Christian Meyer zu Antibiotikaeinsatz und Tierschutz
60 Jahre Bundestierärztekammer „Tierärzte soll man nach der Gesundheit der Tiere bezahlen,…

60 Jahre Bundestierärztekammer
„Tierärzte soll man nach der Gesundheit der Tiere bezahlen, aber nicht nach dem Verkauf von Medikamenten“: Klare Worte von Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer auf dem Parlamentarischen Abend der Bundestierärztekammer, der Mitte November in unserer Landesvertretung stattfand. Meyer begrüßte ausdrücklich, dass der Bund das Dispensierrecht in Frage stellt. Die Tierärzte müssten sich der Debatte um den Antibiotikaeinsatz stellen, sie verlören sonst die Akzeptanz der Gesellschaft. Tiermedizin und Humanmedizin hätten das gemeinsame Interesse, Resistenzen zu vermeiden. Deshalb müsse man bei Antibiotika nicht nur auf die Mengen schauen, sondern auch auf den Wirkstoff. Und über die Rolle von Reserveantibiotika reden.
Landwirtschaftsminister Meyer aus dem „Bundesland, das ein Nutztier im Wappen trägt“, fand in seinem Grußwort auch zu den anderen „heißen“ Themen des Tierschutzes klare Worte: Wegkommen vom Schnabelkürzen und anderen nicht-kurativen Eingriffen – auf wissenschaftlicher Grundlage und gerne gemeinsam mit dem Bund. Mehr Aufmerksamkeit für Tierschutzaspekte in der Zucht: Um zum Beispiel „überzählige“ Ferkel zu vermeiden. Und auch: mehr Sorgfalt bei der nur noch visuellen Fleischbeschau im Schlachthof. „Jedes dritte Schwein ist ein Niedersachse!“ – so Meyer. Vor diesem Hintergrund braucht Niedersachsen gut ausgebildete Tierärzte für die Wende in der Tierhaltung. 25 zusätzliche Stellen für Tierärzte im Landesdienst will das Landwirtschaftsministerium schaffen!
Die Bundestierärztekammer hatte zum „Parlamentarischen Abend“ geladen, die Gästeliste war lang und beeindruckend, ebenso wie die Liste der Jubiläen, die es zu feiern galt: der 150. Geburtstag Robert von Ostertags, 60 Jahre Bundestierärztekammer, 40 Jahre Akademie für tierärztliche Fortbildung und, wie in der Veranstaltung ergänzt wurde: 30 Jahre Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz. Es gab Musik, es wurde eine Medaille verliehen, Reden gehalten. Die – mit Abstand – unterhaltsamste übrigens von Prof. Thomas Mettenleiter (Friedrich-Löffler-Institut) über Robert von Osterdag, einen Veterinär, den man als „Vater der Fleischbeschau“ in eine Reihe mit Robert Koch, Rudolf Virchow und Friedrich Löffler stellen sollte. Das, was man gemeinhin mit einem „Parlamentarischen Abend“ verbindet – politisches Lobbying – ließ Prof. Theo Mantel, der Präsident der Bundestierärztekammer, am Rande aufblitzen: Er begrüßte Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth als „Kollegin, die die gleiche Sprache spricht, was ihn hoffen lasse, dass sie in der Frage des Dispensierrechts zu einer positiven Lösung beitragen werde.“
Das Dispensierrecht, muss man wissen, erlaubt den Tierärzten, Medikamente nicht nur zu verschreiben, sondern auch gleich – unter Umgehung der Apotheken – an den Landwirt zu verkaufen. Dass darin ein Interessenkonflikt liegt, ist leicht einzusehen: Tierärzte sollen umsichtig mit Medikamenten, wie z.B. Antibiotika, umgehen, verdienen aber umso mehr, je mehr sie verschreiben. Tierärzte, ganz ausnahmslos verantwortliche Idealisten, stehen natürlich über diesem Konflikt. Staatssekretärin Flachsbarth hielt sich zur Frage des Dispensierrechts bedeckt. In ihrem Grußwort fand sie viele höfliche Worte, zitierte Kant („Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“), betonte die Wissenschaft als Erkenntnisquelle und beschwor das „Gemeinwohl“.