Stickstoff – Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem
Sachverständigenrat stellt Gutachten vor „Die Wurst nicht zur Zigarette der Zukunft werden…

- Zahlreiche Wortmeldungen gab es auch aus dem Publikum
- Staatssekretär Horst Schörshusen begrüßte das fachkundige Publikum
- Prof. Dr. Heidi Foth stellte das Gutachten des Sachverständigenrates vor
- Dr. Maria Flachsbarth –Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium
- Die Stickstoffexperten –von rechts- Prof. Dr. Martin Faulstich, Prof. Dr. Harald Grethe, Dr. Maria Flachsbarth, Prof. Dr. Helge Wendenburg
- Prof. Dr. Martin Faulstich, Vorsitzender des Gremiums
Sachverständigenrat stellt Gutachten vor
„Die Wurst nicht zur Zigarette der Zukunft werden lassen!“ – lautete die Warnung am 14. Januar in der niedersächsischen Landesvertretung, als der Sachverständigenrat für Umweltfragen sein Sondergutachten „Stickstoff“ präsentierte. Gemeint war: wenn es der Landwirtschaft nicht gelingt, ihre erheblichen schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt abzustellen, könnten Fleisch und Wurst einmal gesellschaftlich genauso verpönt sein, wie es das Rauchen heute schon ist.
Stickstoff führt zu Eutrophierung und Versauerung von Gewässern und Böden, zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon, schädigt die menschliche Gesundheit. Nitrat in Trinkwasser und Nahrungsmitteln steht im Verdacht, Krebs zu verursachen, Lachgas – auch eine Stickstoffverbindung – trägt zum Klimawandel bei. Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die Freisetzung reaktiver Stickstoffverbindungen verzehnfacht. Zwei Drittel davon stammen aus der Landwirtschaft.
Niedersachsen liegt hier weit über dem Bundesdurchschnitt, und das ist vor allem auf die Tierhaltung im Nordwesten des Landes zurückzuführen. „Das Problem ist bekannt, von Lösungen sind wir noch weit entfernt“, kommentierte denn auch Staatssekretär Horst Schörshusen aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Tatsächlich müssten die Nitrateinträge aus der Landwirtschaft halbiert werden, um z.B. nur das geltende Recht beim Grundwasserschutz einhalten zu können!
Das Sondergutachten des Sachverständigenrates enthält konkrete Forderungen an die Politik, die von den eingeladenen Kommentatoren einhellig bekräftigt wurden. Hier nur eine Auswahl:
- Die Gemeinsame AgrarPolitik GAP der EU ist umzubauen: Weg vom „einheitlichen Verrieseln“ der EU-Gelder, also raus aus der ersten Säule GAP und hin zu einer zielgerichteten Förderung umweltbezogener Maßnahmen in der zweiten Säule, zumindest zu einem effektiveren „greening“.
- Die Dünge-Verordnung ist konsequent und mutig zu novellieren, mit – unbedingt – der Einführung einer „Hoftor-Bilanz“ der betrieblichen Stickstoffströme. Dazu kommen muss eine anspruchsvollere TA-Luft und eine anspruchsvollere „gute fachliche Praxis“.
- Eine Stickstoffüberschussabgabe ist einzuführen – was eine verlässliche Bilanzierung der Stickstoffströme voraussetzt.
- Der Konsum tierischer Produkte ist zu verringern.
Was wird Niedersachsen tun? Staatssekretär Horst Schörshusen verwies auf 60 Millionen Tonnen Dung und Gärreste aus Biogasanlagen, die vor allem in Weser-Ems anfallen. Die überschüssigen Mengen müssen von dort in andere Regionen verbracht werden, um Nährstoffkreisläufe zu schließen. Eine Zertifizierung der Transporteure sei erforderlich, um die illegale Entsorgung zu verhindern. Ein Güllekataster soll eingeführt werden, auch, um besser kontrollieren zu können. Schörshusen appellierte noch einmal an die Bundesregierung: Alle Daten, die für bessere Kontrollen benötigt werden, sind bereits vorhanden. Sie werden für andere Zwecke erhoben, z.B. für Baugenehmigungen, für InVeKoS, für die Tierseuchenkasse. Alles was wir bräuchten, ist ein Gesetz, das uns ermächtigt, diese Daten zusätzlich für die Kontrollen der Nährstoffströme zu nutzen. Man könnte so den Landwirten neue Meldepflichten ersparen. Der Bund aber mauert. Die ebenfalls anwesende Staatssekretärin im Bundes-Landwirtschaftsministerium, Dr. Maria Flachsbarth, erklärte trocken: „Kontrollen sind Sache der Länder“.