Nach Intervention des Bundesrates verfassungsfeste Erbschaftsteuer beschlossen
Peter- Jürgen Schneider sieht zentrale Aufgabe in mehr Chancengleichheit

Mögen manche Auguren dem Bundesrat bisweilen Blockadetaktik vorwerfen, so zeigt doch das aktuelle Verfahren zur Reform der Erbschaftsteuer, dass Gesetze besser werden, wenn der Bundesrat seiner verfassungsgemäßen Aufgabe nachkommt und sich aktiv und engagiert am Gesetzgebungsverfahren des Bundes beteiligt.
Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider verdeutlichte in seiner Rede im Bundesrat, wie schwierig sich das Verfahren um die Reform gestaltet hatte und weshalb Niedersachsen dem vorliegenden Kompromiss letztlich doch zustimmt.
Das Bundesverfassungsgericht beauftragte den Bundesgesetzgeber im Dezember 2014 damit, bis zum 30. Juni 2016 ein verfassungskonformes Erbschaftsteuerrecht zu schaffen. Dem höchsten deutschen Gericht ging die Verschonung betrieblichen Vermögens zu weit. Es sei zwar zulässig, zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei der Erbschaftsteuererhebung Nachlässe zu gewähren, aber die Notwendigkeit des Nachlasses sei auch Maßstab der Begünstigung.
Der Bundesfinanzminister hielt sich im Sommer 2015 in seinem vorgelegten Gesetz an diese Richtschnur. Der Bundesrat begrüßte den Entwurf weitgehend, nahm aber in seinem Beschluss Stellung, um den Ausgleich der Interessen besser zu gewährleisten. Im Bundestagsverfahren wurden indes die Anmerkungen des Bundesrates in einer Form missachtet, dass es im Juli keine Alternative für die Länderkammer gab, als den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dieser erarbeitete in der Nacht vom 21. auf den 22. September ein Gesetz, das einer möglichen Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht auch Stand halten kann.
Eine Woche später bestätigte der Bundestag das Vermittlungsergebnis. Am vergangenen Freitag gab auch der Bundesrat dem Gesetz in der Form des Vermittlungsausschusses seine Zustimmung.
Schneider zitierte seine Forderungen aus dem ersten Durchgang im Bundesrat und verglich mit dem nun vorliegenden Gesetz. Er erläuterte, dass durch Modifikationen bei den Unternehmenswerten, klarer formulierten Voraussetzungen für Sonderregelungen bei Familienunternehmen, dem Verschließen von Steuerumgehungsmöglichkeiten durch Cash-GmbH und durch ein Verschieben von Luxusgegenständen in Betriebsvermögen sowie einer in die Rechtsordnung passenden Stundungsregelung bei Erbfällen ein Gesetz beschlossen werde, das die Belange der Wirtschaft und die Sicherung der Arbeitsplätze in ein ausgewogenes Verhältnis zum Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Steuerpflichtigen setzt. Damit ist auch dem Gebot des Verfassungsgerichts Genüge getan, weshalb Niedersachsen den Kompromiss mitträgt.
Das Ende der Beratungen kann dies allerdings noch nicht sein. Darauf wies Schneider deutlich hin. Das Thema „Verteilungsgerechtigkeit muss ganz oben auf unserer Agenda bleiben. Unsere zentrale Aufgabe besteht auch weiterhin darin, für mehr Chancengleichheit und eine gerechtere Verteilung der Ressourcen innerhalb unserer Gesellschaft zu sorgen. Wir müssen verhindern, dass die Gesellschaft in Bezug auf Einkommen und Vermögen weiter auseinander driftet. Bei der Verfolgung dieser Ziele sind selbstverständlich auch alle geeigneten steuerpolitischen Instrumente einzusetzen.“
Dabei werde auch die Erbschaftsteuer wieder in den Blick zu nehmen sein, so die Einschätzung von Schneider, der für das Land Niedersachsen zudem eine Erklärung zu Protokoll gab, der zufolge es die Aufgabe künftiger Steuerpolitik bleibt, für einen höheren Beitrag größerer Vermögen am Steueraufkommen zu sorgen und ein noch stärkeres Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich zu verhindern.