Erbschaftssteuer: Peter-Jürgen Schneider lehnt Sockelverschonung ab
Zurück zu einem gerechten und verfassungsgemäßen Gesetz Die Bundesregierung legte dem Bundesrat…

Zurück zu einem gerechten und verfassungsgemäßen Gesetz
Die Bundesregierung legte dem Bundesrat den Gesetzentwurf für eine Reform der Erbschaftsteuer vor. Das Bundesverfassungsgericht hatte Änderungen an den bisher geltenden Regeln angemahnt. Insbesondere die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen sah es als zu weitgehend an.
Ziel der Novelle ist es, die vorhandene Beschäftigung in den übergehenden Betrieben zu sichern und die mittelständisch geprägte Unternehmenskultur zu erhalten. Die Neuregelung sieht eine Beibehaltung der Verschonung von Unternehmenserbschaften zu 85 oder 100 Prozent vor, allerdings wird die Lohnsummenregelung geändert. Die Anforderungen an diese Regelungen steigen in Zukunft mit der Zahl der Beschäftigten. Bei Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten wird auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet. Von vier bis zu fünfzehn Beschäftigten wird die einzuhaltende Lohnsumme modifiziert, um Unwuchten bei kleinen Handwerksbetrieben zu glätten.
Die Verschonungsregeln bei großen Betriebsvermögen sollen den Vorgaben des Verfassungsgerichts angepasst werden. Dieses hatte moniert, dass selbst bei allergrößten Vermögen immer auch ein Verschonungsbedarf unterstellt wurde.
Nun soll laut Gesetzentwurf bei einem Erwerb eines Vermögens über 26 Millionen Euro ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem Verschonungsabschlag eingeführt werden. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung hat der Erwerber nachzuweisen, dass er nicht in der Lage sein würde, die Steuerschuld mit anderem als Betriebsvermögen zu zahlen. Alternativ könnte der Erbe ohne Prüfung seiner Verhältnisse einen Verschonungsabschlag von 85 Prozent bei einer Haltefrist von fünf Jahren beziehungsweise 100 Prozent bei einer Haltefrist von sieben Jahren erhalten. Bei Vermögen über 26 Millionen Euro ist von der Bundesregierung ein Verschonungsabschmelzmodell von einem Prozent je 1,5 Millionen Euro geplant. Ab 116 Millionen Euro würde ein einheitlicher Verschonungsabschlag von 20 Prozent bei einer Haltedauer von fünf Jahren (bei sieben Jahren 35 Prozent) wirken. Für Familienunternehmen mit bestimmten gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen würden noch höhere Beträge gelten.
Die Länderkammer verabschiedete zu dem Gesetzentwurf eine umfassende Stellungnahme. Dies verwundert nicht, handelt es sich bei der Erbschaftsteuer doch um eine Ländersteuer. „Aus dieser Tatsache erwächst den Ländern eine besondere Verantwortung für die rechtlichen Grundlagen diese Steuer“, mahnte daher der niedersächsische Finanzminister, Peter-Jürgen Schneider, in seiner Rede. „Dabei geht es um die verfassungsfeste Gestaltung einer Privilegierung“, machte er klar.
Als die vier zu erreichenden Ziele identifizierte Schneider die Sicherstellung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, die Sicherung des Aufkommens für die Länder, die Umsetzung nach der Forderung des Bundesverfassungsgerichts bis zum 30. Juni 2016 sowie „viertens und nicht minder wichtig: Unternehmen und Arbeitsplätze dürfen bei Betriebsübergängen nicht gefährdet werden.“
Zu den ausufernden Verschonungsmodalitäten im Gesetzentwurf merkte Schneider nur an, sie seien „inakzeptabel und aus unserer Sicht verfassungsrechtlich hochproblematisch“. Er trug daher das von Niedersachsen entwickelte Modell vor. Das Wahlrecht bliebe danach grundsätzlich bestehen, aber die Übergangszone wäre deutlich verkürzt. Sie endete bei einem Erwerb von 34 Millionen Euro und für Familienunternehmen bei 60 Millionen. „Auch das ist noch sehr großzügig, denn es bedeutet, dass auch ein Erwerb bis zu 34 Mio. € bzw. 60 Mio. € ohne Einzelfallprüfung immer noch teilweise von der Zahlung von Erbschaftsteuer befreit wird“, betonte Schneider. Er erläuterte zudem ein vielfaches Missverständnis in der Auseinandersetzung. Ein Überschreiten der Prüfschwelle bedeute nicht die sofortige Zahlungspflicht. Nur müsse dann die Prüfung erfolgen, ob die Erbschaftsteuer ohne Gefahr für die Arbeitsplätze gezahlt werden kann.
In dem Kontext lehnte Schneider auch die „Sockelverschonung“ ab. Der sich durch die Regelungen im Regierungsentwurf für Erwerbe über 116 und 142 Mio. Euro einschlägige Verschonungsabschlag in Höhe von 20% bzw. 35% bedeute einen Freibetrag, der verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden könne. Wer ohne Auswirkung auf die Arbeitsplätze seine Steuerschuld begleichen kann, der sei gerade nicht weiter zu privilegieren, auch nicht durch einen Freibetrag, der dem Erbschaftsteuergesetz sonst fremd ist.
Auf gleicher Linie legte Schneider dar, dass der im Gesetzentwurf enthaltene Rechtsanspruch auf Stundung bis zu zehn Jahren ebenso zu streichen ist. Hierfür hatte sich Schneider in den Beratungen im Vorfeld bereits stark gemacht. „Nach dem Regierungsentwurf kann eine nach der Verschonungsbedarfsprüfung verbleibende Steuer – bis zu sechs Monate – gestundet werden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte bedeuten würde. Das ist ein akzeptabler Maßstab, der keine weitere Stundungsregelung neben sich braucht.“
Der Bundesrat fasste sodann eine Stellungnahme, in der die von Schneider in seiner Rede aufgeworfenen Fragen aufgenommen wurden. Der Bundestag wird sich nun dem Entwurf widmen. Parallel zum Bundesratsplenum setzte man sich dort in erster Lesung mit dem Entwurf auseinander. Die ersten Bezugnahmen zur Stellungnahme des Bundesrates zeigen nicht nur, wie interessiert dort die Debatten der Länderkammer verfolgt werden. Auch inhaltlich knüpften Opposition als auch Teile der Regierungsfraktionen daran an.