Niedersachsen weiß: Wein ist ein besonderer Saft
Tragfähiger Kompromiss bei Weingesetz Es ging die Mär: über das Weingesetz würden…

Tragfähiger Kompromiss bei Weingesetz
Es ging die Mär: über das Weingesetz würden im Bundestag nur Rheinland-Pfälzer entscheiden. Wäre dem so gewesen, hätte der Bundestag den Bock zum (Wein-)Gärtner gemacht – im Streit zwischen den schon-immer-Weinbauländern und den wir-wollen-auch-Weinbauländern, zu denen Niedersachsen sich zählt. Die Mär ist natürlich gehörig übertrieben.
Tatsächlich kommt von den Berichterstattern nur Gustav Herzog (SPD) aus dem Weinbaugebiet Pfalz, die anderen, weinbaumäßig, aus Baden (Kordula Kovac / CDU) und von der Mosel (Markus Tressel / Grüne). Allein Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) kommt aus Brandenburg – zurzeit noch ein weißer Fleck auf der Karte der Weinbaugebiete.
Gerechtigkeit ist also nur von der LINKEN zu erwarten, in puncto Weinbau. Auffällig immerhin, dass nur Kovac und Dr. Tackmann auch zu anderen (nicht-weinseeligen) Themen im Agrarausschuss auftauchen. Auffällig außerdem, dass alle Protagonisten eine Mengenbeschränkung im Weinbau befürworteten – bis auf Dr. Tackmann. Die amüsierte sich denn auch, dass offenbar für den Weinbau andere politische Maßstäbe gelten als für den Rest der Landwirtschaft. In der Milcherzeugung beispielsweise wurde die Mengenbeschränkung gerade erst abgeschafft. Wein ist halt ein besonderer Saft.
Der Streit geht tatsächlich um Mengenbeschränkungen. Um die Verteilung künstlich knapp gehaltener Ressourcen. Wer Wein anbauen will, braucht Pflanzrechte. Die EU-Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 erlaubt jetzt eine gewisse Ausweitung der Anbaufläche durch Neupflanzungen. Die Bundesregierung hatte vorgeschlagen, diese für die Jahre 2016 und 2017 im deutschen Weingesetz auf 0,5 Prozent der Vorjahresfläche zu begrenzen. In der ersten Runde des Bundesrates standen sich Sachsen und Rheinland-Pfalz gegenüber: Sachsen wollte die Neupflanzungen über die 0,5 Prozent hinaus ausweiten, Rheinland-Pfalz deutlich darunter bleiben. Der Bundesrat entschied sich für den Mittelweg, boxte die Anträge der beiden Länder ins Off und bestätigte den Vorschlag der Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag hingegen beschloss jetzt, die Zubau-Quote auf 0,3 Prozent des Vorjahres zu begrenzen, aber jedem Flächenland vorab fünf Hektar Neupflanzungen zuzusprechen. Das ist zwar nicht ganz, was sich der Bundesrat vorgestellt hatte, scheint aber doch ein tragfähiger Kompromiss zu sein. Denn kein Bundesland wollte jetzt, in der zweiten Runde Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anrufen. Niedersachsen kriegt also Rebfläche, ganz offiziell und EU-rechtskonform.