Reform des Gemeinsamen Europäischen Asyl-Systems in der Kritik
Antje Niewisch-Lennartz: kein Wettbewerb um das geringstmögliche Schutzniveau

In seiner Sitzung am 4. November hat der Bundesrat zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asyl-Systems (GEAS) Stellung genommen. Der Bundesrat teilt das Ziel der EU-Kommission, mit der Neufassung der Dublin-Verordnung eine gerechtere Aufteilung der Flüchtlinge und damit der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Den vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission zur sogenannten Dublin-IV-Verordnung sieht der Bundesrat jedoch kritisch. Dies betrifft insbesondere die Rechtsbehelfe gegen die Überstellungsentscheidung und die Regelungen für den Schutz von unbegleiteten Minderjährigen.
Darüber hinaus fordern die Länder, dass bei der Reform der Dublin-III-Verordnung der Vorrang der freiwilligen Ausreise festgeschrieben werden müsse. Sie sei humaner und effektiver als die zwangsweise Überstellung und würde ermöglichen, dass Ausreisen unter Achtung der Menschenwürde und des Wohl des Kindes stattfänden.
Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz erklärte in ihrer Rede die grundsätzliche Unterstützung der Reformvorschläge. Die Unterstützung fände jedoch ihre Grenze, wo rechtsstaatliche Grundsätze und Verfahrensgarantien hinter das Ziel der Beschleunigung von Asylverfahren zurücktreten sollen. Noch dazu ohne wirklich Beschleunigung zu generieren. Dies beträfe die in den Reformvorschlägen enthaltenen starren Handlungs- und Entscheidungsfristen für Verwaltungs- und Familiengerichte. „Derartige Fristen sind mit meinem Verständnis für ein faires gerichtliches Verfahren zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren“, so Niewisch-Lennartz.
Die Ministerin kritisierte auch das Ziel der Europäischen Kommission, die erreichte Angleichung von Flüchtlingsanerkennung und subsidiärem Schutz im Rahmen des Reformprozesses schrittweise wieder aufzugeben. Niewisch-Lennartz: „Es darf keinen Wettbewerb um das geringstmögliche Schutzniveau geben.“
Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Europäischen Kommission direkt zugeleitet, damit diese die Anliegen der Länder bei den weiteren Beratungen berücksichtigen kann.