Weitreichende Änderungen im Asylrecht
Umsetzung des Flüchtlingsgipfels entlastet Länder und Kommunen Nur einen Tag nach dem…

Umsetzung des Flüchtlingsgipfels entlastet Länder und Kommunen
Nur einen Tag nach dem Bundestag hat am vergangenen Freitag auch der Bundesrat dem Asyl-Reformpaket zugestimmt. Mit dem Gesetz werden Vereinbarungen umgesetzt, die Bund und Länder am 24. September auf ihrem Flüchtlingsgipfel getroffen haben. Ziel ist es, einerseits Asylregeln zu verschärfen, andererseits die Verfahren zu beschleunigen und den zügigen Bau von Unterkünften zu ermöglichen. Niedersachsen hatte bereits eine Bundesratsinitiative gestartet, die Erleichterungen für die Unterbringung von Flüchtlingen gerade im Bereich Bau-, Umwelt- und Vergaberecht forderte. Zudem sollen Menschen, die langfristig in Deutschland bleiben dürfen, besser integriert werden – beispielsweise durch einen schnelleren Zugang zu Integrationskursen.
Albanien, Kosovo und Montenegro gelten fortan als sichere Herkunftsländer. Durch diese Einstufung können Anträge von Asylbewerbern aus diesen Ländern schneller bearbeitet werden. In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden Bargeldzahlungen, wie etwa das Taschengeld, durch Sachleistungen ersetzt. Wer aus wirtschaftlichen Gründen, aber nicht wegen politischer Verfolgung oder Krieg einreist, kann künftig schneller abgeschoben werden.
Zudem wird eine alte Forderung der Länder und Kommunen umgesetzt. Der Bund wird sich von 2016 an strukturell und dynamisch an den Kosten für Flüchtlinge beteiligen.
Das Asylrecht-Reformpaket umfasst Änderungen an 19 Gesetzen mit folgenden wichtigen Maßnahmen:
- Finanzen: Von 2016 an erhalten die Länder für die Dauer des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine monatliche Pauschale von 670 Euro pro Asylbewerber. Hinzu kommen 670 Euro für einen weiteren Monat im Fall der Ablehnung. Für dieses Jahr wird der Bund seine Soforthilfe nochmals auf insgesamt zwei Milliarden Euro verdoppeln. Der Bund greift Ländern und Kommunen zusätzlich unter die Arme, indem er einen finanziellen Beitrag von 350 Millionen Euro zu den Kosten für unbegleitete minderjährige Ausländer leistet. In den kommenden Jahren zahlt der Bund einen Zuschuss von jeweils zusätzlich 500 Millionen Euro für sozialen Wohnungsbau. Das kommt allen Menschen zugute, die in Deutschland eine Wohnung suchen.
- Sichere Herkunftsstaaten: Albanien, Kosovo und Montenegro werden als sichere Herkunftsstaaten eingestuft, da dort die gesetzliche Vermutung gerechtfertigt ist, dass weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfinden. Das spiegelt sich auch in einer Ablehnungsquote von über 99 Prozent wider. Antragsteller aus diesen Staaten sind zum Ende des Asylverfahrens zukünftig verpflichtet, in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Niedersachsen hatte sich im Gesetzgebungsverfahren dafür eingesetzt, dass diese Verpflichtung gelockert wird, so wie es im Übrigen auf dem Flüchtlingsgipfel auch besprochen worden ist.
Wichtig ist aber, dass die Frage, wer Schutz braucht und wer nicht, auch weiterhin in einem fairen Verfahren entschieden wird. Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten wird künftig alle zwei Jahre überprüft.Gleichzeitig wird Bürgern aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans der legale Zugang zum Arbeitsmarkt in bestimmten Fällen ermöglicht.
- Asylverfahren: Um mögliche Fehlanreize zu beseitigen, soll der Bargeldbedarf in Erstaufnahmeeinrichtungen so weit wie möglich durch Sachleistungen ersetzt werden. Hier konnten sich die Länder gegenüber dem Bund durchsetzen, dass der Vorrang des Sachleistungsprinzips nur gilt, wenn der Verwaltungsaufwand, den dieser Vorrang mit sich bringt, vertretbar ist.
Auszahlungen von Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erfolgen.Künftig wird nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise der Termin der Abschiebung ausnahmslos nicht angekündigt, damit möglichst niemand untertauchen kann. Niedersachsen hat sich auch hier für eine Lockerung eingesetzt.
Aus niedersächsischer Sicht wird so nicht nur unangemessen in die Durchführungs- und Organisationskompetenz der Länder eingegriffen, sondern eine starke Zunahme psychisch belastender Situationen für von der Abschiebung Betroffenen wäre die Folge. Es ist belegt, dass insbesondere für Minderjährige die Abschiebungssituation traumatisierend wirken kann.
- Integration: Menschen, die eine gute Bleibeperspektive haben, sollen möglichst schnell in Gesellschaft und Arbeitswelt integriert werden. Dazu werden die Integrationskurse für Asylbewerber und Geduldete mit guter Bleibeperspektive geöffnet. Das Leiharbeitsverbot für Asylbewerber und Geduldete entfällt nach drei Monaten, wenn es sich um Fachkräfte handelt. Für geringer qualifizierte Kräfte wird der Zugang zur Leiharbeit erst nach 15 Monaten möglich sein.
- Gesundheit: Die Länder können eine elektronische Gesundheitskarte für Asylbewerber einführen. Die Kosten hierfür werden von der öffentlichen Hand getragen, gehen also nicht zu Lasten der Versicherten und der gesetzlichen Krankenkassen. Künftig besteht ein bundesweit einheitlicher Anspruch auf Schutzimpfungen für Asylsuchende.
Das Gesetz geht nun an den Bundespräsidenten zur Ausfertigung und tritt in Teilen bereits am 1. November 2015 in Kraft.