Christian Meyer will bäuerliche Milchviehhaltung erhalten
Kriseninstrumente müssen ausgebaut werden Das Problem zu beschreiben, ist leicht: bei den…

- Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer bei seinen Ausführungen
- Die Expertenrunde
- Zur Begrüßung und Einführung spricht Staatsministerin Ulrike Höfken
- Christian Meyer in der Diskussionsrunde
Kriseninstrumente müssen ausgebaut werden
Das Problem zu beschreiben, ist leicht: bei den aktuell sehr niedrigen Erzeugerpreisen für Milch – deutlich unter 30 Cent/kg – stehen Milchviehhalter betriebswirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. Das betrifft weniger die kleinen alten Betriebe mit den kalkulatorisch hohen Produktionskosten aber abgezahlten Ställen, sondern stärker diejenigen, die auf Pump kräftig expandiert haben und nun Kapitaldienst leisten müssen. Und diejenigen, die Löhne zahlen. Deutlich schwieriger als die Problembeschreibung ist, eine Lösung zu benennen. Man kann nichts tun und abwarten, bis der Markt das regelt. Oder man kann Wege diskutieren, auf die Gefahr hin, dass die Diskussion zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Diesen zweiten Weg haben die sechs Landwirtschaftsminister von Niedersachsen, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gewählt. Ein „Milchsymposium“, das am 26. November in der Niedersächsischen Landesvertretung stattfand, diskutierte in drei Runden Kriseninstrumente, die Machtverteilung in der Wertschöpfungskette und die Chancen, durch höherwertige Produkte eine bessere Wertschöpfung zu erzielen.
Klar ist, dass die grünen Agrarminister eine flächendeckende bäuerliche Landwirtschaft erhalten wollen und „mittlere Strukturen“ dafür am besten geeignet halten. In den meisten Bundesländern – weniger in Niedersachsen – ist die Milchviehhaltung das finanzielle Rückgrat dieser bäuerlichen Landwirtschaft. Aber auch in Niedersachsen gilt, dass nur die Milchviehhaltung in der Lage sein wird, das aus ökologischer Sicht wichtige Grünland auch in Mittelgebirgslage und auf Grenzstandorten zu bewahren, weil man damit etwas verdienen kann.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer machte die volkswirtschaftlichen Dimensionen des Preisverfalls deutlich: Ein um zehn Cent niedrigerer Milchpreis bedeuten für Niedersachsen, dass 800 Mio. Euro weniger in den ländlichen Raum fließen. Das ist genau so viel, wie die Bauern an Direktzahlungen bekommen. Er könne nicht verstehen, dass für den Milchmarkt Instrumente tabu sein sollen, die ganz selbstverständlich auf anderen Agrarmärkten eingesetzt werden: für Obst und Gemüse, Schweinefleisch, Zucker und Wein. Eine politisch motivierte Mengensteuerung sei in diesen anderen Märkten nach wie vor üblich. Und noch ein Vorschlag aus Niedersachsen: Man sollte die Einnahmen aus der Superabgabe nehmen, um diejenigen zu entschädigen, die in der aktuellen Preiskrise freiwillig ihre Milcherzeugung einschränken.
Aufhorchen ließen deutliche Worte des Bundeskartellamtes: Dr. Uli Barth erläuterte, dieses habe festgestellt, dass die im Milchsektor üblichen Lieferbedingungen eindeutig zu Lasten der Erzeuger gehen. Diese können ihre Verhandlungsmacht nicht ausspielen, weil sie durch zu lange Kündigungsfristen gebunden sind, der Andienungspflicht unterliegen und zudem im Milchmarkt eine Transparenz über die Preise der Konkurrenz gegeben ist, die fast einer Preisabsprache gleichkommt. Noch ein Indiz, das Peter Guhl vom MEG-Milch Board für die Marktmacht der Molkereien brachte: Während die Nettowertschöpfung von Molkerei zu Molkerei um das 17fache schwankt, divergiert der Auszahlungspreis nur um das 1,2fache. Um aus dieser Ohnmachtsposition herauszukommen empfahl Guhl den Landwirten, Milchkaufverträge mit den Molkereien abzuschließen, die festlegen, in welchem Zeitraum welche Mengen zu welchem Preis den Besitzer wechseln. Auch wenn Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrieverband und Diskutanten aus dem Publikum gute Argumente zugunsten der Genossenschaften brachten, wurde doch klar, dass die Vertragsbeziehungen in der Lieferkette ein Punkt sind, der von Politik und Landwirtschaft dringend überdacht werden sollte.
„Auch wenn keiner die perfekte Lösung hat, macht es keinen Sinn zu überlegen, ob man handeln sollte“. So das Resümee des Schlussredners.