Pflegeversicherung: Cornelia Rundt fordert schnelleres und entschlosseneres Vorgehen der Bundesregierung
Pflegeversicherung zukunftsfest machen Der Bundesrat hat sich im ersten Durchgang mit dem…

Pflegeversicherung zukunftsfest machen
Der Bundesrat hat sich im ersten Durchgang mit dem Gesetzentwurf zur Leistungsausweitung für Pflegebedürftige befasst und mit den Stimmen Niedersachsens eine Stellungnahme zum Entwurf abgegeben.
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat in der Bundesratssitzung den Gesetzentwurf für eine Pflegereform grundsätzlich unterstützt, sie forderte allerdings auch ein schnelleres und entschlosseneres Vorgehen der Bundesregierung. „Ich begrüße es sehr, dass nun der Zug in Richtung Pflegereform mit diesem Gesetzentwurf wieder an Fahrt gewinnt. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht“, sagte Ministerin Rundt in Berlin. „Mit diesem Entwurf wird nur die erste Etappe auf der Fahrt zurückgelegt. Weitere werden folgen müssen, und zwar so schnell wie möglich.“
Durch das vorliegende Gesetz sollen bereits zum 1. Januar 2015 die Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spürbar ausgeweitet und die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen erhöht werden. Zudem soll ein Pflegevorsorgefonds eingerichtet werden. In einem zweiten Schritt soll noch in dieser Wahlperiode der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsverfahren eingeführt werden. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranken soll dadurch wegfallen. Im Zentrum steht der individuelle Unterstützungsbedarf jedes Einzelnen. Dadurch würde die Pflegeversicherung auf eine neue Grundlage gestellt.
Die wichtigsten Regelungen des Gesetzentwurfs im Einzelnen:
- Alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung werden um vier Prozent (2,67 Prozent für die 2012 mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz eingeführten Leistungen) erhöht.
- Unterstützungsleistungen wie die Kurzzeit-, Verhinderungs- und Tages- und Nachtpflege sollen ausgebaut und besser miteinander kombiniert werden können.
- Im Bereich sogenannter niedrigschwelliger Angebote sollen neue zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen eingeführt werden, etwa für Hilfen im Haushalt oder Alltagsbegleiter und ehrenamtliche Helfer. Dafür erhalten künftig alle Pflegebedürftigen 104 Euro pro Monat.
- Der Zuschuss zu Umbaumaßnahmen steigt von bisher 2557 auf bis zu 4000 Euro pro Maßnahme. In einer Pflege-WG können diese Maßnahmen mit bis zu 16000 Euro bezuschusst werden. Für Pflegehilfsmittel des täglichen Verbrauchs steigen die Zuschüsse von 31 auf 40 Euro pro Monat.
- Zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sollen Lohnersatzleistungen für eine zehntägige bezahlte Auszeit vom Beruf, vergleichbar dem Kinderkrankengeld, eingeführt werden. Die Lohnersatzleistung wird in einem separaten Gesetz geregelt, das ebenfalls am 1.Januar 2015 in Kraft treten soll.
- In Pflegeheimen werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Zahl der Betreuungskräfte von bisher 25000 auf bis zu 45000 Betreuungskräften erhöht werden kann.
- Mit den Einnahmen aus 0,1 Beitragssatzpunkten (1,2 Mrd. Euro jährlich) wird ein Pflegevorsorgefonds aufgebaut. Er soll ab 2035 der Stabilisierung des Beitragssatzes dienen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Pflegealter kommen.
Zur Finanzierung dieser Leistungen werden die Beiträge zur Pflegeversicherung am 1. Januar 2015 um 0,3 Prozentpunkte und im Laufe der Wahlperiode um weitere 0,2 Prozentpunkte angehoben. Dies führt zu Mehreinnahmen in Höhe von etwa fünf Milliarden Euro.
Der federführende Gesundheitsausschuss hatte dem Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme empfohlen.
Um die Leistungen im ambulanten und stationären Bereich weiter anzugleichen, sollen die Leistungsbeträge für ambulante Pflegesachleistungen, teilstationäre Pflege sowie für Übergangsleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz über die im Gesetzentwurf vorgesehene Dynamisierung angehoben werden. Mit einer Dynamisierung der ambulanten und vollstationären Sachleistungen in Form von identischen Festbeträgen würde erreicht, dass der ambulante Bereich in gleicher Weise von der Leistungsdynamisierung profitiert wie der stationäre Bereich.
Darüber hinaus soll durch eine Änderung des § 38 a SGB XI der Anspruch auf zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen weiterentwickelt werden. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung aufgefordert, die Notwendigkeit weiterer Anpassungen im SGB XI zur Sicherung einer tragfähigen und nachhaltigen Finanzierung alternativer Wohn- und Betreuungsangebote darzulegen.
Die zweite Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung soll auf den 1. Januar 2016 vorgezogen werden. Dies würde einen Beitrag dazu leisten, die nötigen finanziellen Mittel für die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bereitzustellen.
Ferner soll zur Steigerung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit Pflegebedürftiger das Leistungsspektrum bei niederschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangeboten erweitert werden.
Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Altenpflege wird die Bundesregierung schließlich aufgefordert, einen Ausbildungsfonds (Refinanzierung der Pflegeausbildung) auf Bundesebene zu schaffen.
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt versicherte, dass die Länder die Pflegereform gerne kritisch begleiten: „Es liegt in unser aller Interesse, dass am Ende echte Verbesserungen für die pflegebedürftigen Menschen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege herauskommen.“ So sei etwa eine weitere Angleichung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich für Niedersachsen von besonderer Bedeutung. Ambulante Dienstleistungen dürften bei der Vergütung nicht deutlich schlechter gestellt sein. Schließlich gelte es, dem Leitsatz „ambulant vor stationär“ gerecht zu werden, denn die meisten pflegebedürftigen Menschen wollten gerne in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben. Ministerin Rundt: „Das Leistungsniveau besonders in der häuslichen, ambulanten Pflege ist viel zu niedrig. Tendenziell führt dies zu einer Unterversorgung der Menschen mit fatalen Folgen.“