18.124 Besucherinnen und Besucher…
Mehr als 18.000 Besucherinnen und Besucher wurden beim Tag der offenen Tür…

Mehr als 18.000 Besucherinnen und Besucher wurden beim Tag der offenen Tür im Bundesrat gezählt, der in diesem Jahr ganz im Zeichen des Vorsitzlandes Niedersachsen stand. Die Veranstaltung fand wieder in den Räumen des Bundesratsgebäudes an der Leipziger Straße und im Garten statt. Zeitgleich veranstaltete auch das angrenzende Berliner Abgeordnetenhaus seinen Bürgertag.
Der Andrang an den beiden Einlasstoren setzte am späten Vormittag ein. Zeitweise reichte die Warteschlange vor dem Eingang in der Leipziger Straße bis zurück zum Potsdamer Platz. Vermutlich hätten es noch mehr Gäste sein können, aber einigen wurde die Wartezeit vor den Sicherheitskontrollen zu lang. Wer die mit etwas Geduld passiert hatte, wurde mit einem umfangreichen Informations-, Unterhaltungs- und Mitmachangebot belohnt.
Im Mittelpunkt stand natürlich der Bundesrat selbst. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, derzeit auch Präsident des Bundesrates, begrüßte die Gäste in seiner Eigenschaft als Hausherr im Plenarsaal des ehrwürdigen Hauses und machte sie gleich mit einer Besonderheit der Länderkammer vertraut. „Hier geht es bei den Plenarsitzungen sehr ruhig und unaufgeregt zu, es herrscht ein Kammerton“, berichtete Weil. Applaus gebe es nach Redebeiträgen eben so wenig wie Missfallensäußerungen. Das habe ihn anfangs etwas überrascht, räumte Weil ein, aber inzwischen habe er sich daran gewöhnt. An diesem Tag geizte das Publikum jedenfalls nicht mit Beifall. Vor allem für Weils Bekenntnis „Demokratie ist etwas Großartiges. Aber man muss sie hegen und pflegen und bei Wahlen durch seine Stimmabgabe aktiv unterstützen“, gab es viel Zuspruch.
Nach der Begrüßungsansprache von Stephan Weil ging es zunächst musikalisch weiter. Die Big Band aus Berenbostel und der Jazzchor Clazz aus Hannover präsentierten nacheinander ihre Interpretationen des neuen Niedersachsenliedes „Alles geht“ und stimmten damit auf den besonderen Niedersachsenanteil dieses Tages der offenen Tür ein.
Während das Musikprogramm dann auf der Gartenbühne fortgesetzt wurde, u.a. mit Auftritten des Quilissima Jugendchores aus Springe, des Kinderchores der Domsingschule aus Braunschweig, dem Trio JazzApart und noch einmal der Big Band aus Berenbostel, ging es im Plenarsaal politischer zu. In verschiedenen Talkrunden mit interessanten Gästen vermittelten Landesministerinnen und Minister aus Niedersachsen einen Einblick in ihre Arbeit, die zu einem großen Teil ja auch im Bundesrat stattfindet. Ministerpräsident Weil selbst erläuterte die besondere Rolle der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes in Gesprächsrunden mit dem Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, und mit dem Vorsitzenden der ARD und Intendanten des Norddeutschen Rundfunks, Lutz Marmor. Direkte Fragen und Beiträge aus dem Publikum beantwortete und kommentierte Weil dann im Bürgergespräch, bei dem der Plenarsaal bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt war.
Aber auch die anderen Talkrunden stießen auf ein interessiertes Publikum. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius diskutierte mit dem Generalsekretär des DFB Helmut Sandrock und dem Geschäftsführer der Deutschen Fußballliga Christian Seifert über Fußball und Fankultur – passend zum DFB-Pokalfinale, das am selben Tag im Berliner Olympiastadion stattfand. Finanzminister Peter-Jürgen Schneider unterhielt sich mit der Berliner Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Kropp und dem Steuerexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Fritz Güntzler über den Länderfinanzausgleich und die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt beleuchtete im Gespräch mit ver.di-Landeschef Detlef Ahting und dem Präsidenten des Landkreistages von Niedersachsen, Bernhard Reuter, die Rolle der sozialen Gesundheitswirtschaft. Zum Abschluss der Talkreihe unterhielten sich die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und der Gefängnisarzt in der JVA Plötzensee, Dr. Marc Lehmann, über das heikle Thema Gewalt hinter Gittern. Moderiert wurden die Gespräche erneut von SAT.1-Redakteur Matthias Killing, der diese Aufgabe schon bei vorherigen Bundesrats-Veranstaltungen gemeistert hatte.
Während sich die Talkrunden darauf beschränken mussten, die Themen nur kurz anzureißen, ging es bei den drei Debattierrunden im Saal des Vermittlungsausschusses nicht nur ausführlicher, sondern auch deutlich kontroverser zur Sache. Gleich zum Auftakt wurde mit dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ein besonders in Deutschland heiß diskutiertes Thema aufgegriffen. Zugespitzt auf die Frage, ob die Verhandlungen fortgesetzt oder sofort abgebrochen werden sollten, lieferten sich die Protagonisten der Debattierclubs aus Berlin und Hannover einen spannenden Meinungsaustausch. Als prominenter Teilnehmer vertrat der Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen, Staatssekretär Michael Rüter, die Pro-Verhandlungs-Argumente. Am Ende musste er sich bei der Publikumsabstimmung aber knapp geschlagen geben.
Spielerisch, wenn auch deutlich weniger politisch, ging es bei den verschiedenen Mitmach-Aktionen zu, die sich Anbieter und Einrichtungen aus Niedersachsen ausgedacht hatten, die beim Tag der offenen Tür mitwirkten. So zeigten Jugendliche am Stand der „Roberta Challenge“ aus Hannover aus Legobausteinen zusammengesetzte und selbst programmierte Roboter, die sich über einen Parcours fernsteuern ließen. Eine nicht gerade einfache Aufgabe, wie manche Besucher erfahren mussten. Handwerkliches Geschick und Kreativität waren auch im Raum der Autostadt im zweiten Obergeschoß des Bundesratsgebäudes gefragt. Dort konnten die Gäste mit Draht und Lötkolben eine Autokarosserie nach ihren ganz persönlichen Vorstellungen basteln. Das Angebot der Wolfsburger wurde sehr gut angenommen. Anfassen und Ausprobieren waren zwar nicht gestattet, aber auch das weitere Angebot des nicht ganz unbekannten niedersächsischen Automobilherstellers traf auf starkes Publikumsinteresse: Auf dem Freigelände zwischen dem Bundesratsgebäude und dem Abgeordnetenhaus standen gleich alle sieben verschiedenen Generationen des erfolgreichsten Autotyps, den das Volkswagenwerk je gebaut hat: sieben silbern lackierte Pkw Golf – vom ersten Modell, das vor 40 Jahren erstmals vom Band lief, bis hin zum aktuellen Golf VII. Alles „echte Niedersachsen“. Ein Anblick, bei dem bei manchen Autofahrern Erinnerungen an ihr erstes Auto wach wurden.
Sehenswerte und informative Stände der Leibniz-Gemeinschaft mit ihren verschiedenen wissenschaftlichen Instituten, die erste von Gottfried Wilhelm Leibniz inspirierte Rechenmaschine der Welt, die Stände der Arbeitsgemeinschaft Freizeit auf dem Lande, der Ideen-Expo, der Zentrale der Betriebskrankenkasse und der drei Unesco-Weltkulturerbestätten Goslar, Hildesheim und Alfeld rundeten die Niedersachsen-Präsenz ab. Nicht zu vergessen das kulinarische Angebot mit Grillhähnchen, Backfisch, Bratwürsten, Bier aus Braunschweig und Einbeck und den berühmten Leibniz-Keksen aus Hannover.
Alles in allem eine gelungene Werbeveranstaltung für das Verfassungsorgan Bundesrat, für die parlamentarische Demokratie und den deutschen Föderalismus und nicht zuletzt für Niedersachsen- und das alles bei strahlendem Sonnenschein.
Das Bundesrats-Vorsitzland ist in diesem Jahr noch einmal Ausrichter einer großen Veranstaltung, die sich an alle Bürgerinnen und Bürger wendet: Am 2. und 3. Oktober beim Fest anlässlich des Tages der deutschen Einheit in Hannover.
Fotos: Andreas Schoelzel, Henning Schacht und Torsten Heitmann