Fragwürdige Selektion vor der Geburt
Fachveranstaltung der Allianz chronischer seltener Erkrankungen Rund 30.000 Krankheiten, die Menschen befallen…

Fachveranstaltung der Allianz chronischer seltener Erkrankungen
- Die Tagung fand vor einem kleinen, aber fachkundigen Publikum statt
- Niedersachsens Dienststellenleiter Michael Pelke im Gespräch mit den Referentinnen der Tagung
- Prof. Dr. Silke Schickedanz (Bildmitte) führte in das Tagungsthema ein
Rund 30.000 Krankheiten, die Menschen befallen können, sind derzeit weltweit bekannt. Davon gehören etwa 5.000 zu den seltenen Krankheiten, die bei weniger als fünf von 10.000 Menschen auftreten. Für die Betroffenen ist es allerdings kein Trost, dass ihre Krankheit ansonsten kaum in Erscheinung tritt, eher im Gegenteil. Viele dieser seltenen Krankheiten verlaufen zudem chronisch und belasten die betroffenen Patienten ihr Leben lang. In Selbsthilfegruppen versuchen sich Betroffene und ihre Angehörige gegenseitig zu helfen. Einen Dachverband gibt es auch: die Allianz chronischer seltener Erkrankungen (Achse).
Auf Einladung dieses Dachverbandes fand am 22. April in der Landesvertretung Niedersachsen eine Tagung statt, bei der über neue biomedizinische Technologien berichtet wurde, mit deren Hilfe es möglich ist, Anlagen solcher vererbter, seltener Krankheiten schon während oder gar vor einer Schwangerschaft zu erkennen.
Das Wissen um solche Veranlagung könnte künftigen Eltern damit schon vor einer Schwangerschaft erweiterte – aber auch unter Umständen belastende Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Einführende Vorträge dazu hielten – nach einer vorherigen Begrüßung durch den Dienststellenleiter der Landesvertretung, Michael Pelke, die Medizinerinnen Prof. Dr. Silke Schicktanz und Dr. Julia Inthorn (beide vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Göttingen), Dr. Peter Wehling vom Institut für Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt und Dr. Jörg Richstein, stellvertretender Vorsitzender des Dachverbandes Achse.
In einer Podiumsdiskussion ging es dann um die Frage, ob ein Anlagescreening vor einer Schwangerschaft ein sinnvolles diagnostisches Angebot sei. Die Antworten der Experten fielen dazu erwartungsgemäß verhalten aus. Einig war man sich in der Ablehnung einer doch oft fragwürdigen Unterscheidung, was bei einer prognostizierten Kindesentwicklung „normal“ und was als „nicht-normal“ im Hinblick auf die Gesundheit anzusehen sei. Horror-Visionen einer Selektion durch genetische Manipulation wurden dabei nicht einmal angeführt.