Modernisierung des Netzentgeltes beschlossen
Prüfung aller staatlich bedingten Preisbestandteile steht aus

Die Anforderungen an die Stromnetze ändern sich im Rahmen der Energiewende schrittweise. Die Flussrichtung des Stroms in den Netzen ändert sich. Dezentrale Einspeisung wird zunehmend nicht mehr vor Ort „verbraucht“, sondern über die vorgelagerten Netzebenen in den Markt gebracht. In die Berechnungsgrundlagen für vermiedene Netzentgelte fließen vermehrt Kostenbestandteile ein, die dezentrale Erzeugung von vornherein nicht vermeiden kann.
Nicht alle geltenden Regelungen der Entgeltregulierung tragen den geänderten Rahmenbedingungen aktuell noch Rechnung. Der gesetzliche Rahmen soll daher an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden. Durch das Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) sollen daher die so genannten vermiedenen Netzentgelte langfristig abgeschafft werden.
Bisher erhalten die Betreiber dezentraler Erzeugungsanlagen von den Betreibern der Stromnetze, in die die Anlagen jeweils einspeisen, ein Entgelt. Dieses Entgelt entspricht dem Netzentgelt des dem jeweiligen Netz vorgelagerten Netzes, weil die dezentral eingespeiste Strommenge nicht aus dem vorgelagerten Netz bezogen werden muss. Es wird also entgeltpflichtiger Bezug von Strom aus dem vorgelagerten Netz vermieden.
Pläne der Bundesregierung
Durch das NEMoG soll dieses Entgelt in mehreren Schritten abgeschmolzen werden. Zunächst soll die Berechnungsgrundlage der vermiedenen Netzentgelte um solche Kostenpositionen bereinigt werden, die durch dezentrale Einspeisungen per se nicht vermieden werden können, nämlich Offshore-Anbindungs- und Erdverkabelungs-Mehrkosten. Des Weiteren soll die Höhe der vermiedenen Netzentgelte auf dem Niveau des Jahres 2015 eingefroren werden. Schließlich sollen für neue, volatil einspeisende Anlagen (Wind und PV) ab 2018 keine vermiedenen Netzentgelte mehr gezahlt werden, für alle anderen Neuanlagen ab 2021. Bei bestehenden Anlagen sollen die vermiedenen Netzentgelte jährlich um 10 Prozent abgeschmolzen werden, bei volatil einspeisenden Anlagen wiederum beginnend im Jahr 2018, bei allen anderen Anlagen beginnend im Jahr 2021. Damit gäbe es nach den Plänen der Bundesregierung ab dem Jahr 2030 keine vermiedenen Netzentgelte mehr.
Kritik des Bundesrates
Der Bundesrat kritisiert mit den Stimmen Niedersachsens, dass die von der Bundesregierung bereits im September 2015 angekündigte umfassende Prüfung aller staatlich bedingten Preisbestandteile weiterhin ausstehe. Diese Verzögerung führe dazu, dass die strombasierte Sektorkopplung unnötig ausgebremst werde und erhebliche Potenziale zur Stärkung der Flexibilisierungsanreize im Stromversorgungssystem verschenkt würden. Der Bundesrat stellt zugleich fest, dass im Bereich des Stromnetzbetriebs Transparenzdefizite bestehen. Er möchte die Bundesregierung daher auch auffordern, eine wirksame Regelung zur Stärkung der Transparenz des Netzbetriebs zu schaffen.
Vorschläge Niedersachsens
Ein Aspekt, der ursprünglich einmal im NEMoG vorgesehen war und auf den die Mehrheit der Länder nicht verzichten will, ist die bundeseinheitliche Wälzung der Netzentgelte auf Übertragungsnetzbetreiberebene. So fand jetzt im Bundesrat ein Antrag der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Niedersachsen eine Mehrheit, der die Aufnahme einer Verordnungsermächtigung zur Einführung bundeseinheitlicher Übertragungsnetzentgelte in das Gesetz fordert. In den vergangenen Jahren war die regionale Spreizung der Netzentgelte deutlich gestiegen, in Niedersachsen nicht zuletzt durch die Erhöhung um 80% durch den Übertragungsnetzbetreiber Tennet. Die betroffenen zwölf Länder sind der Auffassung, dass die Energiewende eine gesamtdeutsche Aufgabe ist und nicht zu Lasten derjenigen Regionen gehen darf, in denen gute Erzeugungsbedingungen für Strom aus erneuerbaren Energien bestehen, die andererseits aber nicht über ausreichend Lastabnahme durch Haushalte und Industrie verbrauchen, um den Strom erzeugungsnah zu verbrauchen. Eine faire Verteilung der Lasten ist dringend erforderlich.
Niedersachsen hatte darüber hinaus zwei Plenaranträge eingebracht, die ebenfalls eine Mehrheit im Plenum fanden. Einer betrifft die Arbeit der Regulierungsbehörden und dient der Klarstellung einer Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur. Ein zweiter bittet die Bundesregierung, die konkreten Auswirkungen der Abschmelzung der vermiedenen Netzentgelte auf die Wettbewerbssituation des Schienenverkehrs zu evaluieren und entstehende Nachteile ggfls. vollständig auszugleichen.
Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundestag zur weiteren Beratung zugeleitet.