Cornelia Rundt: Weitere Pflegereformen nötig
Bundesrat billigt Pflegestärkungsgesetz Die umfassendste Modernisierung der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor…

Bundesrat billigt Pflegestärkungsgesetz
Die umfassendste Modernisierung der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 20 Jahren passierte am 18. Dezember 2015 den Bundesrat. Sie führt unter anderem einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsverfahren ein.
In der abschließenden Debatte machte Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt aber deutlich: „Nach dem zweiten Pflegestärkungsgesetz muss es weitere Reformen in der Pflege geben.“ Weil Niedersachsen mit dieser Auffassung nicht alleine war, hat die Länderkammer eine Entschließung gefasst, in der sie die Bundesregierung unter anderem auffordert, sozialhilferechtliche Regelungen nahtlos an die mit dem PSG II geschaffene Rechtslage anzupassen. Eine Schlechterstellung pflegebedürftiger Menschen, die Sozialhilfe beziehen, sei dabei sozialrechtlich und sozialpolitisch nicht zu vertreten, so die Länder.
Cornelia Rundt hat das zweite Pflegestärkungsgesetz in ihrer Rede begrüßt, weil dieses einen „weiteren Schritt auf dem Weg zu einer bedarfsgerechten Personalausstattung in der Pflege“ darstellt. „Gleichwohl darf uns diese Regelung nicht dazu verführen, das Problem der Unterbezahlung und Unterbesetzung in der Pflege als gelöst zu betrachten“, betonte die Ministerin: „Auch mit dieser Regelung bleibt der Widerspruch bestehen, dass den Ländern einerseits die Verantwortung für die Versorgungsstruktur nach § 9 SGB XI in der Pflege obliegt, sie aber nicht bzw. nur am Rande Verhandlungspartner im Pflegesatzgeschehen sind. Scheitern die Selbstverwaltungsorgane und finden sie keine geeigneten Lösungen, dann droht ein ernsthafter Versorgungsengpass – gerade in der ambulanten Versorgung Pflegebedürftiger im ländlichen Raum.“ Der Widerspruch von Verantwortung und wirklichen Handlungsmöglichkeiten der Länder in der Pflege bleibe auch nach dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz bestehen. Hier zeige sich, dass es weitere Reformen in der Pflege-Politik des Bundes geben müsse.
Beim Pflegestärkungsgesetz handelt es sich Ministerin Rundt zufolge aber um einen „Meilenstein auf dem Weg zur Zukunftssicherung der Pflege in Deutschland“. Viele wichtige Neuerungen in der Pflegeversicherung würden mit diesem Gesetz vorgenommen, so Cornelia Rundt: Die Abkehr vom verrichtungsorientierten Pflegebedürftigkeitsbegriff einerseits und die Erweiterung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs um kognitive und psychische Beeinträchtigungen andererseits seien überfällig gewesen. „Endlich wird auch Demenz als eine der folgenschwersten und häufigsten Alterserkrankungen angemessen als gesundheitlich bedingte Einschränkung der Selbständigkeit anerkannt“, sagte Niedersachsens Sozialministerin.
Cornelia Rundt wies außerdem auf die ebenfalls zu begrüßenden Regelungen zur rentenversicherungsrechtlichen Absicherung nicht erwerbsmäßig Pflegender sowie die nochmals verbesserte Regelung zur Erweiterung der Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen im Laufe des Beratungsprozesses hin. Rundt: „Es ist bemerkenswert, dass mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz die Vertragsparteien verpflichtet werden, die Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten, bundesweiten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen sicherzustellen. Dennoch fehle leider weiterhin ein Ansatz, Pflege mit einer bedarfsgerechten Anzahl von angemessen vergüteten Pflegenden auszustatten. „Der Blick auf die gegenwärtige Situation der personellen Ausstattung in der Pflege ist wenig ermutigend: Derzeit gefährden Pflegeunternehmen ihre Existenz, wenn sie bedarfsgerecht Fachkräfte einstellen und auch tariflich entlohnen.“
Cornelia Rundt wirbt in diesem Zusammenhang auch weiterhin für einen Tarifvertrag Soziales, entsprechende Verhandlungen der Tarifpartner laufen in Niedersachsen. Sie hatte dieser Tage mit dem Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen, Dr. Jürgen Peter, und Jörg Niemann, Leiter der vdek-Landesvertretung Niedersachsen, die folgende gemeinsame Erklärung zum Einkommen der Altenpflegekräfte in Niedersachsen unterzeichnet: „Die Deckung des Fachkräftebedarfs in der Altenpflege erfordert vielfältige Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes der Altenpflege. Ein angemessenes Einkommensniveau kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Es ist die Aufgabe der Sozialpartner, in diesem Sinne attraktive Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu schaffen. Die AOK Niedersachsen und die vdek-Landesvertretung Niedersachsen unterstützen dies durch die Berücksichtigung von tarifvertraglichen Bindungen bei den Vergütungsverhandlungen für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen. AOK Niedersachsen, vdek-Landesvertretung Niedersachsen und das Land Niedersachsen setzen darauf, dass diese Zusage einen Impuls gibt, die Bezahlung von Beschäftigten in der Altenpflege nach Tarifverträgen auszuweiten. Sie stimmen darin überein, dass mit der Berücksichtigung von Tarifzahlungen auch eine Weiterleitung von Vergütungserhöhungen seitens der Arbeitgeber an die Pflegekräfte sichergestellt und überprüfbar sein muss.“
Wenn Bundespräsident Joachim Gauck das Gesetz unterzeichnet hat, kann es nun zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrad werden zum 1. Januar 2017 wirksam.