Landwirtschaftsminister Christian Meyer: In Schritten Nutztierhaltung positiv verändern
Der Bund muss jetzt handeln

„Wir haben es satt!“ sagen immer mehr Bürgerinnen und Bürger zu den Auswüchsen der Intensivtierhaltung. Abgeschnittene Schweineschwänze und Hühnerschnäbel, geschredderte Eintagsküken, Nitratüberschüsse im Grundwasser, Kastenstände für Sauen: Eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung sieht anders aus. Die Mehrheit der Bevölkerung und auch der Landwirte will Veränderung. Gute, auf wissenschaftlichen Fakten basierende Vorschläge zum Umbau der Nutztierhaltung liegen längst auf dem Tisch. Sie wurden von Beratergremien erarbeitet, die der Bundeslandwirtschaftsminister selber dafür eingesetzt hatte. Nur umgesetzt werden diese Vorschläge immer noch nicht. „Wir haben es satt!“ sagt deshalb jetzt auch der Bundesrat. Eine von Niedersachsen zusammen mit Bremen eingebrachte Entschließung fordert von der Bundesregierung, diese guten Vorschläge endlich rechtsverbindlich umzusetzen. Landwirtschaftsminister Christian Meyer im Plenum des jüngsten Bundesrats: „Nichtstun ist keine Lösung und gefährdet Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit der Agrarbranche.“
Alles Nötige liegt auf dem Tisch
Tatsächlich liegt alles, was man dazu wissen muss, auf dem Tisch. Der wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums hatte im März 2015 in seinem Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere für nicht zukunftsfähig erklärt. Er hat gleichzeitig umfangreiche Leitlinien für eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung entwickelt. Ein vom Bundeslandwirtschaftsministerium eingesetzter „Kompetenzkreis Tierwohl“ von Experten aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Gesellschaft und Kirchen unter Leitung von Gert Lindemann hat seinen Abschlussbericht mit vielen wertvollen Empfehlungen vorgelegt. Die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben konkrete und praxisreife Ergebnisse für mehr Tierschutz erarbeitet. In Niedersachsen z.B. bleibt seit Januar 2017 bei über 28 Millionen Küken der Schnabel dran. Niedersachsen hat eine Landesvereinbarung zur Beendigung des Schlachtens hochträchtiger Kühe getroffen. Landwirte in Niedersachsen bekommen 16,50 € pro Schwein, wenn der Ringelschwanz noch dran ist.
Der Bund muss jetzt handeln!
Die Crux ist: Vieles, was zu tun wäre, kann nur der Bund regeln. Für das Tierschutzrecht ist der Bund zuständig, ebenso für das Baurecht und den Immissionsschutz. Wie ein tierschutzgerechter Stall aussehen soll, der auch in zwanzig Jahren noch den Anforderungen entspricht, muss also auf Bundesebene geklärt werden. Die Landwirte machen beim Tierschutz gerne mit, aber sie brauchen Rechtssicherheit für ihre Investitionen und auch Förderung. Meyer betonte in seiner Rede vor dem Bundesrat, dass der niedersächsische Antrag von einem ungewöhnlichen Bündnis erarbeitet und vorgestellt wurde.
Vom Deutschen Tierschutzbund bis zu Großunternehmen der Ernährungswirtschaft. Von Bauernverbanden über den Verband der Schweinehalter bis zu früheren niedersächsischen Landwirtschaftsministern in neuer Funktion. Die Bereitschaft für mehr Tierschutz und Umweltschutz ist in Wirtschaft und Landwirtschaft längst da. „Deshalb“, so Minister Meyer im Bundesrat, „brauchen wir nicht Streit über Bauernregeln zwischen Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium, sondern klare Regeln, die auf einem langfristigen Konsens basieren.“ Meyer: „Dieser Konsens muss mehr als eine Legislaturperiode überdauern und in Schritten die Nutztierhaltung positiv verändern, ohne sie ins Ausland zu vertreiben.“ Das gehe „nur mit Fordern und Fördern, und am besten gemeinsam.“
Mit dem Bundesratsbeschluss reichen die Länder dem Bund die Hand und bieten an, diesen Konsens gemeinsam zu entwickeln.