Kompromiss bei Direktzahlungsmitteln
Christian Meyer: Mittel stärker an gesellschaftlichen Zielen ausrichten

„Ein Zeichen setzen, dass wir an der Seite der tierhaltenden Betriebe stehen“, solle der Bundesrat. Das forderte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer jetzt in der Länderkammer. Die derzeitige Einkommenssituation vieler landwirtschaftlicher Betriebe sei unbefriedigend, vor allem derjenigen, die Milch, Fleisch oder Eier produzieren. Diese Betriebe bräuchten zusätzliche Hilfen, würden aber durch die aktuelle Zuteilung der Direktzahlungen benachteiligt, weil diese Zahlungen an die Fläche gebunden sind. Es sei mittlerweile aber Konsens, dass tierhaltende Betriebe bei der Zuteilung der Gelder aus den europäischen Landwirtschaftsfonds stärker berücksichtigt werden sollten. Deshalb sei eine maßvolle Umschichtung der Mittel der Direktzahlungen für Maßnahmen des Tierschutzes und einer nachhaltigeren Landwirtschaft sinnvoll. Das EU-Recht lasse eine solche Umschichtung bis zu 15% der Direktzahlungen zu.
Meyer bekräftigte, dass die so umgeschichteten Mittel nicht der Landwirtschaft entzogen werden sollen, sondern weiterhin in der Landwirtschaft bleiben. Sie sollen lediglich für stärker an gesellschaftlichen Zielen ausgerichteter Maßnahmen eingesetzt werden. Niedersachsen will z.B. die Weidehaltung fördern, um Dauergrünland zu erhalten, den tiergerechten Umbau von Ställen – z.B. Kastenständen für Sauen – fördern, und Anreize setzen für mehr Tierschutz, wie z.B. durch die Ringelschwanzprämie.
Meyer widersprach den Vorwürfen, er kündige damit den Konsens der Sonder-Agrarministerkonferenz von 2014 auf. Man habe sich damals zwar auf eine Umschichtung von 4,5% geeinigt, aber allen Beteiligten sei bewusst gewesen, dass nach den ersten Umsetzungsjahren eine ergebnisoffene Überprüfung und Neubewertung der Beschlüsse anstehen würde. Es habe sich viel verändert seit 2014, und heute würden nicht nur Naturschutzverbände für eine Umschichtung plädieren, sondern auch Landwirte. So habe sich der Verband der „Familienbetriebe Land und Forst“ offen zu einer besseren Entlohnung der Landwirte für Gemeinwohlleistungen ausgesprochen und die Umschichtung unterstützt. Aufsehen habe erregt, dass selbst die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DLG gefordert hat, die EU-Förderung konsequent auf die Förderung gesellschaftlicher Leistungen auszurichten.
Niedersachsen hatte den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes im Bundesrat vorgelegt. Damit soll die Rechtsgrundlage geschaffen werden, eine im EU-Recht vorhandene Möglichkeit zur Umschichtung der EU-Mittel zwischen zwei Strukturfonds voll auszuschöpfen. Das EU-Recht lässt eine Umschichtung von bis zu 15 % der Mittel zu.
Deutschland schichtet derzeit lediglich 4,5 % der Mittel um, das sind 230 Millionen Euro. Niedersachsen will den vollen Umfang der Umschichtung – also 15 % oder 750 Millionen Euro – künftig auch in Deutschland zu nutzen. Eine Umschichtung von 15 % war allerdings im Bundesrat nicht mehrheitsfähig. Angenommen wurde die niedersächsische Gesetzesinitiative dann aber doch noch, auf der Basis eines von Baden-Württemberg angeregten Kompromisses, der eine Umschichtung von 6 % der Direktzahlungsmittel vorsieht.