TTIP – Länder fordern Transparenz in Verhandlungen
Recht der Staaten zur Gesetzgebung unverhandelbar Wer hat die Macht im Staate?…

Recht der Staaten zur Gesetzgebung unverhandelbar
Wer hat die Macht im Staate? Das Volk, also die Bürgerinnen und Bürger, vertreten durch demokratisch gewählte Parlamente, wie es unser Grundgesetz vorgibt? Oder aber Unternehmen und die Eigentümer von Finanzanlagen? Was in der Theorie unstrittig ist, wird durch Fakten in Frage gestellt: Hedgefonds klagen gegen Schuldenschnitte, Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg. Müssen Parlamente künftig, wenn sie Gesetze erlassen, gleich auch milliardenschwere Rückstellungen einplanen? Wird Regieren im öffentlichen Interesse zum unkalkulierbaren Haushaltsrisiko? Haben Unternehmen Anspruch auf die Garantie eines unveränderlichen Regelungsumfeldes?
Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg vertreten hier unmissverständlich: „dass das Recht (der Staaten) zur Gesetzgebung und Regulierung im öffentlichen Interesse … als grundlegendes Prinzip unverhandelbar ist und geschützt werden muss. Es darf durch Regelungen zum Investitionsschutz weder direkt noch indirekt beeinträchtigt werden.“
Zum Hintergrund: Die Europäische Kommission verhandelt derzeit über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, TTIP, zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieses Abkommen soll auch Bestimmungen zum Investitionsschutz und zu Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren (ISDS) enthalten. Solche Bestimmungen wurden erfunden, um ausländische Unternehmen vor willkürlicher Behandlung zu schützen und ihnen zu ermöglichen, vor einem überstaatlichen Schiedsgericht gegen ihr Gastland zu klagen. Inzwischen häufen sich Hinweise, dass diese Klagemöglichkeiten zum Teil genutzt werden, die Gastländer abzukassieren – auch bei Gesetzen, die rechtstaatlichen Ansprüchen genügen. Zudem sind die Schiedsgerichtsverfahren intransparent, die Schiedssprüche schaffen ein inkonsistentes Parallelrecht. Die Europäische Kommission teilt die Kritik an den üblichen Investitionsschutzbestimmungen, will es besser machen. Sie hat deshalb ein Konzept überarbeiteter Bestimmunen im Internet zur Diskussion gestellt, dass diese Schwächen ausbügeln soll.
Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg antworten mit ihrer Entschließung auf diesen Beitrag der Kommission, gehen aber einen Schritt weiter: Sie halten „spezielle Investitionsschutzvorschriften und Streitbeilegungsmechanismen im Verhältnis Investor und Staat zwischen der EU und den USA für verzichtbar und mit hohen Risiken verbunden.“ Zumal es sich bei beiden Vertragsparteien um Rechtstaaten handelt, die Investoren einen hinreichenden Rechtsschutz vor unabhängigen nationalen Gerichten gewährleisten. Die Vereinbarung von Sonderrechten für ausländische Investoren zwischen der EU und den USA ist überflüssig, Investoren sind grundsätzlich auf den Rechtsweg vor nationalen staatlichen Gerichten zu verweisen.
Zudem setzen sich die Länder dafür ein, dass die Verhandlungen der Europäischen Kommission mit der US-Regierung mit größtmöglicher Transparenz verlaufen. Sie fordern, dass eine so umfassende und tiefgreifende Erweiterung der internationalen vertraglichen Bindung der Europäischen Union nur nach ausführlicher öffentlicher Diskussion beschlossen werden dürfe. Es sei daher bedauerlich, dass der Rat der Europäischen Union beschlossen hat, das Verhandlungsmandat nicht öffentlich zu machen.
Zudem bekräftigt der Bundesrat seine in gleicher Sache gefasste Entschließung vom 7. Juni 2013 – BR-Drucksache 464/13. Mit dieser hatte er die Bundesregierung aufgefordert, darauf zu dringen, dass in den Verhandlungen über Investitionsregeln auf einen Interessenausgleich geachtet und das hohe Rechtsschutzniveau in Europa berücksichtigt wird.