterien für die Standortauswahl sowie um die Anforderungen an das Verfahren des Auswahlprozesses und die Prüfung von Alternativen.
Die Kommission beschloss nach knapp zweijähriger Arbeit ihren Abschlussbericht zum Standortauswahlverfahren am 27. Juni 2016 und übergab ihn am 5. Juli 2016 an den Bundestagspräsidenten und die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
Nach dem gesetzlichen Auftrag muss das StandAG auf der Grundlage der Ergebnisse der Kommission durch den Deutschen Bundestag evaluiert werden. Die Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen, Abwägungskriterien und weiteren Entscheidungsgrundlagen muss der Bundestag als Gesetz beschließen.
Expertenanhörung zur geplanten Endlagersuche
Die geplanten gesetzlichen Neuregelungen bei der Suche nach einem Standort für ein Endlager für radioaktive Abfälle haben bei einer Reihe kritischer Anmerkungen ein überwiegend positives Expertenecho gefunden. Allerdings kamen aus dem Anti-Atom-Spektrum Skepsis und Ablehnung. Dies zeigte sich bei einer öffentlichen Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Die Fachleute hatten für den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf „zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze“ zu bewerten – kurz Standortauswahlgesetz (StandAG).
Prof. Dr. Klaus Jürgen Röhlig von der Technischen Universität (TU) Clausthal äußerte „die begründete Hoffnung“, dass nunmehr „ein bereits über Jahrzehnte andauernder gesellschaftlicher Konflikt gelöst werden kann und die Gesellschaft ihre Verantwortung für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle wahrnehmen wird“. Prof. Dr. Barbara Reichert von der Universität Bonn nannte den Entwurf „ein durchaus gelungenes gesetzliches Regelwerk“.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bemängelte nicht zuletzt, dass „ein generelles Exportverbot für hochradioaktiven Atommüll“ fehle. Zwar gebe es eine Regelung im Gesetzentwurf. Doch die lasse „so große Lücken, dass ein Export des Atommülls aus dem Versuchsreaktor Jülich in die USA nach wie vor nicht vom Tisch ist“, wie es Thorben Becker formulierte.
Greenpeace forderte, das Standortauswahlgesetz „zugunsten eines tatsächlichen Neustarts in der Atommüllfrage“ komplett zurückzunehmen, so Mathias Edler in seiner schriftlichen Stellungnahme. Ulrich Wollenteit, ebenfalls Greenpeace, kritisierte, dass die Tiefenlagerung des Atomabfalls als einziger Weg ins Auge gefasst werde. Für Edler kommt die „höchste Bedeutung“ der Entwicklung und dem Bau von neuen, längerfristigen Zwischenlagern zu. Schließlich gehe „die überwiegende Mehrheit aller Experten“ inzwischen bei der Endlagersuche von „wesentlich längeren Zeiträumen“ aus, als sie der Zeitplan der Bundesregierung (2031 Standortentscheidung, 2050 Inbetriebnahme) vorsehe.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg setzte sich dafür ein, dass Gorleben endgültig von der Endlagersuche ausgenommen wird. „Der Standort kann nicht mehr objektiv betrachtet werden und sollte deshalb nur noch als Steinbruch für eine umfassende Fehleranalyse genutzt werden“, so Martin Rudolf Donat.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte eine „umfassende Einbindung der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften“ an. Dies sei „unerlässlich“, befand Dr. Torsten Mertins. Spätestens bei oderirdischen Erkundungen würden sich die Bürger an die kommunalen Stellen und Politiker wenden“ „Bürger treten mit Sorgen und Nöten als erstes an die kommunale Ebene heran.“
Zahlreiche Fragen kreisten um das neue „Nationale Begleitgremium“. Dem Gesetzentwurf zufolge soll es sich „unabhängig und wissenschaftlich mit sämtlichen Fragestellungen das Standortauswahlverfahren betreffend befassen, die zuständigen Institutionen jederzeit befragen und Stellungnahmen abgeben“ können. Doch das reiche nicht, meinte dessen Ko-Vorsitzender Prof. Dr. Klaus Töpfer. „Unbedingt hinzukommen“ müsse die Pflicht der beteiligten Institutionen, dem Gremium „auch in angemessenem Umfang und in zeitnaher Frist zu antworten“. Zudem fehle die Verpflichtung von Institutionen und Akteuren, auf die Stellungnahmen des Gremiums zu reagieren.
Für das Gremium gebe es „keine Blaupause“, meinte Töpfer. Er sehe sich mit seinen acht Mitstreitern in einer „hohen Verantwortung“ – nämlich, „Vertrauen zu bilden“. Die Arbeit könne „zu einer Stärkung von Demokratie“ führen.