Die Pkw-Maut baut Schranken in Europa auf
Der Bundesrat fordert Ausnahmen von der Mautpflicht auf grenznahen Autobahnabschnitten

Der Bundesrat hat Sorge, dass die nach der Einigung mit der Europäischen Kommission von der Bundesregierung jetzt wieder aufgegriffene Einführung einer Pkw-Maut Schranken zwischen Deutschland und seinen europäischen Nachbarn aufbaut. Er bedauert auch, dass die Bundesregierung bisher keine nachvollziehbaren Berechnungen für die von ihr erwarteten Einnahmen aus der Pkw-Maut vorgelegt hat.
Geplante Einführung der Pkw-Maut im Jahr 2015
Die Voraussetzungen zur Einführung der sogenannten Pkw-Maut auf Bundesfernstraßen waren bereits im Jahr 2015 mit dem Infrastrukturabgabengesetz geschaffen worden. Die Bundesregierung will damit den Übergang von einer vorwiegend steuerfinanzierten zur überwiegend nutzerfinanzierten Infrastruktur schaffen. Inländer sollen für Autobahnen und Bundesstraßen eine Jahresmaut zahlen, die nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos gestaffelt ist. Ausländer sollen zunächst nur auf Autobahnen mautpflichtig sein, für sie wird auch eine Zehn-Tages- oder eine Zwei-Monats-Vignette eingeführt. Parallel dazu werden mit dem Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetz für Steuerschuldner von inländischen und ausländischen Fahrzeugen, die in den Anwendungsbereich der Pkw-Maut fallen, der jeweiligen Mauthöhe entsprechende Steuerentlastungen bei der Kraftfahrzeugsteuer eingeführt.
Der Bundesrat lehnte die Einführung 2015 ab
Der Bundesrat hatte den Gesetzentwurf zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen 2015 abgelehnt. In seiner Stellungnahme (BR-Drs. 648/14B, http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2014/0601-0700/648-14%28B%29.pdf?__blob=publicationFile&v=1) äußerte der Bundesrat grundsätzliche Bedenken, ob die Einführung einer Infrastrukturabgabe in Deutschland bei gleichzeitiger Entlastung durch einen gleich hohen Freibetrag bei der Kfz-Steuer mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Er konnte auch die Einnahmeerwartungen der Bundesregierung nicht nachvollziehen. Zu dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz hatte der Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht angerufen.
Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission hatte gegen Deutschland daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Sie kritisierte, dass die deutsche Pkw-Maut Ausländer diskriminieren würde und deshalb nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Der Abzug von der Kraftfahrzeugsteuer genau in Höhe der Maut würde faktisch zu einer Befreiung von der Maut führen, aber nur für in Deutschland registrierte Fahrzeuge. Zugleich seien die geplanten Preise von Kurzzeitvignetten für Fahrzeuge aus dem Ausland in einigen Fällen unverhältnismäßig hoch.
Einigung Bundesregierung – Europäische Kommission
Die Bundesregierung hat sich mit der Europäischen Kommission jetzt auf Anpassungen verständigt in der Erwartung, dass sie das Vertragsverletzungsverfahren daraufhin einstellt. Die Belastung für Fahrer aus dem Ausland wird durch Anpassungen bei den Preisen für die Kurzzeitvignetten gesenkt. Für deutsche Autofahrer wird eine zusätzliche ökologische Komponente bei der Steuerentlastung eingeführt.
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes
Der Preis für die Kurzzeitvignetten wird mit sechs statt drei Stufen stärker gespreizt und in den unteren vier (Zehntagesvignette) bzw. drei (Zweimonatsvignette) Stufen günstiger. Eine Zehntagesvignette soll zwischen 2,50 und 25 Euro (bisher 5, 10 und 15 Euro), eine Zweimonatsvignette zwischen 7 und 50 Euro (bisher 16, 22 und 30 Euro) kosten.
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes
Auch das Kraftfahrzeugsteuergesetz wird geändert. Der Entwurf sieht eine stärkere Entlastung für deutsche Autofahrer mit besonders schadstoffarmen Personenkraftwagen (Euro 6) vor. Für sie soll die Kfz-Steuer weniger kosten, als sie künftig an Maut zahlen müssen. Für alle anderen gilt weiter, dass sie exakt den Betrag zurückbekommen, den sie an Maut zahlen. Die zusätzliche Entlastung schätzt die Bundesregierung auf 100 Millionen Euro.
Bedenken der Länder
Der Bundesrat befürchtet, dass Leidtragende der Pkw-Maut insbesondere die Grenzregionen sein werden, in denen heute vielfältige Handels- und Alltagsbeziehungen die europäische Idee mit Leben füllen. Die Pkw-Maut würde viele ausländische Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, grenznahe Unternehmen beispielsweise des Einzelhandels und des Gastgewerbes aufzusuchen. Deshalb müssten in den Grenzregionen bestimmte Autobahnabschnitte zwingend von der Mautpflicht befreit werden.
Der Bundesrat sieht außerdem das Missverhältnis zwischen dem anfallenden Erfüllungsaufwand (Einführung und laufender Betrieb) und den zu erwartenden Einnahmen durch die Pkw-Maut mit großer Sorge. Auf das Missverhältnis hatte der Nationale Normenkontrollrat bereits 2014 und in seiner Stellungnahme zu dem aktuellen Gesetzentwurf erneut hingewiesen. Verschiedene Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass sich dieses Missverhältnis durch die Anpassungen im vorgelegten Gesetzentwurf noch verschärft. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, dass sie nunmehr nachvollziehbare und solide Berechnungen für die erwarteten Einnahmen und Ausgaben vorlegt.
Zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes hat der Bundesrat keine Stellungnahme beschlossen. Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes, zu der die Bundesregierung eine Gegenäußerung abgeben wird, geht jetzt dem Deutschen Bundestag zu.