Antje Niewisch-Lennartz diskutiert zeitgemäße Reform der Tötungstatbestände
Einstimmung auf 70. Juristentag in Hannover „Historisch belastet, juristisch bedenklich – Wie…

- Diskutierte mit anderen Fachleuten zur Reform der Tötungsdelikte- Antje Niewisch-Lennartz
- Renate Künast, Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, war prominenter Gast der Runde
- Kollegin im Amt von Antje Niewisch-Lennartz- Justizministerin Anke Spoorendonk aus Schleswig-Holstein
- Eine lebhafte Diskussion, die auf den 70. Deutschen Juristentag in Hannover einstimmte
- Staatssekretär Michael Rüter begrüßte die zahlreichen Gäste zu einem spannenden Diskussionsabend
- Anke Spoorendonk bei ihrem Impulsreferat
- Moderierte souverän- Karl-Dieter Möller, langjähriger ARD-Korrespondent beim BVerfG
- Antje Niewisch-Lennartz reagiert auf die Fragen aus der Talkrunde
- Dr. Stefan König engagierte sich lebhaft
- Auch das Publikum hatte Fragen und Beiträge zum Thema des Abends
- Ein interessiertes Publikum vor Beginn einer spannenden Diskussion
- Ramona Pisal, Vorsitzende Richterin am OLG Brandenburg und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes
Einstimmung auf 70. Juristentag in Hannover
„Historisch belastet, juristisch bedenklich – Wie lassen sich Mord und Totschlag zeitgemäß reformieren?“ Zu dieser Frage hatten Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem Deutschen Juristentag am 5. Juni zu einer Diskussion in die gemeinsame Landesvertretung eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Staatssekretär Michael Rüter und Impulsreferaten der beiden Justizministerinnen Antje Niewisch-Lennartz aus Hannover und Anke Spoorendonk aus Kiel, verfolgten circa 150 fachkompetente Gäste eine politisch aktuelle und hoch spannende Podiumsdiskussion, moderiert von dem langjährigen ARD-Korrespondenten beim Bundesverfassungsgericht, Karl-Dieter Möller.
Neben den beiden Ministerinnen hatten auf dem Podium Renate Künast, MdB und Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Deutschen Bundestag, Ramona Pisal, Vorsitzende Richterin am OLG Brandenburg und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Dr. Stefan König, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins (DAV) sowie Prof. Dr. Helmut Satzger, Leiter des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht an der Maximilian-Universität München, Platz genommen.
Was stellt man sich unter einer zeitgemäßen Reform der Tötungstatbestände im Strafgesetzbuch (StGB) vor? Ist eine solche Reform wirklich notwendig? Ist die Rechtsprechung nicht auch ohne Reform im Laufe der Jahre Einzelfällen gerecht geworden?
Sollte aber wenigstens eine redaktionelle Änderung der §§ 211 und 212 StGB erfolgen, um sich endlich vom nazi-belasteten Wortlaut der beiden strafrechtlichen Regelungen zu distanzieren?
Ist die jetzige Ausgestaltung der §§ 211 und 212 StGB mit den Grundsätzen eines modernen und freiheitlichen Strafrechts in Einklang zu bringen? Ergibt sich ein umfassender Reformbedarf allein daraus, dass die Strafe an den Täter anknüpft anstatt an die Tat?
§211 StGB definiert gegenwärtig nicht, was ein Mord ist, sondern er beschreibt die Charakteristika eines Mörders. Dadurch werde nicht die Tat – nämlich die Vernichtung eines Lebens – zum Unrechtskern erklärt, sondern die Verworfenheit des Täters, erläuterte Ministerin Antje Niewisch-Lennartz. Und das Merkmal, dass jemand aus „niedrigen Beweggründen“ handele, stoße an die Grenzen der Bestimmtheit. Denn welcher Beweggrund sei so niedrig, dass er zum Mordmerkmal tauge? Schließlich wurde auch die Problematik der rigiden Strafandrohung –lebenslange Freiheitsstrafe – angesprochen. Käme man bei einer Reform daran vorbei, auch eine minder schwere Mordhandlung gesetzlich zu definieren mit der Folge einer minderschweren Strafe?
Fragen, die zu einem lebhaften Meinungsaustausch führten, an dessen Ende sich die Waagschale zugunsten einer inhaltlichen Reform neigte, ohne dass eine fertige Lösung oder ein Zeitrahmen in Aussicht gestellt werden konnten. Für beide Ministerinnen bleibt zunächst das Ergebnis der vom Bundesjustizminister Heiko Maas vor wenigen Tagen eingesetzten Kommission abzuwarten, die genau zu diesen Fragestellungen Antworten finden soll.
Eine Reform der Tötungsdelikte war im Laufe der Jahre immer einmal wieder Thema in der Fachwelt, ohne dass es zu einer Reform gekommen wäre. So hat sich der Deutsche Juristentag bereits im Jahr 1980 damit befasst.
Nach dem Ende des offiziellen Teils dieses justizpolitischen Abends im Herzen des Regierungsviertels setzten die Gäste die Fachgespräche mit den Expertinnen und Experten des Podiums in kleinen Gruppen bei einem Imbiss und in angeregter Atmosphäre fort. Insgesamt ein gelungenes Zusammenwirken der beiden Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Die Veranstaltung „Historisch belastet, juristisch bedenklich – Wie lassen sich Mord und Totschlag zeitgemäß reformieren?“ stimmte bereits auf den 70. Deutschen Juristentag ein, der in diesem Jahr vom 16. – 18. September in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover stattfindet. Der Deutsche Juristentag ist der europaweit größte juristische Fachkongress. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite www.djt.de
Fotos: Svea Pietschmann